Ein Grund, entdeckt zu werden
Die Hauptstadt hat viele vergessene und verborgene Fußwege zu bieten – eine Sommerserie
Luxemburg. Zahlreiche Pfade und Wege verbinden das Tal der Alzette und der Petruss mit den höher gelegenen Stadtteilen. Manche davon sind wohlbekannt und werden auch gut genutzt, andere hingegen sind eher Geheimtipps. Im Stadtgrund gibt es viele Möglichkeiten, auf kürzestem Weg den Höhenunterschied zu überbrücken. Den Aufzug hinauf zum HeiligGeist-Plateau wollen wir hier aber nicht berücksichtigen, und das, um das Wortspiel aufzugreifen, aus gutem Grund.
Zwischen „Stierchen“
und „Maierchen“Unterhalb der Schlossbrücke ist der Startpunkt des wohl bekanntesten Weges. Er führt am Bockfelsen entlang zur kleinen Steinbrücke, dem „Stierchen“. Auf der anderen Seite der Alzette steigt er als Teil des „Vauban-Rundweges“wieder durch die Befestigungstürme hoch bis zur „Rumm“.
Weniger Andrang genießt ein Pfad, der auf Höhe des „Tutesall“in ein Waldstück abbiegt und flussabwärts entlang der Alzette verläuft. Kurz danach zweigt er nach oben ab, um in die Rue de la Tour Jacob zu münden, gleich neben der Bushaltestelle „Rumm“. Ein kleines Stück Paradies bietet sich dem Entdecker in der Rue Sosthène Weis unterhalb der Corniche. Zwischen zwei Steinsäulen führen einige Stufen nach unten in den sogenannten Klostergarten. Wer den Abstecher in die grüne Oase nicht in Betracht zieht, kann die Steintreppe bis zur Alzette weiterlaufen und kommt gleich neben das Wohnhaus, das an der Stelle der ehemaligen Handschuhfabrik steht.
Eine regelrechte Kreuzung an Fußwegen stellt die Mündung der Petruss in die Alzette dar. Auf einem Teil der alten Festungsmauer, dem sogenannten „Maierchen“, überquert man die Alzette parallel zur „Biisserbréck“, um dann die Stufen hoch zum Rhamplateau zu steigen.
Der anschließende Weg bietet eine beeindruckende Sicht auf die Altstadtsilhouette. Links des Weges steht das alte Brunnenmeisterhaus, das Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde, als erste Trinkwasserinfrastrukturen in der Hauptstadt in Betrieb gingen. Im Volksmund wird es „Arche Noah“genannt, weil es ähnlich wie sein biblisches Pendant so aussieht, wie wenn es oben auf dem Felsvorsprung gestrandet wäre.
Unweit der Mündung der Petruss sieht es so aus, als wenn gleich zwei Wege nach oben in Richtung Verlorenkost steigen. Allerdings endet einer davon in einer Sackgasse, ohne dass dies jedoch ausgeschildert ist, und so muss der Wanderer nach einigen Kurven unverrichteter Dinge wieder umkehren.
Nur der Weg gleich neben dem italienischen Restaurant an der Gabelung der Montée de la Pétrusse und des Berlinerwee führt bis zum Boulevard d’Avranches und bietet unterwegs auf einer Plattform neben einem sechseckigen spanischen Türmchen eine prächtige Aussicht auf die Täler und die Stadt. Für Geschichtspuristen sei hinzugefügt, dass der sechseckige Grundriss das Türmchen de facto als preußisches Türmchen entlarvt. Die Beschilderung der Wege lässt wie an so manchen anderen Stellen zu wünschen übrig und hinterlässt den Eindruck, dass sie nur den eingeweihten Einheimischen vorbehalten sind. Der „Berlinerwee“trägt offiziell übrigens den Namen einer anderen europäischen Hauptstadt, denn er heißt Rue de Prague.
Derzeit ist am Unterlauf der Petruss etwas mehr los. Das ganze Tal ist eine große Baustelle. Hier werden die Vorbereitungen getroffen, damit die Renaturierung rechtzeitig zur Luga 2025 abgeschlossen ist. Das Kürzel „Luga“steht für die erste Luxemburger Gartenschau und setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von „Luxembourg Urban Garden“zusammen, also dem Luxemburger Stadtgarten.
Gegenüber vom Skatepark startete eine Abkürzung in Richtung Bahnhofsviertel, die etwas mehr Atem erforderte. Der Weg zog hinauf zur Rue de Prague unter der „Al Bréck“hindurch, um dann die Montée de la Pétrusse zu überqueren und oben in den Boulevard d’Avranches zu münden. Heute ist nur der obere Teil begehbar. Vom Tal aus ist er im unteren Teil nur bis zu einer Plattform zu begehen, von wo aus man die darunterliegende Baustelle ungestört überblicken kann. Der Teil bis zum „Berlinerwee“ist seit Längerem gesperrt und bereits von Pflanzen überwuchert.
Unter der Passerelle zu den Rondellen
Ein weiterer Weg, der ins Tal der Petruss führt, hat einen Zugang, den wohl nur einige Eingeweihte kennen oder durch Zufall entdecken. Dabei gelangt man jedoch an Stellen, die es sich absolut lohnen zu entdecken. Gleich links neben der britischen Botschaft führt eine funkelnagelneue Treppe parallel zur Passerelle nach unten. Auf halber Höhe teilt sie sich in mehrere Wege.
In Richtung Pont Adolphe geht es hinunter ins Petrusstal. In die andere Richtung führt der Weg unter dem Viadukt hindurch, umgeht die Heilig-Geist-Bastion und mündet „Op de Rondellen“in einem Rosengarten. Entlang der Brüstung kann man sich an den verschiedensten Rosensorten ergötzen. Daneben hat man die Gelegenheit, sich abseits vom geschäftigen Treiben der Stadt auszuruhen und die postkartenreife Sicht auf das Tal und die gegenüberliegende „Skyline“zu genießen.
Die Topographie der Stadt Luxemburg mit ihren Tälern und den Plateaus bietet eine einmalige Gelegenheit, zwischen den verschiedenen Vierteln teils versteckte Verbindungswege zu entdecken. Alle bisherigen Beiträge der fünfteiligen Serie finden Sie online im Dossier „Verschlungene Wege in der Hauptstadt“. Um direkt zum Dossier zu gelangen, nutzen Sie die QR-CodeLesefunktion Ihres Smartphones.