Fußball als Ablenkung
Ukrainische Fußball-Liga nimmt den Spielbetrieb wieder auf
Bei Metalist hieß es: „Kharkiv. Die Ukraine wird gewinnen.“Außerdem waren bei Metalist auf den Trikots Embleme der Armee aufgedruckt anstelle der üblichen Sponsorenlogos. Kurz vor dem Anpfiff des ersten Spiels im Olympijskyj-Stadion von Kiew gedachten beide Teams dann noch mit einer Gedenkminute den Kriegsopfern. Dann durfte ein versehrter Kriegsveteran den symbolischen Anstoß ausführen. Von den Rängen gab es keinen Jubel, alle Spiele finden aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres ohne Zuschauer statt – emotional war es trotzdem.
Spielabbruch bei Fliegeralarm
Auch für die Profis gelten strenge Sicherheitsregeln: Bei einem Luftalarm wird das Spiel unverzüglich abgebrochen, alle Beteiligten haben sich dann in die Schutzkeller zu begeben, die sich laut Konzept in unmittelbarer Nähe des Stadions befinden müssen. Sollte ein Wiederanpfiff der Partie nicht möglich sein, geht das Resultat zum Zeitpunkt des Alarms in die Wertung ein.
Der Ligastart sei eine „Demonstration der Furchtlosigkeit unseres Volkes, des unbrechbaren Geistes und des Strebens der Ukraine nach dem unvermeidlichen Sieg im Krieg um die Unabhängigkeit mit dem russischen Besatzer“, wurde Präsident Andriy Pavelko auf der Internetseite des ukrainischen Fußballverbandes UAF zitiert.
Ukraine-Präsident Volodymyr Zelensky soll sich höchstpersönlich für die Wiederaufnahme der Meisterschaft starkgemacht haben. „Ich habe mit Zelensky darüber gesprochen, dass es wichtig ist, die Menschen mit Fußball abzulenken“, sagte Pavelko.
Die Premjer-Liha geht ohne die beiden Teams Desna Chernihiv und Mariupol, deren Infrastruktur durch den Krieg massiv zerstört wurde, an den Start. Die meisten Spiele sollen in Kiew und in westukrainischen Städten ausgetragen werden. Ein Ausweichen ins Ausland wäre das falsche Zeichen und „künstlich“gewesen, meinte Pavelko, der von einer „historischen Meisterschaft“sprach.
Vor Kriegsbeginn spielten mit den Brüdern Vincent und Olivier Thill (damals beide Vorskla Poltava) und Enes Mahmutovic (damals PFK Lviv) drei luxemburgische Nationalspieler in der ersten ukrainischen Liga. Gerson Rodrigues gehörte Dynamo Kiew war aber nach Troyes ausgeliehen. Eine Sonderregelung der FIFA ermöglichte es ausländischen Fußballern, ihre Arbeitsverträge bei ukrainischen Vereinen vorübergehend und ohne Strafe auszusetzen. Eingeführt wurde sie Mitte März, im Juni wurde sie bis zum Ende der Saison 2022/2023 verlängert.
Vincent Thill wechselte daraufhin zuerst auf Leihbasis nach Schweden zum Zweitligisten Örebro SK und läuft aktuell nach einer weiteren Leihe für AIK Solna, in der höchsten schwedischen Spielklasse auf. Sein älterer Bruder Olivier wurde mittlerweile von Eyüpspor fest verpflichtet und verdient in der zweiten türkischen Liga sein Geld. Dort spielte er zunächst noch mit Rodrigues zusammen, ehe dieser weiter nach Saudi-Arabien zum Al-Wehda FC verliehen wurde. Abwehrspieler Mahmutovic hat ebenfalls einen neuen Verein gefunden und verstärkt derweil die Defensive von CSKA Sofia in Bulgarien. dpa/sid/ak