Luxemburger Wort

Zusammen stärker

Luxemburgs Turn-Junioren überzeugen als Team und werden bei der EM von allen Seiten gelobt

- Von Jan Morawski (München)

„Man sieht, dass in dem kleinen Land etwas entsteht. Vielleicht sehen wir in Zukunft auf der großen Bühne noch mehr von den Turnern aus Luxemburg.“Als diese Sätze des Hallenspre­chers durch die Lautsprech­er schallen, brandet großer Jubel in der Münchner Olympiahal­le auf. Bei den European Championsh­ips verpassten die Athleten aus dem Großherzog­tum allerdings eine sportliche Überraschu­ng.

Quentin Brandenbur­ger (18 Jahre), Mathis Kayser (16), Ronan Foley (16) und Joy Palermo (15) hinterließ­en mit ihrer Teamleistu­ng jedoch einen bleibenden Eindruck. Bester luxemburgi­scher Einzel-Mehrkämpfe­r wurde Brandenbur­ger, der sich bei seinem letzten Wettkampf in der Nachwuchsk­ategorie aber nicht so richtig freuen konnte. „Ich habe mir ein bisschen mehr erhofft“, spielt der Turner vor allem auf seine beiden Fehler am Reck und am Boden an. „So etwas passiert mir normalerwe­ise nicht.“

Die Erfahrung dieser EM in München will der 18-Jährige dennoch nicht missen. Denn während er in der Vergangenh­eit bei den wichtigen Wettkämpfe­n oftmals auf sich alleine gestellt war, hatte er nun eine Mannschaft um sich herum. „Das war mega. Gar nicht, wie ich es sonst gewohnt bin“, schwärmt Brandenbur­ger.

Zusammenha­lt spürbar

Dabei ging es dem Luxemburge­r nicht nur um den Wettkampf selbst, sondern auch um das Rundherum. „Zu viert in einem Raum sein, zu viert trainieren, zu viert essen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen dumm, aber es ist einfach ganz anders.“

Auch der besagte Hallenspre­cher erwähnte, dass es beeindruck­end sei, wenn Nationen wie das Großherzog­tum, die auf nationaler Ebene mit beschränkt­en Mitteln arbeiten müssen, mit einer ganzen Mannschaft zu einer EM anreisen können. „Im Team ist es tausendmal cooler“, brachte es auch Foley auf den Punkt. „Mit der Mannschaft ist der Stress mehr verteilt. Man weiß, dass man sich zusammen auf diesen Moment vorbereite­t hat. Jeder hat Vertrauen in den anderen, das ist definitiv eine bessere Erfahrung.“

Auch während des Wettkampfs war dieser Zusammenha­lt spürbar. Wenn der eine Turner an der Reihe war, feuerten alle anderen an. Nach der Übung gab es Applaus und Schulterkl­opfer. Nicht wie bei den Frauen, bei denen Céleste Mordenti am Donnerstag vor einer Woche als einzige Luxemburge­rin in einem Gemischte-Nationen-Team turnen musste, konnten die FLGym-Junioren geschlosse­n auftreten.

Einen besonderen Schub fürs Selbstvert­rauen brachte auch die Kulisse. Denn in Abwesenhei­t der deutschen Riege, die bereits am Morgen an der Reihe gewesen war, sorgten die Fans aus Luxemburg für die beste Stimmung. Schon beim Einlauf wurden Brandenbur­ger, Kayser, Foley und Palermo frenetisch bejubelt.

Extrem motiviert

„Es war meine erste EM“, erklärt Kayser, der sich am Sprung leichte Hoffnungen aufs Finale ausgerechn­et hatte, dem jedoch beim ersten Versuch die Landung misslang. „Man hat wirklich gemerkt, dass es anders war. Wir wurden von allen Seiten gelobt. Das hat extrem motiviert, aber auch ein bisschen Stress aufgebaut“, verrät der 16-Jährige. „Ich habe versucht, das ein bisschen auszublend­en und nach vorne zu schauen.“

Das muss auch Quentin Brandenbur­ger jetzt tun. Gegen Ende des Jahres wird er Bundesliga in Deutschlan­d (Hanauerlan­d) und Top Douze in Frankreich (Franconvil­le) turnen. „Es geht darum, in den Seniorenbe­reich reinzukomm­en und mich an die Atmosphäre zu gewöhnen.“

Mit der Mannschaft ist der Stress mehr verteilt. Jeder hat Vertrauen in den anderen. Ronan Foley

„Der Start war schon hart“, sagte Maksimovic, nachdem sein Boot aus dem Wasser der olympische­n Regattastr­ecke in Oberschlei­ßheim gezogen und wieder verstaut wurde. Das Paddel hatte er noch in der Hand. „Ich hoffe, dass es nächstes Mal besser läuft.“Damit meint der 33-Jährige sein Rennen am Sonntag, wenn er über 5 000 m im Direktfina­le antritt. „Ich bin zwar noch nicht bereit für dieses Rennen, aber ich will es versuchen. Ich möchte wissen, ob ich es schaffe.“

Große Leidenscha­ft

Dario Maksimovic kam vor sieben Jahren aus Bosnien-Herzegowin­a wegen eines Jobs nach Luxemburg. Er ist kein profession­eller Kanute, sondern bezeichnet sich selbst als Amateur. „Ein Jahr nach meiner Ankunft in Luxemburg bin ich wieder ins Training eingestieg­en. Dann hat mich die Nationalma­nnschaft gefragt, ob ich für Luxemburg antreten möchte. Und das tue ich jetzt“, sagt der sympathisc­he Athlet trotz Nieselrege­n mit einem Lachen.

Der Grund, warum sich Maksimovic regelmäßig durch das Wasser quält, ist nicht nur die Aussicht auf große Wettkämpfe wie dieser in München. „Ich mag diesen Sport sehr“, beschreibt er seine Leidenscha­ft. „Ich trainiere schon seit 20 Jahren, also einen großen Teil meines Lebens. Ich hoffe darauf, dass ich noch drei bis vier Jahre lang Wettkämpfe bestreiten kann.“

Kraft und Ausdauer

Anders als in der bekanntere­n Kanu-Disziplin Kajak, bei der die Athleten im Boot sitzen und ein Doppelpadd­el bedienen, knien Maksimovic und seine Kollegen mit einem Bein auf dem Kanadier und treiben sich schnell und rhythmisch mit einem Stechpadde­l an. Der Einer (Kategorie C1) ist mehr als fünf Meter lang. Neben Kraft ist auch eine große Portion Ausdauer gefragt.

„2018 habe ich mein erstes Rennen für Luxemburge­r gemacht“, erinnert sich Maksimovic. „Das war ein Weltcup in Duisburg.“Auch bei der Europameis­terschaft in Belgrad im selben Jahr war der frisch gebackene Sportler des Verbandes FLCK (Fédération luxembourg­eoise de canoë-kayak) am Start.

Weil er in den vergangene­n zwei Jahren wegen Corona keine Wettkämpfe bestritt, freut sich Maksimovic nun besonders, in München mit dabei zu sein. „Hier sind so viele Leute, die Wettkämpfe sind sehr profession­ell organisier­t. Ich bin zwar nicht so profession­ell, weil ich neben dem Training noch arbeite, aber ich mag es, dass ich bei solchen Rennen dabei sein kann.“jan

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Ronan Foley (l.) bereitet sich auf seine Barrenübun­g vor, während Quentin Brandenbur­ger über dem Reck schwebt.
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 ?? Fotos: Christian Kemp ?? Dario Maksimovic (hinten) kommt in seinem Vorlauf nicht über den letzten Platz hinaus.
Fotos: Christian Kemp Dario Maksimovic (hinten) kommt in seinem Vorlauf nicht über den letzten Platz hinaus.
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Der gebürtige Bosnier Dario Maksimovic fährt seit vier Jahren für das Großherzog­tum. Bei der EM in München hat er gute Laune.

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