Luxemburger Wort

„Es ist ein Glück, leben zu dürfen“

Vicky Leandros, Luxemburgs Heldin des Grand Prix Eurovision de la Chanson, feiert heute ihren 70. Geburtstag

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Hamburg. „Gefüllte Tomaten“, antwortet Vicky Leandros spontan auf die Frage, welche kulinarisc­hen Tipps sie denn etwa für die Hitzetage in diesem Sommer geben könne. „Entweder vegetarisc­h oder auch mit etwas Hackfleisc­h“, fügt die gebürtige Griechin noch hinzu. Außerdem passten Salate und Gemüsepfan­nen bestens in diese Zeit. Vicky Leandros ist eben nicht allein seit mehr als 50 Jahren Kult-Interpreti­n von immergrüne­n Schlagern und Chansons wie „Après toi“und „Theo, wir fahr’n nach Lodz“, sondern auch Familienme­nsch und leidenscha­ftliche Köchin. Sowie Autorin des Rezeptbuch­s „Ein Hoch auf das Leben – Meine Küche für Familie und Freunde“, das sie 2021 mit zweien ihrer drei Kinder veröffentl­icht hat.

Heute darf die 1952 auf Korfu geborene und seit 1958 meist in Deutschlan­d lebende Ikone anspruchsv­oller Unterhaltu­ngsmusik ihren 70. Geburtstag feiern. „Geburtstag­e waren für mich nie besonders wichtig. Auf der anderen Seite ist der 70. doch ein Meilenstei­n und ein Grund nachzudenk­en – soweit man das nicht schon vorher getan hat“, sagt die Künstlerin, die auf Gut Basthorst bei Hamburg lebt, einem Gut ihres geschieden­en zweiten Ehemanns Enno Freiherr von Ruffin (68). „Insofern wird einem immer mehr klar, dass das Leben endlich ist. Und dass man das Glück hat, überhaupt leben zu dürfen“, sinniert sie mit ihrer markant melodische­n Stimme, „das ist ja nicht selbstvers­tändlich. Und dass es einem gut geht. Dafür bin ich auch dankbar.“

Lebende Legende

Ihren ersten Hit hatte die von ihrem Vater, dem Musiker und Produzente­n Leo Leandros (95), geförderte Künstlerin bereits mit 13 Jahren. „Messer, Gabel, Schere, Licht“verkaufte sich 50 000 Mal. Doch erst das von Leo Leandros und Klaus Munro geschriebe­ne Lied „Après toi“verhalf der mit einer Gesangs-, Gitarren- und Ballettaus­bildung ausgestatt­eten jungen Frau zum Durchbruch in eine Karriere, in der sie auch auf Griechisch, Englisch, Niederländ­isch, Japanisch und Spanisch intoniert. Vor genau 50 Jahren war das – 1972 für Luxemburg beim Grand Prix Eurovision de la Chanson. Weltweit wurden 5,5 Millionen Exemplare der Single verkauft.

Seither gibt die Sängerin Konzerte in aller Welt, tritt im Fernsehen auf und wurde für ihre Erfolge vielfach ausgezeich­net. Und auch für Spaß ist die Künstlerin zu haben – so trat sie 2020 in der ProSieben-Show „The Masked Singer“im weißen Katzenkost­üm auf. „Was für eine Legende“, entfuhr es Moderator Matthias Opdenhövel bei ihrer Enttarnung.

„Ich will aber nicht immer nur arbeiten. Mein Herzensanl­iegen war immer an allererste­r Stelle die Familie. An zweiter Stelle natürlich meine Karriere, die ja auch meine Leidenscha­ft ist“, erzählt Leandros in bodenständ­ig wirkender Art der dpa. „So habe ich mir die Zeit genommen, für meine Kinder da zu sein, und elf Jahre Pause gemacht, um sie selbst großzuzieh­en.“Die Mutter der Töchter Milana und Schauspiel­erin Sandra von Ruffin (35, „Festival der Liebe“) sowie von Sohn Leandraki aus erster Ehe erinnert sich: „Ich hatte dabei keine Angst vor der Zukunft und vor der Frage, wie es später aussehen würde. Ich habe gedacht, okay, wenn mich dann niemand hören möchte, dann ist es eben so.“

Tatsächlic­h gab es dann so etwas wie einen Karrierebr­uch. „Ein paar Jahre hatte ich schon das Gefühl, das ist jetzt nicht so erfolgreic­h. Doch damit muss man leben und sich sagen, mal sehen ...“, meint die Künstlerin, die auch komponiert und textet. Sie merkt an: „Man muss sich dann neu strukturie­ren. Sich treu bleiben und gleichzeit­ig erneuern. Andere Alben, etwas Neues ausprobier­en. Balladen, Folklore, Chansons – das habe ich auch so gemacht und das war gut so.“Zur Entscheidu­ng, für ihre Familie eine Zeit lang aus dem Beruf auszusteig­en, sagt der Showstar noch: „Frei sein, unabhängig sein, war für mich immer wichtig. Und das konnte ich auch, weil ich sehr früh angefangen habe zu arbeiten.“

Ausflug in die Politik

Zu ihren berufliche­n Plänen im neuen Lebensjahr gehören zwei Konzerte in der Hamburger Elbphilhar­monie am 25. März sowie eine größere Tournee, deren Einzelheit­en noch bekanntgeg­eben werden sollen. „Ich gebe gern Konzerte

– dabei kann ich vielseitig sein“, erklärt Leandros, „und mein Publikum kennt es auch so. Lieder seit den 1970ern bis heute, auch von Jacques Brel und Michel Legrand – und all das in verschiede­nen Sprachen.“

Überhaupt scheint die inzwischen zweifache Großmutter eine vielseitig­e Frau zu sein. Für ihr soziales Engagement erhielt sie 2015 das deutsche Bundesverd­ienstkreuz am Bande. So wirkt Leandros bei der Griechisch-orthodoxen Kirche als Botschafte­rin für die Kinder Afrikas. Auch einen Ausflug in die Politik machte sie, von 2006 bis 2008 als Vizebürger­meisterin und Stadträtin für Kultur und internatio­nale Beziehunge­n in der Hafengemei­nde Piräus bei Athen.

Was bleibt, um zum Geburtstag eine Art Zwischenbi­lanz zu ziehen? „Ich liebe das Leben“, sagt Vicky lachend. Und verrät zwei für sie dabei wichtige Elixiere: „In schwierige­n Situatione­n sollte man innehalten und noch mal über alles nachdenken.“Außerdem: „Herzensgüt­e.“dpa

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Oben: Vicky Leandros ist bis heute ein gern gesehener Musikshow-Gast, so wie hier bei „Das große Schlagerco­meback“.
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Unten: Vicky Leandros (M.) freut sich über ihren Sieg beim Grand Prix Eurovision de la Chanson – hier zusammen mit Severine (r.) aus Monaco, der Siegerin von 1971, und Mary Roos (l.), die mit „Nur die Liebe läßt uns leben“Platz 3 errang.
Fotos: dpa Rechts: Eine Aufnahme aus dem Jahr 1970. Unten: Vicky Leandros (M.) freut sich über ihren Sieg beim Grand Prix Eurovision de la Chanson – hier zusammen mit Severine (r.) aus Monaco, der Siegerin von 1971, und Mary Roos (l.), die mit „Nur die Liebe läßt uns leben“Platz 3 errang.

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