Doppelbelastung
Das Urlaubskonto von Edis Agovic leidet unter den sportlichen Erfolgen der Düdelinger
Um Punkt 14 Uhr war die Arbeitswoche von Edis Agovic am Dienstag bereits beendet – zumindest jene in seinem Hauptberuf. Düdelingens mutmaßlich vielseitigster Spieler ist einer von „zwölf Akteuren in unserem Kader, die neben dem Fußball noch einem 40Stunden-Job nachgehen“, so Präsident Gerry Schintgen.
Eine berufliche Doppelbelastung, die nur in enger Absprache sowie mit dem Einverständnis des Hauptarbeitgebers zu bewerkstelligen ist. „Für die Auswärtsreise nach Polen muss ich mir drei Tage Urlaub nehmen“, so Agovic.
Mit dem F91-Tross reiste der 29Jährige gestern per Charterflug nach Poznan, wo er und seine Teamkollegen heute im Hinspiel der Play-offs der Conference League ab 20.30 Uhr gefordert sein werden.
Der 29-Jährige rechnet vor, dass er aufgrund der Düdelinger Erfolge auf europäischem Parkett im Sommer bereits 14 Urlaubstage nehmen musste. „Niemand zwingt mich dazu, ich mache dies natürlich gerne. In der öffentlichen Wahrnehmung geht jedoch bei Misserfolg allzu gerne unter, dass uns Spielern dieser Urlaub letztlich von unserem Jahresurlaubskontingent abgezogen wird.“
Gutes Verhältnis zum Chef
Agovic erklärt: „Der Verein hat den betroffenen Spielern angeboten, sie bei der Beantragung des Urlaubs zu unterstützen. Ich stelle meine Anträge jedoch immer selbst, da ich das Glück habe, einen verständnisvollen Chef zu haben, zu dem ich ein gutes Verhältnis pflege“, so Agovic, der in Cloche d'Or bei der Post arbeitet.
Dass Hauptberuf und Fußball – aller Unterstützung des Hauptarbeitgebers zum Trotze – dennoch nicht immer unter einen Hut zu bringen sind, musste Agovic vor zwei Wochen erfahren. „Nach Malmö konnte ich nicht mit, da es aufgrund Personalmangels unmöglich war, Urlaub zu bekommen.“
Das persönliche Urlaubskontingent in den Fußball investierend, ist Agovic dennoch weit davon entfernt, zu klagen. „Einen derartigen
Teamzusammenhalt wie in Strassen, wo ich bis 2018 gespielt habe, werde ich im Fußball nicht mehr erleben. Dino Toppmöller musste seinerzeit fünf Stunden mit mir telefonieren, um mich von einem Wechsel zu überzeugen. Letztlich ging ich zu F91, um Meister zu werden und genau solche Europapokalabende erleben zu dürfen. In diesem Zusammenhang kann ich mich glücklich schätzen, dass meine Frau bedingungslos hinter mir steht.“
Beim polnischen Meister will F91 ein Resultat erzielen, „um im Rückspiel noch alle Chancen zu haben“, so Agovic. „Natürlich sind wir der Außenseiter, mit einer Leistung wie im Rückspiel gegen Malmö haben wir jedoch eine Chance.“Agovic weiß, dass ein Erfolg ihn organisatorisch vor weitere Herausforderungen stellen würde. „Sollten wir uns tatsächlich für die Gruppenphase qualifizieren, wäre mein Jahresurlaub allein durch den Fußball aufgebraucht.“
Probleme, die für Düdelingens Gegner auf europäischem Parkett wie Märchen aus einer fernen Fußballwelt klingen. In Tirana, Yerevan, Malmö oder nunmehr Poznan gibt es nur Vollprofis.
Nach Malmö konnte ich nicht mit, da es aufgrund Personalmangels unmöglich war, Urlaub zu bekommen. Edis Agovic