Profit(eure)
Des einen Not ist des anderen Brot“, besagt eine Volksweisheit. Jede Krise hat ihre Profiteure. Das gilt auch für den Ukraine-Krieg und seine wirtschaftlichen Folgen. Dank Putin machen sich die großen Rohstoffkonzerne seit Anfang des Jahres die Taschen voll. Ganz vorne mit dabei sind die großen Energiekonzerne wie Shell, TotalEnergies, BP oder ExxonMobil. Im zweiten Quartal dieses Jahres erzielten laut Bloomberg 15 der weltweit größten Öl- und Gasunternehmen einen Rekordgewinn von 77 Milliarden US-Dollar, fast drei Mal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Für das gesamte erste Halbjahr 2022 stiegen ihre Gewinne auf 94 Milliarden und die Unternehmen konnten 30 Milliarden an Dividenden und Aktienrückkäufen ausschütten.
Die Ölkonzerne sind nicht die einzigen, die derzeit richtig viel Geld machen. Auch die Dax-Konzerne in Deutschland und die CAC40-Größen in Frankreich haben trotz aller Krisen in den vergangenen Monaten auffällig viel Gewinn gemacht – und dabei neue Rekorde eingefahren. In den USA stehen viele Lebensmittelunternehmen im Verdacht, beim Preiserhöhen zu übertreiben. Nach Berechnungen des Economic Policy Institutes etwa ist mehr als die Hälfte des Anstiegs der Preise in den USA auf eine Ausweitung der Profite in den Unternehmen zurückzuführen. In anderen Worten: Hätten die Firmen ihre Gewinne nicht erhöht, wäre die Inflation nicht einmal halb so hoch ausgefallen.
In Frankreich prangert Michel-Edouard Leclerc, Chef der gleichnamigen Supermärkte, die Preiserhöhungen aufgrund von Spekulation an, etwa beim Kakao oder beim Kaffee. So behauptet der Unternehmer, dass die von den Lebensmittelherstellern geforderten Preiserhöhungen zum Teil „verdächtig“sind. Natürlich kann man nicht leugnen, dass Kosten für Rohstoffe, wie Stahl oder Kraftstoffe, aufgrund des Krieges in der Ukraine stark gestiegen sind.
Klar ist auch: Wenn ein Produkt knapp wird, steigt sein Preis automatisch. Aber Michel-Edouard Leclerc hat sicherlich auch recht, wenn er behauptet, dass es in dieser Krise auch Unternehmen gibt, die ihre Gewinnspannen erhöhen, indem sie ihre Preise etwas stärker anheben, als sie sollten, vor allem Unternehmen, die eine dominante Position, also ein Marktmonopol haben, etwa im Transportwesen oder beim Getreide. Auch wenn dies vielleicht nur ein Teil der Gesamtwahrheit zur Erklärung der Inflation ist, so macht das die Suche nach einer Lösung des Problems nicht einfacher.
Aber: Was wäre die Lösung? Eine Sondersteuer auf Übergewinne? In Italien, Großbritannien, Spanien und Ungarn wurden die Ölgesellschaften bereits zur Kasse gebeten, in Frankreich bietet TotalEnergies bis November einen Rabatt auf den Benzinpreis an. Das ist ein positiver Ansatz, auch wenn ein Konsens auf EU-Ebene zum Scheitern verurteilt ist, ganz zu schweigen auf internationalem Niveau. Mehr Transparenz bei den Preiserhöhungen? Das zumindest wünschen sich viele Verbraucher, auch hierzulande, vor allem auch in Hinsicht auf die Preissteigerungen bei Gas und Strom, die spätestens im Herbst zu erwarten sind.
Mehr Transparenz bei Preiserhöhungen.