Wenn das halbe Restaurant mithört
Meine werte Kollegin Sophie hat Ihnen, liebe Leser, gestern erzählt, wie sie jüngst wider Willen zur Spannerin wurde und unfreiwillig tiefe Einblicke ins Leben anderer erhielt. Uns Journalisten sagt man ja ohnehin nach, vorwitzig zu sein und unsere Nase gerne in Dinge zu stecken, die uns nichts angehen. Doch manchmal wollen auch wir es gar nicht so genau wissen. Und ich kann Sophies Worte aus ihrem gestrigen Gazettchen bestätigen: Bei unserem letzten Restaurantbesuch waren die Tischnachbarn zu zweit so laut, dass sie unser Gespräch zu viert übertönten. Und ja, sie erzählten ununterbrochen Dinge aus ihrer Berufswelt, die eigentlich
Sie erzählten Dinge, die sie besser für sich behalten hätten.
nicht so in die Öffentlichkeit gehören. Während mich die beiden Männer gar nicht so sehr interessierten, stellte ich mir aber die Frage, aus welcher Branche sie wohl kommen. Sie zogen etwa über einen Kollegen her, der nur etwas könne, aber das so richtig gut: Berichte schreiben. „Das wär doch was für uns“, meinte ich zu meinen Kollegen. Die Lokalredaktion sucht schließlich ständig gute Korrespondenten. Doch die Ernüchterung folgte alsbald: „En huet zwar eng gutt Schreif, ma en iwwerleet net fir fennëf
Sou.“Während wir zunächst auf Postangestellte getippt hatten, wurden nun Versicherungsagenten zu unserem Favoriten. Später lästerten sie dann über „Clients“– und offenbarten einen herablassenden Umgang mit ihrer Kundschaft. Es musste also ein Dienstleistungsbetrieb sein. Die letzten Zweifel waren ausgeräumt, als einer der Männer erzählte, wie er jüngst einen „Heckefransous“, der „en AT“bezahlen wollte, „gutt schäisse gedoen“hatte. In der Privatwirtschaft werden nämlich keine Avertissements taxés ausgestellt. Das tun nur Freunde und Helfer. Steve