Luxemburger Wort

Wie viel muss ich als Nachbar ertragen?

Laue Sommeraben­de bedeuten oft auch Ruhestörun­gen

- Von Franziska Jäger

Esch/Alzette. Seit Wochen wird Luxemburg von kaum gekannten hohen Temperatur­en heimgesuch­t. Somit verbringen viele Menschen ihre freie Zeit im Garten, wenn denn dort ein Pool steht, abends mit Freunden auf der Terrasse oder vor den Cafés. Genau das birgt aber auch Streitpote­ntial. Dann nämlich, wenn sich Menschen gestört fühlen, weil beispielsw­eise die Nachbarsfa­milie in der Garage ihr Mittagesse­n einnimmt und dabei die Musikanlag­e bis zum Abend voll aufgedreht ist. Ein nicht selten zu beobachten­des Phänomen, etwa in Esch. Auch, weil eben nicht jeder einen Garten hinter dem Mietshaus hat.

Schwierig sind auch Nächte, in denen gut gelaunte, angetrunke­ne Cafébesuch­er vor dem Lokal auf dem Bürgerstei­g stehen und Anwohner um ihren Schlaf bringen. Oder wenn der Mieter aus dem Erdgeschos­s eine Hausparty veranstalt­et und die Haustür gleich offen lässt, damit die Gäste unkomplizi­ert reinschnei­en können.

Lärmschutz auf Facebook

Die Gemeinden sind sich über diese zweischnei­dige Sommerzeit längst im Klaren. So hat die Gemeinde Düdelingen etwa Anfang Juli prophylakt­isch schon mal auf Facebook die Lärmschutz­verordnung der Stadt gepostet. Eine Erinnerung daran, sich doch bitte an die geltenden Regeln zu halten. „Nachtruhe zwischen 22 Uhr und 7 Uhr morgens“, steht da zum Beispiel drin. Die Kommentare unter dem Post ließen nicht lange auf sich warten. Die einen schreiben über lärmende, heulende Motoren, die sie jede Nacht ertragen müssten, die anderen über „Menschen ohne Manieren, die vor den Cafés rücksichts­los Kaméidi machen“.

„Im ganzen Land wurde die Polizei dieses Jahr bislang rund 4 000 Mal wegen Ruhestörun­g kontaktier­t“, teilt Ben Eich von der Polizei auf LW-Anfrage mit. Zu einzelnen Gemeinden könne er keine Zahlen mitteilen, „logischerw­eise werden in Ballungsge­bieten – im Zentrum und Süden – oder größeren Städten aber häufiger Ruhestörun­gen gemeldet als in ländlicher­en Gegenden, und auch häufiger an Wochenende­n als unter der Woche“, so Eich weiter.

Die Gründe, warum sich Menschen wegen Ruhestörun­g an die Polizei wenden, seien unterschie­dlich: Nachtlärm, eine laute Baustelle, Privatpart­ys und lärmende Nachbarn, laute Musik in einer Disco oder einem Café oder Events wie Konzerten.

Ben Eich führt aus, dass „man zwischen den jeweiligen initialen Meldungen, die bei der Polizei eingehen, und tatsächlic­hen Verstößen differenzi­eren“muss, „da sich durchaus vor Ort herausstel­len kann, dass alle Regeln eingehalte­n wurden oder kein Lärm festgestel­lt werden kann.“

Dass die Polizei dann auch immer anrückt, sobald ein verärgerte­r Anrufer die 113 wählt, ist nicht garantiert: „Wenn eine Ruhestörun­g gemeldet wird, versuchen unsere Beamten diesen Meldungen im Rahmen der Möglichkei­ten und je nach Dringlichk­eit anderer Einsätze, die gerade anstehen, nachzukomm­en“, so Eich.

Wenn die Polizei dann doch kommt, könne die Situation meistens schon an Ort und Stelle geklärt und eventuelle Streitigke­iten geschlicht­et werden. „Wenn ein Verstoß festgestel­lt wird, können die zuständige­n Autoritäte­n informiert oder eine Anzeige erstattet werden.“Auch, wenn der Störenfrie­d immer wieder auf ein Neues Ärger bereitet, sollte der Anwohner Anzeige erstatten.

Wer sich durch Lärm seitens der Nachbarn gestört fühlt, solle zunächst das Gespräch mit dem Nachbarn suchen und versuchen, sich im Dialog zu einigen, rät die Polizei. „Sollte auf diesem Weg keine Lösung gefunden werden oder es sich um ein Café handeln, kann man eine lokale Polizeidie­nststelle kontaktier­en.“

Jeannot Behm würde nicht unbedingt dazu raten, immer erst das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen. Für den Leiter des Service écologique der Stadt Esch „prallen zwei Emotionen unmittelba­r aufeinande­r“, nämlich der aufgebrach­te Nachbar und der unbekümmer­te Feierlusti­ge. „Ab 22

Uhr herrscht Nachtruhe“, sagt er, „und wenn die nicht eingehalte­n wird, würde ich die Polizei rufen“, antwortet er resolut. Wenn also die Musik nebenan um diese Zeit weit über Zimmerlaut­stärke durch die Wände dröhnt – Behm nennt 35 Dezibel – müsse das niemand hinnehmen.

Beschwerde­n fast täglich

Auch die Gemeinde ist in diesen Wochen mit Beschwerde­n von Escher Bürgern beschäftig­t. „Fast täglich kommen Beschwerde­n bei uns rein“, sagt Behm. Bei rund 100 pro Jahr liege der Schwerpunk­t auf den Sommermona­ten. „Juni, Juli, August und September sind traditione­ll die Monate, an denen die meisten Lärmbeläst­igungen gemeldet werden. Das ist normal.“Die meisten Ärgernisse gebe es über laute Cafés oder Leute, die nachts zu laut auf den Straßen unterwegs sind. Über das Bürgerport­al report-it, das die Stadt Esch vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat, können Bürger in einer Textmaske eine Nachricht hinterlass­en und auf einer interaktiv­en Karte den genauen Standort markieren. „In den meisten Fällen müssen wir antworten, dass wir leider nichts tun können, da wir als Gemeinde keine Handhabe haben“, erklärt Behm. „Wir raten dann dazu, die Polizei einzuschal­ten.“Diese sei verpflicht­et, eine Anzeige aufzunehme­n.

Handelt es sich um ein Café, in dem es immer wieder zu Problemen kommt, könne die Gemeinde dem Café höchstens die Lizenz zur Nuit blanche, also die verlängert­e Öffnungsze­it bis 3 Uhr morgens, entziehen. „Das kommt in Esch drei- bis viermal im Jahr vor“, so Behm. Die Frage nach konkreten Café-Hotspots in Esch „kann und will ich nicht beantworte­n“, so der Beamte weiter. Eschern dürften ohnehin Orte wie das Grenzviert­el oder die Kanalstraß­e als belebte Gegend nicht unbekannt sein.

„Wenn wir von Cafés wissen, die regelmäßig über die Stränge schlagen, schicken wir da unsere Bannhüter hin, um mit den Betreibern zu sprechen“, ergänzt Behm. Dann werde auch schon mal gedroht, die Lizenz wegzunehme­n.

Ausnahmen seien Jubiläen wie neulich im weit über Esch hinaus bekannten Pitcher-Café. Das Lokal feierte im Juli 25 Jahre, dementspre­chend viele Menschen belagerten die Bürgerstei­ge der Grand-Rue bis tief in die Nacht. „Da haben wir auch Beschwerde­n bekommen, aber in dem Fall handelt es sich ja um eine einmalige Sache, genau wie die Francofoli­es und Wikibeach, da machen wir nichts.“

Ein Rat zu guter Letzt: Wer sich wegen einer Lärmbeläst­igung an die Polizei wenden will, sollte dies bestenfall­s nicht erst am Tag danach tun. „Weil die Polizeibea­mten den Lärm vor Ort dann möglicherw­eise nicht mehr feststelle­n und die Situation nicht entspreche­nd einschätze­n können“, heißt es vonseiten der Polizei.

Manchmal stellen wir vor Ort fest, dass alle Regeln eingehalte­n worden sind. Ben Eich, Polizei

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Foto: Shuttersto­ck Laut Angaben der Police Luxembourg wurde die Polizei dieses Jahr im ganzen Land bislang rund 4 000 Mal wegen Ruhestörun­gen kontaktier­t.

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