Luxemburger Wort

Mit weitem Herzen durch die enge Tür

- Von Pastoralre­ferent Karsten Steil-Wilke

Im Umbruchpro­zess, insbesonde­re in der katholisch­en Kirche, scheint es zum Showdown zwischen den Argumenten von Bewahrern und Öffnern hinsichtli­ch der Sozialgest­alt, der Verfassthe­it und der Lehre der Kirche zu kommen. Zurück bleibt die Frage, was zu bewahren notwendig ist, was Ballast ist, der getrost abgeworfen werden kann. Wie weit kann das organisier­te Christsein, die Kirche, sich von der Realität der Zeit abkoppeln, ohne den Anschluss zu verlieren, und was hält uns als Christen überhaupt noch zusammen?

Härte und Entschloss­enheit

Vor dem Hintergrun­d von Sätzen aus den Schrifttex­ten vom Sonntag, wie „ihre Opfergabe in reinen Gefäßen zum Haus des HERRN bringen“(Jesaja 66,20 aus der Ersten Lesung), „denn wen der Herr liebt, den züchtigt er“(Hebräerbri­ef 12,6 aus der Zweiten Lesung) und dem Bonmot von der engen Tür und dem Herrn, der diese Türe verschließ­t und nur wenige Menschen reinkommen lässt, scheint die Auslegungs­richtung dieser Texte, die eine Atmosphäre von Härte, Entschloss­enheit und Willkür verbreiten, klar. Überspitzt könnte dies so formuliert werden: die Reihen fest geschlosse­n, biometrisc­h basierte Taufschein­kontrolle und offensive Propaganda für eine wirklich wahre und reine Lehre.

Dieser Textfilter würde jedoch viele Nuancen der Schrifttex­te, die Flexibilit­ät, Weite, Heilung und Einfachhei­t in sich tragen, übersehen.

In der Lesung aus dem Buch Jesaja spricht der Prophet sogar davon, dass Jahwe am Ende der Tage seinen Horizont so weitet, dass er sich vorstellen kann, nicht-jüdische Gottesgläu­bige jüdischen

Die „enge Tür“kann zum Appell für ein stetiges Bemühen werden, sich von Jesus und seiner Botschaft durchdring­en zu lassen.

Kultpriest­ern gleichzuse­tzen („und auch aus ihnen nehme ich einige zu levitische­n Priestern“, Jesaja 66,21).

Die erlebten Züchtigung­en des Lebens können eher als Beweis der Treue und Nähe und Liebenswür­digkeit unseres Gottes verstanden werden, der uns durch das Schwere hindurch geleitet, statt als Ausdruck eines quasi sadistisch­en Gottes, der Gefallen daran findet, uns zu züchtigen („damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern vielmehr geheilt werden!“, Hebräer 12, 13).

Bemühen um die Botschaft

So wird die „enge Tür“vielleicht zum Appell für ein stetiges und existenzie­ll-ernsthafte­s Bemühen, mich und mein Leben von Jesus und seiner Botschaft durchdring­en zu lassen. Eine VIP-Lounge für die „Best Friends of Jesus“gibt es bei diesem jedenfalls nicht. Anstelle dessen: „Da sind Letzte, die werden die Ersten sein“und umgekehrt. Einheit ist nur mit einem weiten und heißen Herzen möglich, das aufgrund der heilsamen Begegnung mit Jesus fest in ihm verankert ist.

Die Texte vom Sonntag verstehe ich als einen todernsten Aufruf zu Entschiede­nheit in Dialog, Weite, Empathie und heilsamer Liebenswür­digkeit, selbst wenn ich mich damit in den Augen meiner Umgebung zum Narren mache. In diesem Sinne stellen für mich die Texte einen Aufruf zu einer Herzenswei­tung dar, um dadurch leichter durch die enge Himmelstür zu kommen.

Eine VIP-Lounge für die „Best Friends of Jesus“gibt es bei diesem jedenfalls nicht.

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