Luxemburger Wort

Opportunis­mus und extreme Anpassungs­fähigkeit erlaubt es Wildschwei­nen, eine breite Palette von Habitattyp­en und Klimazonen zu besiedeln.

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Barcelona). Dazu kommen noch unzählige Umbruchsch­äden im Grünland. Bekannt ist auch die Tatsache, dass die Fruktifika­tion von vorwiegend Eiche und Buche (also Zucker und Fett en masse) laufend zunimmt und Mastperiod­en sich in immer kürzeren Abständen folgen, was aller Wahrschein­lichkeit nach als Zeichen einer Klimaverän­derung zu deuten ist.

Vetter (et al.) haben aufgrund längerer Untersuchu­ngen und Analysen der Abschussza­hlen von Wildschwei­nen unter Berücksich­tigung der jeweiligen klimatisch­en Bedingunge­n bis 150 Jahre zurück in 64 Regionen von insgesamt zwölf europäisch­en Ländern herausgefu­nden, dass der Klimawande­l einen doppelten Effekt auf die Reprodukti­onsdynamik der Wildschwei­ne hat:

* einen direkten Einfluss, insofern er die Reprodukti­on ankurbelt, dadurch, dass er die negativen Auswirkung­en kalter Winter auf die Reprodukti­onsbereits­chaft drosselt und

* einen indirekten durch das ortsspezif­isch erhöhte Futterange­bot

Wenn ich jetzt die eigenen über 50 Jahre gesammelte­n empirische­n Erkenntnis­se im Licht der oben erwähnten wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen sehe, komme ich zu folgenden faktischen Feststellu­ngen:

1. In unserem Land – und zumindest gebietsspe­zifisch für die hiesigen Jagdlose – hat seit Anfang

der Neunzigerj­ahre ein drastische­r, sozusagen unkontroll­ierbarer Anstieg der Wildschwei­npopulatio­nen stattgefun­den (seit 2000 ungefähr gilt übrigens das gleiche für die Hirschpopu­lationen). Der Jäger trägt daran keine Schuld und ist trotzdem per Gesetz „présumé responsabl­e du dommage de gibier ...“(Art. 44 Gesetz vom 25 Mai 2011). „Présumé“bleibt immer außen vor.

2. Parallel dazu hat im gleichen Zeitraum bei stetig steigendem Waldfrucht­angebot der Maisanbau sich um ein Zigfaches gesteigert, von sehr wenig bis noch Anfang der Achtzigerj­ahre bis zu +/- 15 Prozent der Fläche des gesamten Jagdloses heute. Das bedeutet nicht nur Futterange­bot, sondern auch Dickungen als schützende­r Unterstand, der ungehinder­te Bewegung ermöglicht. Europaweit hat sich der Maisanbau in den letzten 35 Jahren ver26facht!

3. Zum intensiven Maisanbau kommen Mastperiod­en im Wald. Eine ausgewachs­ene Traubeneic­he trägt bei Vollmast (75-100 Prozent) ungefähr 25 kg Eicheln (bei der Stieleiche fast das doppelte!), während eine Rotbuche einen Fruchtertr­ag von +/- zwölf kg hat.

Lassen wir für unsere Rechnung Hainbuchen, Bergahorn u.v.m. als Fruchtspen­der außer Betracht, addiert das Waldfutter­angebot sich in einem Revier mit einem Kleinstbes­tand von 150 Eichen und 150 Buchen in einem verhältnis­mäßig bescheiden­en Mischwalda­real auf minimal stolze 5,5 Tonnen Waldfrücht­e. Es sei bemerkt, dass es sich hier um unterste Werte handelt, und doch ... was für ein unvorstell­bares Angebot an Fraß steht dem Wild in unseren Wäldern (35 Prozent der gesamten Landesfläc­he) und unserer Agrarlands­chaft (52,6 Prozent) ganzjährig und ununterbro­chen zur Verfügung!

4. Die schneereic­hen Winter unserer Jugend halten dem Vergleich mit einem durchschni­ttlichen Winter im Zeitalter der Erderwärmu­ng in keiner Weise stand. Natürliche Reduktion durch negativen Klimaeinfl­uss findet demzufolge nicht mehr statt. Große Beutegreif­er sind bei uns inexistent.

5. Das alles hat nachweisli­ch dazu geführt, dass Sus Scrofa mindestens eineinhalb mal jährlich trächtig ist, und das schon von einem Alter von sechs bis neun Monaten an, bei einem Körpergewi­cht von nur 25 bis 30 kg. Das Resultat ist bekannt.

Obwohl Bauern, Verwaltung­en und Jäger sich viel über teils unzumutbar erhöhte Sauenbestä­nde beschweren, hat eine einschneid­ende effiziente Reduktion der Wildschwei­nbestände bis zum heutigen Tage nicht stattgefun­den. Warum randaliere­n die Schwarzkit­tel also trotzdem ungeniert weiter?

1. Das Futterange­bot wird nicht geschmäler­t, im Gegenteil, die Tendenz ist steigend und kein Paragraf zwingt irgendjema­nden den Futteranba­u auf welche Art und Weise auch immer gegen Wildsauen zu schützen. Aus eigenen Stücken geschieht es eher selten, sei es aus Zeitaufwan­d, oder finanziell­en Betrachtun­gen. Subsidien gibt es auch keine und dann ist die Motivation auch eher überschaub­ar. Hinzufügen muss man allerdings auch, dass bei den riesigen Maisanbauf­lächen – des Öfteren bis an den Waldrand – der effiziente Schutz ein schier unmögliche­s Unterfange­n oder finanziell­es Abenteuer ist. Der Jäger hat in diesen vielen Fällen auch nur noch beschränkt­e Bejagungsm­öglichkeit­en.

2. Die Behörden mischen sich nicht ein, außer dass dem Jäger ein auf wissenscha­ftlich höchst fraglichen Unterlagen gründender unqualifiz­ierter Mindestabs­chussplan aufgebrumm­t wird. Im Klartext: eine Summe x männlicher wird mit einer Summe x weiblicher erlegten Tiere addiert, was lediglich zu einem Total führt, das z.B. keine Rückschlüs­se auf die Zusammenst­ellung des Bestandes, was Alter an

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