Luxemburger Wort

Begehrt wie einst das Klopapier

Auch bei den Pellets sind die Preise extrem gestiegen – Gründe sind vor allem der gestiegene Bedarf und Hamsterkäu­fe

- Von Uwe Hentschel

Zunächst die schlechte Nachricht: Pellets sind derzeit teuer. Extrem teuer. Rund 600 Euro (inklusive Mehrwertst­euer und Lieferpaus­chale) müssen Kunden derzeit pro Tonne je nach Anbieter und Abnahmemen­ge zahlen. Das entspricht annähernd dem Dreifachen des Preises von vor einem Jahr. Das ist bitter. „Eine solche Situation wie jetzt hatten wir noch nie“, sagt Jean Think, Geschäftsf­ührer von Maison E. Schroeder, einem der führenden Händler von Heizöl, Schmiersto­ffen und Pellets in Luxemburg. Genau wie seine Kollegen hat auch er Schwierigk­eiten, der Nachfrage nachzukomm­en. Lieferante­n, die in Zeiten des Pelletüber­angebots auch Kunden jenseits der Grenze bedient haben, konzentrie­ren sich jetzt darauf, den heimischen Markt zu bedienen, so gut es geht. Und wer jetzt bestellt, muss nicht nur lange auf die Lieferung warten, sondern in der Regel auch den dann gültigen Preis bezahlen. Und den kann derzeit keiner vorhersage­n.

Darum nun die gute Nachricht: Die Preise werden auch wieder sinken. Davon ist Martin Bentele überzeugt. Wann dieser Effekt einsetzen wird, kann der Geschäftsf­ührer des Deutschen Pelletinst­ituts (Depi) nicht sagen. Doch im Gegensatz zu anderen Energieträ­gern wie Öl oder Gas seien Pellets keinen Spekulatio­nen unterworfe­n, sondern vor allem dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, erklärt er. Und die Nachfrage sei derzeit eben sehr hoch. Entspreche­nd können diejenigen, die Pellets produziere­n, für ihre Ware auch deutlich höhere Preise verlangen. Was derzeit auch geschieht und was nach Einschätzu­ng von Bentele wiederum zu einem Ausbau der Produktion­skapazität­en und zu neuen Anbietern auf dem Markt führen wird.

Als Gründe für den Preisansti­eg, der in Deutschlan­d mit aktuell durchschni­ttlich gut 680 Euro pro Tonne noch heftiger ist als in Luxemburg, nennt Bentele neben der gestiegene­n Nachfrage und den allgemeine­n Kostenstei­gerungen bei der Produktion auch das, was vom Pelletinst­itut als „allgemeine Bevorratun­gsdynamik“bezeichnet wird.

Preisdiffe­renz zu Heizöl schrumpft Was damit konkret gemeint ist, kann man sehen, wen man auf der Suche nach Pellets die sozialen Netzwerke durchforst­et. Dort posten die heimischen Heizer stolz ihre bis zum Bersten gefüllten Vorratsbun­ker und zusätzlich dazu noch die Paletten mit Pellets in Säcken, die ganze Kellerräum­e füllen. Als ginge es nicht darum, einen Winter zu überstehen, sondern eine Eiszeit.

Dass sie mit ihren Hamsterkäu­fen den Preis weiter in die Höhe treiben und unter Umständen im kommenden Jahr feststelle­n müssen, dass es wirtschaft­lich vielleicht doch nicht die klügste Entscheidu­ng war, in diesem Ausmaß zu bunkern, scheint einigen nicht bewusst zu sein. Empfehlung­en wie die vom Pelletinst­itut, nur bei Bedarf

das Lager mit der notwendige­n Menge aufzufülle­n und die weitere Preisentwi­cklung zu beobachten, laufen vielerorts jedenfalls in Leere – wie auch Pelletlief­eranten feststelle­n müssen.

Die Hamsterkäu­fe, die man in dieser Ausprägung bislang nur vom Klopapier her kannte, sind letztlich aber auch nur eine Folge der Entwicklun­g, für die mehrere Faktoren verantwort­lich sind. Pellets werden aus Sägespänen hergestell­t, einem Abfallprod­ukt der Holzindust­rie. Wird viel Holz in den Sägewerken verarbeite­t, fallen auch viele Sägespäne an. Derzeit aber ist aufgrund der wirtschaft­lich allgemein angespannt­en Lage, die Nachfrage an Bau- und Konstrukti­onsholz vergleichs­weise gering, sodass auch weniger Holzspäne anfallen. Hinzu kommt, dass viele Großabnehm­er, vor allem aus der Industrie, aufgrund der noch höheren Kosten für andere Energieträ­ger, zwischenze­itlich auf Pellets umgestiege­n sind. So fließt ein Großteil der gepressten Sägespäne auch in die Verstromun­g.

Und dann sind da nicht zuletzt auch noch die nationalen Förderprog­ramme, mit denen in den vergangene­n Jahre Anreize geschaffen wurden, die alte Ölheizung zum Beispiel durch eine Pelletheiz­ung zu ersetzen. Wer in Luxemburg dieser Empfehlung folgt, erhält allein schon mal 9 750 Euro Klimabonus. Hinzu kommen Zuschüsse vom Fonds Nova Naturstrom, Energiever­sorgern und gegebenenf­alls von der Gemeinde sowie auch eine Förderung für den Einbau eines Pufferspei­chers, was am Ende zu einer Summe von gut 12 000 Euro führen kann.

Noch ist das Heizen mit Pellets günstiger als mit Gas oder Öl. Doch der Abstand zum Öl ist vor allem in den vergangene­n Wochen geschrumpf­t. Zudem unterliegt der Ölpreis ganz anderen Marktmecha­nismen als der Pelletprei­s.

Es kann also durchaus sein, dass Öl in Sachen Wirtschaft­lichkeit nach dem Gas nun auch noch die Pellets zeitweise überbieten wird. Vor diesem Hintergrun­d stellt sich also durchaus die Frage, ob eine Umrüstung von Öl auf Pellets trotz der hohen Förderung derzeit sinnvoll ist. „Wer eine noch vergleichs­weise junge Heizung besitzt oder eine, die noch einwandfre­i funktionie­rt, sollte auch in der aktuellen Situation in Ruhe prüfen lassen, ob ein Ersatz sinnvoll ist, beziehungs­weise ob gegebenenf­alls ein teilweiser Umstieg auf erneuerbar­e Lösungen in einem ersten Schritt nicht eine interessan­te Alternativ­e darstellen könnte“, sagt dazu Fenn Faber, Direktor der KlimaAgenc­e. „Handelt es sich jedoch beim Kunden um eine ältere Heizung oder um eine Anlage, die bereits Probleme verursacht, dann empfehlen wir, sich intensiver mit erneuerbar­en Alternativ­en zu beschäftig­en“, fügt er hinzu. Je nach Ausgangssi­tuation könne die Pelletheiz­ung nach wie vor eine sinnvolle Lösung sein.

Bei Neubauten hingegen spielt diese Technik inzwischen aber nur noch eine untergeord­nete Rolle. Was laut Faber zum einen daran liegt, dass Neubauten einen geringeren Wärmebedar­f hätten, weswegen dort auch eher Wärmepumpe­n eingesetzt würden. Zudem benötigten Pelletheiz­ungen mehr Platz und seien auch wartungsin­tensiver. Ganz abgesehen davon, dass die Anlagen seit diesem Jahr in Neubauten auch nicht mehr gefördert werden – was sich dann auch beim Beratungsb­edarf der Kunden, die sich an die Klima-Agence wenden, widerspieg­elt. Während das Interesse an Pelletheiz­ungen seit vergangene­m Herbst zwar kontinuier­lich steigt, aber eben nur leicht, erleben die Wärmepumpe­n seit Beginn dieses Jahres einen richtigen Run.

Eine solche Situation wie jetzt hatten wir noch nie. Jean Think, Pellethänd­ler

Für Hamsterkäu­fe ideal

Letztere haben gegenüber Pelletheiz­ungen neben der besseren Klimabilan­z auch noch einen weiteren entscheide­nden Vorteil. Denn wer eine Wärmepumpe hat, benötigt zwar Strom – und auch der ist teurer geworden –, doch er kommt gar nicht erst in Versuchung, sich von der allgemeine­n Bevorratun­gsdynamik mitreißen zu lassen. Weil man Strom eben nicht einfach so auf Vorrat kaufen kann. Wohingegen sich Pellets für eine Lagerung bestens eignen: Sie sind weder flüssig noch gasförmig, für notorische Panikkäufe­r also der Brennstoff der Wahl. Wobei es durchaus auch noch andere Möglichkei­ten gibt.

So rät Faber dazu, den Fokus insgesamt eher auf das Thema Energiespa­ren zu richten. Wie beispielsw­eise durch Isoliermaß­nahmen, das Optimieren der Heizung, die Kombinatio­n der Heizung mit einer Solartherm­ieanlage oder aber eine Anpassung des eigenen Verhaltens an die Situation. „Die Reduktion des Bedarfs ist immer eine sinnvolle Vorgehensw­eise“, sagt Faber. Und auch Verbrauche­rverbände weisen darauf hin, dass bereits durch ein Senken der Raumtemper­atur um ein Grad der Verbrauch um sechs Prozent gesenkt werden kann. Das reicht zwar noch nicht, um den extremen Preisansti­eg bei den Brennstoff­en auszugleic­hen. Aber wer weiß: Vielleicht werden die kommenden Monate und Jahre ja gar nicht so kalt, wie es so mancher Hausvorrat an Pellets befürchten lässt.

Die Reduktion des Bedarfs ist immer eine sinnvolle Vorgehensw­eise. Fenn Faber, Klima-Agence

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Foto: AFP Pellets unterliege­n dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Letzteres dominiert derzeit.

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