„Es ist Zeit, Farbe zu bekennen“
22 Abgeordnete erleben ihre erste Legislaturperiode – Francine Closener (LSAP) möchte im Bildungsbereich etwas bewegen
Francine Closener sitzt seit gut zweieinhalb Jahren für die LSAP in der Chamber. Sie rückte im Dezember 2019 für den Abgeordneten Marc Angel ins Parlament nach, nachdem dieser nach Straßburg gewechselt war. In der Legislaturperiode 2013-2018 war Closener Staatssekretärin für Wirtschaft, Verteidigung und innere Sicherheit. Im Parlament widmet sie sich vor allem dem Bildungsbereich.
Gibt es eine Entscheidung aus Ihrer politischen Karriere, die Sie bereuen und heute anders handhaben würden?
(lacht) Das eine oder andere Interview ... Ich kann nicht sagen, dass ich eine konkrete politische Entscheidung bereue. Es gibt Dinge, die ich konsequenter angepackt hätte, wenn ich mehr Erfahrung gehabt hätte. Ein Beispiel sind die Aktivitätszonen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir dort weiter gegangen wären. Ich würde mich als Staatssekretärin nie wieder mit fünf oder sechs Ressorts einverstanden erklären. Das ist zu viel, man kann sich auf nichts richtig konzentrieren und das Wissen bleibt oberflächlich. Das hat mir überhaupt nicht gefallen.
Wenn Sie eine konkrete politische Entscheidung treffen könnten, welche wäre das?
Ich würde die multidisziplinären Teams im Bildungswesen direkt in den Schulen ansiedeln, damit sie dort sofort verfügbar sind. Das wäre von großem Vorteil für die Schüler und Lehrer und würde uns in Sachen Chancengerechtigkeit ein gutes Stück voranbringen. Es dauert einfach zu lange, bis Hilfe ankommt. Außerdem würde ich statt einer Hausaufgabenbetreuung Förderstunden einführen.
Bei welchem historischen Ereignis wären Sie gerne dabei gewesen?
Ich wäre gerne 1989 beim Mauerfall in Berlin dabei gewesen und hätte mich gerne unter die Menschen gemischt. Ich habe den Mauerfall im Fernsehen verfolgt. Das muss ein wahnsinniges Freiheitsgefühl für die Menschen gewesen sein. Ich habe damals gedacht: Jetzt wendet sich die Welt zum Besseren. Na ja, diese Hoffnung hat sich nicht bestätigt.
Welches Buch empfehlen Sie als Sommerlektüre?
„Über Menschen“von Juli Zeh. Es geht um eine Frau, die während des Lockdowns von Berlin aufs Land zieht, in ein Dorf mit vielen Rechtsradikalen. Ihr Nachbar ist auch rechtsradikal und sie muss sich mit ihm auseinandersetzen.
Welche Serie oder welchen Film würden Sie für verregnete Tage empfehlen?
„After life“, eine britische Fernsehserie von Ricky Gervais. Darin geht es um einen Journalisten eines Käseblatts in Großbritannien, dessen Frau an Krebs stirbt. Er kämpft nach ihrem Tod mit Depressionen und wird sehr gemein, weil ihm alles egal ist. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und sagt den Menschen ins Gesicht, was er von ihnen hält. Irgendwann ändert er sich jedoch wieder. Die Serie gefällt mir einerseits, weil ich mich in seine Lage versetzen kann, aber auch wegen des schwarzen Humors. Sie ist traurig und witzig zugleich. Nicht ganz einfach beim Tabuthema Tod.
Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Zeit außerhalb des Parlaments?
Ich verbringe sehr viel Zeit mit Parteiarbeit, meine Freizeit jedoch am liebsten mit meinen Kindern und meinen Freunden – sehr gern in der Natur, im Wald, mit meinem Hund. Das gibt mir das nötige innere Gleichgewicht.
Werden Sie 2023 erneut bei den Parlamentswahlen kandidieren?
Ich würde es so ausdrücken: Stand heute sieht es danach aus.