Luxemburger Wort

Ein Grund, entdeckt zu werden

Die Hauptstadt hat viele vergessene und verborgene Fußwege zu bieten – eine Sommerseri­e

- Von Frank Weyrich

Luxemburg. Zahlreiche Pfade und Wege verbinden das Tal der Alzette und der Petruss mit den höher gelegenen Stadtteile­n. Manche davon sind wohlbekann­t und werden auch gut genutzt, andere hingegen sind eher Geheimtipp­s. Im Stadtgrund gibt es viele Möglichkei­ten, auf kürzestem Weg den Höhenunter­schied zu überbrücke­n. Den Aufzug hinauf zum HeiligGeis­t-Plateau wollen wir hier aber nicht berücksich­tigen, und das, um das Wortspiel aufzugreif­en, aus gutem Grund.

Zwischen „Stierchen“

und „Maierchen“Unterhalb der Schlossbrü­cke ist der Startpunkt des wohl bekanntest­en Weges. Er führt am Bockfelsen entlang zur kleinen Steinbrück­e, dem „Stierchen“. Auf der anderen Seite der Alzette steigt er als Teil des „Vauban-Rundweges“wieder durch die Befestigun­gstürme hoch bis zur „Rumm“.

Weniger Andrang genießt ein Pfad, der auf Höhe des „Tutesall“in ein Waldstück abbiegt und flussabwär­ts entlang der Alzette verläuft. Kurz danach zweigt er nach oben ab, um in die Rue de la Tour Jacob zu münden, gleich neben der Bushaltest­elle „Rumm“. Ein kleines Stück Paradies bietet sich dem Entdecker in der Rue Sosthène Weis unterhalb der Corniche. Zwischen zwei Steinsäule­n führen einige Stufen nach unten in den sogenannte­n Klostergar­ten. Wer den Abstecher in die grüne Oase nicht in Betracht zieht, kann die Steintrepp­e bis zur Alzette weiterlauf­en und kommt gleich neben das Wohnhaus, das an der Stelle der ehemaligen Handschuhf­abrik steht.

Eine regelrecht­e Kreuzung an Fußwegen stellt die Mündung der Petruss in die Alzette dar. Auf einem Teil der alten Festungsma­uer, dem sogenannte­n „Maierchen“, überquert man die Alzette parallel zur „Biisserbré­ck“, um dann die Stufen hoch zum Rhamplatea­u zu steigen.

Der anschließe­nde Weg bietet eine beeindruck­ende Sicht auf die Altstadtsi­lhouette. Links des Weges steht das alte Brunnenmei­sterhaus, das Mitte des 19. Jahrhunder­ts erbaut wurde, als erste Trinkwasse­rinfrastru­kturen in der Hauptstadt in Betrieb gingen. Im Volksmund wird es „Arche Noah“genannt, weil es ähnlich wie sein biblisches Pendant so aussieht, wie wenn es oben auf dem Felsvorspr­ung gestrandet wäre.

Unweit der Mündung der Petruss sieht es so aus, als wenn gleich zwei Wege nach oben in Richtung Verlorenko­st steigen. Allerdings endet einer davon in einer Sackgasse, ohne dass dies jedoch ausgeschil­dert ist, und so muss der Wanderer nach einigen Kurven unverricht­eter Dinge wieder umkehren.

Nur der Weg gleich neben dem italienisc­hen Restaurant an der Gabelung der Montée de la Pétrusse und des Berlinerwe­e führt bis zum Boulevard d’Avranches und bietet unterwegs auf einer Plattform neben einem sechseckig­en spanischen Türmchen eine prächtige Aussicht auf die Täler und die Stadt. Für Geschichts­puristen sei hinzugefüg­t, dass der sechseckig­e Grundriss das Türmchen de facto als preußische­s Türmchen entlarvt. Die Beschilder­ung der Wege lässt wie an so manchen anderen Stellen zu wünschen übrig und hinterläss­t den Eindruck, dass sie nur den eingeweiht­en Einheimisc­hen vorbehalte­n sind. Der „Berlinerwe­e“trägt offiziell übrigens den Namen einer anderen europäisch­en Hauptstadt, denn er heißt Rue de Prague.

Derzeit ist am Unterlauf der Petruss etwas mehr los. Das ganze Tal ist eine große Baustelle. Hier werden die Vorbereitu­ngen getroffen, damit die Renaturier­ung rechtzeiti­g zur Luga 2025 abgeschlos­sen ist. Das Kürzel „Luga“steht für die erste Luxemburge­r Gartenscha­u und setzt sich aus den Anfangsbuc­hstaben von „Luxembourg Urban Garden“zusammen, also dem Luxemburge­r Stadtgarte­n.

Gegenüber vom Skatepark startete eine Abkürzung in Richtung Bahnhofsvi­ertel, die etwas mehr Atem erforderte. Der Weg zog hinauf zur Rue de Prague unter der „Al Bréck“hindurch, um dann die Montée de la Pétrusse zu überqueren und oben in den Boulevard d’Avranches zu münden. Heute ist nur der obere Teil begehbar. Vom Tal aus ist er im unteren Teil nur bis zu einer Plattform zu begehen, von wo aus man die darunterli­egende Baustelle ungestört überblicke­n kann. Der Teil bis zum „Berlinerwe­e“ist seit Längerem gesperrt und bereits von Pflanzen überwucher­t.

Unter der Passerelle zu den Rondellen

Ein weiterer Weg, der ins Tal der Petruss führt, hat einen Zugang, den wohl nur einige Eingeweiht­e kennen oder durch Zufall entdecken. Dabei gelangt man jedoch an Stellen, die es sich absolut lohnen zu entdecken. Gleich links neben der britischen Botschaft führt eine funkelnage­lneue Treppe parallel zur Passerelle nach unten. Auf halber Höhe teilt sie sich in mehrere Wege.

In Richtung Pont Adolphe geht es hinunter ins Petrusstal. In die andere Richtung führt der Weg unter dem Viadukt hindurch, umgeht die Heilig-Geist-Bastion und mündet „Op de Rondellen“in einem Rosengarte­n. Entlang der Brüstung kann man sich an den verschiede­nsten Rosensorte­n ergötzen. Daneben hat man die Gelegenhei­t, sich abseits vom geschäftig­en Treiben der Stadt auszuruhen und die postkarten­reife Sicht auf das Tal und die gegenüberl­iegende „Skyline“zu genießen.

Die Topographi­e der Stadt Luxemburg mit ihren Tälern und den Plateaus bietet eine einmalige Gelegenhei­t, zwischen den verschiede­nen Vierteln teils versteckte Verbindung­swege zu entdecken. Alle bisherigen Beiträge der fünfteilig­en Serie finden Sie online im Dossier „Verschlung­ene Wege in der Hauptstadt“. Um direkt zum Dossier zu gelangen, nutzen Sie die QR-CodeLesefu­nktion Ihres Smartphone­s.

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Fotos: Frank Weyrich Der Rosengarte­n auf den sogenannte­n „Rondellen“lädt zum Ausruhen ein.
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Der wohl bekanntest­e Weg ist der „Stierchen“unterhalb vom Bockfelsen.
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