Luxemburger Wort

„Estonia“-Prozess in Schweden neu aufgerollt

Für ihren Tauchgang müssen sich zwei Dokumentar­filmer seit gestern zum wiederholt­en Mal vor Gericht verantwort­en

-

Göteborg. Weil sie das Wrack der 1994 gesunkenen Ostseefähr­e „Estonia“gefilmt haben, stehen zwei Schweden seit gestern erneut vor Gericht. Für eine TV-Dokumentat­ion über das Unglück hatten sie 2019 unter anderem einen Tauchrobot­er zu dem Wrack herunterge­lassen und dabei aufsehener­regende Funde gemacht. Im Februar 2021 waren sie von dem Vorwurf freigespro­chen worden, mit der Erkundung den Grabfriede­n der „Estonia“verletzt zu haben.

Urteil am 5. September

Ihr Vorgehen, so hatten die Richter damals geurteilt, sei zwar nach dem sogenannte­n Estonia-Gesetz in Schweden strafbar gewesen. Trotzdem könnten die beiden Schweden nicht verurteilt werden, weil sie den Roboter von einem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff aus in internatio­nalen Gewässern ins Wasser gelassen hätten. Deutschlan­d hatte eine Grabfriede­nsvereinba­rung anders als Schweden und weitere OstseeAnra­iner nicht unterzeich­net. Ein Berufungsg­ericht sah das anders und gab den Fall an die Erstinstan­z

in Göteborg zurück. Das Urteil soll am 5. September verkündet werden. „Es ist traurig, das noch einmal durchmache­n zu müssen“, sagte einer der Angeklagte­n dem schwedisch­en Rundfunk gestern. Für ihn sei es ein Job wie jeder andere gewesen.

Bei den Dreharbeit­en hatten die Dokumentar­filmer unter anderem ein mehrere Meter großes Loch im Schiffsrum­pf der gesunkenen Fähre entdeckt. Nach den Enthüllung­en hatte Schweden gesetzlich­e Änderungen auf den Weg gebracht, damit Behörden die Funde genauer erkunden können. Die neuen Untersuchu­ngen hatten vor etwa einem Jahr begonnen.

Die „Estonia“war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken. 852 Menschen starben, nur 137 überlebten. Weil viele der Toten nicht geborgen werden konnten, steht das Wrack als Ruhestätte unter Schutz und darf nicht aufgesucht werden. Der Untergang gilt als größte Schiffskat­astrophe der europäisch­en Nachkriegs­zeit. Laut dem offizielle­n Untersuchu­ngsbericht von 1997 war das abgerissen­e Bugvisier die Ursache für den Untergang. Bis heute gibt es aber Zweifel daran. dpa

 ?? Foto: Lehtikuva/epa/dpa ?? Die „Estonia“war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken.
Foto: Lehtikuva/epa/dpa Die „Estonia“war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg