„Ich hatte zwei Chancen“
Hesperingens Neuzugang Ricardo Delgado ist trotz des verpassten Sprungs ins Ausland stolz auf seine bisherige Karriere
Ricardo Delgado zählt seit Jahren zu den besten Innenverteidigern der BGL Ligue. Vor dieser Saison wechselte der 28-Jährige aus Düdelingen nach Hesperingen. Mit dem FC Swift gewann er die ersten beiden Saisonspiele und erzielte vergangenen Sonntag beim 4:0 in Hostert sogar ein Tor. Am Samstag (19 Uhr) sind Delgado und Co. zu Hause gegen Racing gefordert. Davor spricht er im Interview über seinen Wechsel, die Integration ins neue Team und die Nationalmannschaft.
Ricardo Delgado, haben Sie sich in Hesperingen gut eingelebt?
Auf jeden Fall. Die Stimmung ist klasse. Da ich viele Teamkollegen schon im Vorfeld kannte, fiel mir die Integration leicht. Mit Ken Corral und Cédric Sacras war ich bei der Nationalmannschaft, mit Dominik Stolz habe ich schon bei F91 zusammengespielt.
Ist die Erwartungshaltung mit jener in Düdelingen vergleichbar?
Wir wollen jedes Spiel gewinnen, das war bei F91 nicht anders. Von den Ambitionen her gibt es also keinen großen Unterschied.
Warum sind Sie gewechselt?
Ich mag Herausforderungen und möchte mich immer wieder neu beweisen. In Düdelingen war ich Stammspieler, also wollte ich zeigen, dass ich das auch in Hesperingen schaffen kann. Der FC Swift wird in den kommenden Jahren versuchen, immer oben mitzuspielen. Mir ist bewusst, dass Düdelingen dieses Ziel ebenfalls verfolgt und der Wechsel deshalb kein großer Sprung ist, doch ich wollte etwas Neues wagen.
Ihr Transfer wurde schon lange vor Saisonende publik. Hatten Sie damit kein Problem?
Solange ich das Düdelinger Trikot trug, war ich mit den Gedanken bei F91. Es fiel mir nicht schwer, mich darauf zu konzentrieren. Leider haben wir nach der Meisterschaft nicht noch den Pokal gewonnen. Ich hätte mich gerne mit dem Doublé verabschiedet, auch weil ich dann mit Hesperingen im Europapokal angetreten wäre (Racing durfte als Pokalsieger die ConferenceLeague-Qualifikation bestreiten, Anm. d. Red.).
Gab es von Ihren neuen Teamkollegen dafür eigentlich keinen Ärger?
In den ersten Trainingseinheiten habe ich das schon oft zu hören bekommen (lacht). Ich habe das Finale mit F91 natürlich nicht mit Absicht verloren, das wissen meine neuen Mitspieler. Sie machen nur Scherze.
Mit welchem Gefühl verfolgen Sie die F91-Spiele im Europapokal?
Es wäre natürlich cool gewesen, das ebenfalls zu erleben. Am Ende der Saison weiß ich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Wenn ich Zeit habe, sehe ich mir die Düdelinger Spiele an. Dadurch steigt die Motivation, so etwas selbst noch einmal zu erleben.
Beim FC Swift gibt es wie früher in Düdelingen jedes Jahr viele personelle Wechsel. Kann so ein richtiges Team entstehen?
Der Kern der Mannschaft ist stark genug, um den nötigen Zusammenhalt zu haben. In der Vorbereitung gab es einige Teambuildingmaßnahmen. Durch die vielen erfahrenen Spieler sehe ich kein Problem.
Trainer Pascal Carzaniga hat klare Vorstellungen. Was erwartet er von Ihnen?
Er kennt mich, schließlich war er in der Vergangenheit oft Trainer von Teams, gegen die ich gespielt habe. Er verlangt von mir dasselbe wie von den anderen Verteidigern. Der Konkurrenzkampf ist groß, sodass ich gar nicht weiß, ob ich am Samstag überhaupt spielen werde. Das war mir bewusst, als ich nach Hesperingen gewechselt bin. Ich breche gerne aus der Komfortzone aus.
Hesperingen ist Ihr dritter Club in Luxemburg. Zwischendurch haben Sie versucht, über die Armee den Sprung ins Ausland zu schaffen. Warum hat das nicht geklappt?
Dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Ich hatte zwei Chancen, um mich auf der großen Bühne zu präsentieren. Bei der Nationalmannschaft wurde ich als Rechtsverteidiger eingesetzt. Für mich ist das nicht die optimale Position, weil die ausländischen Clubs dort wohl nach einem anderen Profil suchen. Als wir uns 2019 mit F91 für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert haben, konnte ich kein einziges Spiel bestreiten, weil ich mich im letzten Play-offSpiel
verletzt hatte. Ich bin aber nicht enttäuscht, schließlich hatte ich in Luxemburg eine tolle Karriere, die noch nicht vorbei ist.
Haben Sie das Thema Ausland abgehakt?
Es ist nie zu spät, doch ich werde derzeit bei der Armee auf das Berufsleben vorbereitet. Ich habe mir in Luxemburg etwas aufgebaut. Die Überlegungen gibt es zwar weiterhin, allerdings denke ich immer weniger darüber nach. Wenn mein Vertrag in Hesperingen ausläuft, bin ich 31 Jahre alt. Normalerweise wechselt man dann nicht mehr ins Ausland.
Wie sieht es mit der Nationalmannschaft aus? Sie haben zwar seit 2017 kein Länderspiel mehr bestritten, wurden im vergangenen Jahr aber nochmals nominiert …
Die Konkurrenz ist enorm. Ich verstehe Luc Holtz. Die Spieler, die bei ausländischen Clubs aktiv sind, haben Priorität. Es gibt ja sogar Verteidiger, die Profis sind und zuletzt dennoch nicht nominiert wurden. Nationalspieler aus der BGL Ligue sterben aus. Ich kann den Weg des Nationaltrainers nachvollziehen, muss aber sagen, dass manche luxemburgischen Clubs in einigen ausländischen Ligen mithalten könnten. In der Saisonvorbereitung haben wir gegen den deutschen Drittligisten Saarbrücken (2:2), Zweitligist Braunschweig (1:0) und den französischen Drittligisten Sedan (1:1) gute Leistungen gezeigt. Auch Düdelingen beweist gerade gegen Profiteams, dass Mannschaften aus Luxemburg auf internationalem Niveau bestehen können.
Welche persönlichen Ziele haben Sie noch?
Nationalspieler aus der BGL Ligue sterben aus.
Vergangene Saison habe ich meinen ersten Meistertitel gewonnen, durch den ich auf den Geschmack gekommen bin. Ich will das so oft wie möglich wiederholen. Hoffentlich war es nicht der letzte Titel.