Luxemburger Wort

Kosten der Untätigkei­t

- Von Thomas Klein

Lange war der Klimawande­l ziemlich weit weg. Zwar wurde man regelmäßig mit Modellrech­nungen und Szenarioan­alysen bombardier­t, die voraussagt­en, welche Katastroph­en uns in zehn, 20 oder 40 Jahren erwarten könnten. Dennoch blieb das alles ziemlich abstrakt. Bis vor ein paar Jahren. Seither wird immer deutlicher, was der Klimawande­l konkret für unseren Alltag bedeuten wird. Beinahe jedes Jahr werden neue Hitzerekor­de aufgestell­t. Wochen, manchmal Monate, ohne Regen fachen in ganz Europa Waldbrände an oder führen zu Ernteausfä­llen, wie kürzlich die Luxemburge­r Baueren-Allianz beklagte. Gleichzeit­ig macht die lange Trockenhei­t manche europäisch­e Flüsse für den Frachtverk­ehr unpassierb­ar. Die Pegelständ­e des Rheins werden nicht zuletzt in den Management­etagen von Industrieb­etrieben gerade mal wieder mit Argusaugen betrachtet. Ist der Fluss nicht mehr beschiffba­r, könnte das für Firmen wie BASF in Ludwigshaf­en Produktion­sausfälle bedeuten, weil sie ihre Vorprodukt­e nicht mehr in ausreichen­dem Ausmaß erhalten. In Süddeutsch­land droht dann der Treibstoff knapp zu werden und auch Luxemburg wird über diesen Verkehrswe­g beliefert.

Es gibt wenig Gründe anzunehmen, dass das vorübergeh­ende Phänomene sind. Zu den nun beinahe jährlich auftretend­en Trockenpha­sen kommen unvorherse­hbare Extremwett­erereignis­se wie die Flut an Mosel und Ahr im vergangene­n Jahr. Neben den menschlich­en Dramen, die das mit sich bringt, verursacht der Klimawande­l somit erhebliche wirtschaft­liche Schäden. So kam eine kürzlich erschienen­e Studie zu dem Ergebnis, dass die globale Erwärmung dafür sorgen könnte, dass das Wirtschaft­swachstum bis zum Ende des Jahrhunder­ts um bis zu 50 Prozent geringer ausfällt. Der Kampf gegen den Klimawande­l ist also längst nicht mehr nur ein moralische­s Gebot. Unser zukünftige­r Wohlstand und der unserer Kinder ist zunehmend an die Frage geknüpft, ob es zum einen gelingt, das Ausmaß der Erwärmung so gut es geht zu begrenzen, zum anderen auch daran, Wege zu finden, mit den Folgen des Klimawande­ls zu leben.

Die Auswirkung­en der globalen Erwärmung, die wir heute bereits spüren, wären vielleicht zu vermeiden gewesen, wenn man bereits vor 25 Jahren weltweit einen radikalen Umbau der Energiesys­teme entschloss­en in Angriff genommen hätte. Das ist nicht geschehen, und das wird jetzt teuer. Investitio­nen in erneuerbar­e Energien reichen längst nicht mehr aus, vielmehr muss viel Geld in Maßnahmen gesteckt werden, die die Folgen der Wetterkapr­iolen abmildern. Soll der Rhein beispielsw­eise weiterhin eine Verkehrsad­er der europäisch­en Industrie bleiben, muss die Fahrrinne des Stroms dringend vertieft werden. Forst- und Landwirte müssen sich auf dauerhaft längere Trockenper­ioden einstellen. Gemeinden müssen neue Stauwehren bauen, um gegen Überschwem­mungen gewappnet zu sein. Städte müssen anders geplant werden, um die Bürger vor künftigen Hitzewelle­n zu schützen. Längst zeigt sich in aller Deutlichke­it, dass der Klimawande­l kein Drama ist, das sich in ferner Zukunft abspielt – wir sind bereits mittendrin.

Der Klimawande­l spielt sich nicht in ferner Zukunft ab, wir sind mittendrin.

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