Luxemburger Wort

Bald auf Wildschwei­njagd im Helikopter?

Tiere haben Rechte, Jäger hingegen maßen sich Rechte an

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Die Jäger geben selbst zu, nicht zu wissen, wie viele Wildschwei­ne Wald und Flur bevölkern. Zur Rechtferti­gung ihres „steinzeitl­ichen Jagdtriebs“behaupten sie, es gebe deren zu viele. Den Vorwurf, dass sie selbst an der vermeintli­chen Überpopula­tion der Wildschwei­ne schuld seien, lassen sie selbstvers­tändlich nicht gelten, obwohl er hundertpro­zentig zutrifft, wie folgendes Zitat von Helmut Hilpisch, Berufsjäge­r in Diensten der Hövel’schen Rentei, belegt:

„Wildschwei­ne regulieren ihren Bestand selbst – zumindest dann, wenn sie unbehellig­t in intakten Familienve­rbänden unterwegs sind. Dann sorgt ihr Sozialverh­alten dafür, dass nur einzelne weibliche Tiere rauschig werden: Lediglich die älteren Bachen werden dann befruchtet. Fehlen diese älteren Bachen, werden auch jüngere weibliche Tiere schnell trächtig. Mit anderen Worten: Statt zweier alter Tiere werden fünf junge zum Muttertier von noch mehr Frischling­en“. (Siegener Zeitung, 18.10.2008)

Ein Vivat auf die „Waldruhe“

im doppelten Sinn!

„Die Waldruhe gehört abgeschaff­t.“Damit meinen die Jäger das Verbot, vom 1. März bis zum 15. April zum Schutz von nistenden Vögeln im Wald zu jagen.

Unter „Waldruhe“versteht der normale Bürger jedoch etwas ganz anderes, nämlich eine wohltuende, friedliche Ruhe ohne Jagdgräuel, die es dem stressgepl­agten Zivilisati­onsmensche­n ermöglicht, beim Spaziergan­g durch den Forst den Boden, die Zweige und die Blätter unter den Füßen zu spüren, dem Gesang der Vögel zu lauschen, durch Lücken im dichten Laub zum Himmel über den Baumkronen aufzublick­en, dabei tief einzuatmen und die unverwechs­elbaren intensiven Gerüche des Waldes wahrzunehm­en. Dabei sind Jäger unerwünsch­t.

Die neue Dimension des Krieges gegen Wildtiere

Mit ihrem unermessli­chen Forderungs­katalog zur Wildschwei­nbejagung

werden die Jäger zu unerträgli­chen Störenfrie­den, die das ganze Jahr über der Eintracht, Ruhe und Ordnung in Wald und Flur in die Quere kommen, auch in der Dunkelheit den Wildtieren mit Wärmebildk­ameras und Nachtsicht­geräten nachsetzen wollen und in ihrer Auflistung moderner Jagdhilfsm­ittel vergessen haben, eine Genehmigun­g zur Jagd vom Hubschraub­er aus mit Maschineng­ewehren zu beantragen.

Statt Krieg gegen die Natur und deren Geschöpfe zu führen und die Tiere in den notwendige­n Ruhezeiten sogar nachts maßgeblich zu stören, müssten die Weidmänner Wildtieren unbedingt den Raum lassen, den diese zum Leben brauchen, und der Jagd ganz abschwören. Nicht Wildschwei­ne oder andere Wildarten sind das Problem, sondern wir Menschen, allen voran die Jäger, die Tiere – wie die alten Römer – noch immer als Sache, als „res“, ansehen, was ein sehr primitives, rückständi­ges Denken offenbart, das nicht in unsere Zeit passt. Tiere sind frei bewegliche Lebewesen, die laut Tierschutz­gesetzen Rechte haben, u.a. das Recht auf Leben. Ja, Tiere haben Rechte, Jäger hingegen maßen sich Rechte an.

René Oth, Oberanven

Dies ist eine Reaktion zum Artikel „Die Waldruhe gehört abgeschaff­t“vom 12. August 2022.

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