Wenn die Airline nicht zahlen will
Wird ein Flug storniert, tut sich manche Fluggesellschaft schwer mit den Rückzahlungen
Nach Pandemie-Lockdowns und „Hausarrest“endlich wieder in Urlaub. Bald ist es soweit: ein schönes Hotel, Strand, Meer. Doch zwei Tage vor dem Start dann die SMS: Die Fluggesellschaft teilt mit, dass die Abflugzeit von 10 auf 18 Uhr geändert wurde, und der Rückflug statt um 17 Uhr bereits morgens um 6 früh stattfindet. Toll.
Manche Kunden akzeptieren es, zähneknirschend. Andere stornieren ihre Buchung und suchen Flüge mit passenden Reisezeiten. Im genannten Fall mit einer irischen Billigfluglinie kann der Fluggast ein Online-Formular zur Rückerstattung der Ticketpreise ausfüllen. Und dann? ... Kann es sein, dass der potenzielle Passagier nichts mehr von der Fluggesellschaft hört: Eine Rückerstattung des Geldes kommt genauso wenig wie irgendeine Mitteilung.
Auch Luxair sorgte 2020 und 2021 für Unmut bei Kunden, als die Airline wegen Corona Flüge stornierte und dann – so beschwerten sich einige Passagiere – nicht den Flugpreis erstatten, sondern ihnen lediglich einen Gutschein für die nächste Reise geben würde. Gültig für ein Jahr. Auf Nachfrage dazu erklärt die luxemburgische Passagierfluggesellschaft: „Alle Luxair-Kunden, deren Flüge ausfallen, können zwischen einem Voucher mit einem Bonus von zehn Prozent oder einer Rückerstattung wählen, sofern sie bei Luxair direkt gebucht haben.“
Das geht auch aus den E-Mails an Kunden der Luxair hervor, deren Flüge storniert wurden („Klicken Sie hier, um den Voucher +10% Bonus anzufordern“, „Klicken Sie hier, um sich Ihre Tickets erstatten zu lassen“). Allerdings monieren wiederum Kunden, der Link für Rückerstattung habe nicht funktioniert.
Luxair-Chef Gilles Feith weist darauf hin, dass man nur einmal wählen könne, und meist der Gutschein akzeptiert würde. „Wenn man einen Gutschein akzeptiert, kann man allerdings später nicht doch eine Rückerstattung verlangen“, räumt Feith ein. Und wer nicht direkt bei Luxair buchte, sondern über einen Reiseveranstalter, muss dort die Rückerstattung geltend machen.
„Wir wollen gewiss kein Geld unrechtmäßig behalten“, so Feith, „sondern als kleine Airline unsere Kunden.“
Weiter zahlreiche Flugabsagen
Mit dem Ende der Lockdowns ist das Thema Rückerstattungen nicht vom Tisch, denn allein an den größten Flughäfen in Europa wurden nur in den Monaten April bis Juli, als die diesjährige Reisezeit also gerade in Schwung kam, zehntausende Flüge gestrichen. Diesmal liegt es vor allem daran, dass an den Flughäfen Bodenpersonal fehlt.
Hat man aber bei einer Airline einen Flug gebucht, den man auch gleich bezahlen muss, ist ein Vertrag zustande gekommen, in welchem sich die Fluggesellschaft zum Transport des Fluggastes verpflichtet. Das kann nicht einfach von einer Vertragspartei geändert werden, erklären Verbraucherschützer. Und was ist mit der Rückzahlung des vorausbezahlten Geldes?
„Tatsächlich ist es so“, sagt Kevin Wiseler, Jurist beim Europäischen Verbraucherschutzzentrum CEC Luxembourg, „dass manche Airlines sich sehr schwertun mit Rückerstattungen“. Konkret heißt das: Diese Fluggesellschaften leisten keine Zahlung innerhalb von sieben Tagen, so wie es die Fluggastrechteverordnung eigentlich verlangt. Und bezahlt wird vielfach dann auch nur, wenn der Fluggast sich „aktiv darum kümmert“– womit mehr gemeint ist, als ein Rückerstattung-Formular auszufüllen in der Erwartung, alles gehe dann seinen rechtlichen Gang.
Wie mühsam es mitunter sein kann, sein Geld von diversen Fluglinien zurückzubekommen, sieht man an den zahlreichen Fluggastportalen
im Internet, die für Kunden eine Rückerstattung bewirken wollen. Auch das CEC Luxembourg erhält eigenen Angaben nach immer mehr Ersuchen um Hilfe. Dabei stellen die Verbraucherschützer fest, dass es mehr Beschwerden über gewisse Fluggesellschaften gibt als über andere, die offensichtlich kundenfreundlicher reagieren.
Staatliche Hilfe
Aus Mitteilungen verschiedener Verbraucherschutzorganisationen geht hervor, dass es vor allem die sogenannten „Billigairlines“sind, die nicht in der vorgeschriebenen Zeit zurückzahlen. 2020 monierte die britische Verbraucherschutzorganisation Which!, dass gerade einmal fünf Prozent der RyanairKunden innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen sieben Tage nach Stornierung des Fluges ihr Geld zurückbekommen hatten.
Im Luxemburger Verbraucherschutzministerium, die „Nationale Durchsetzungsbehörde“, die für die Einhaltung der Fluggastrechte zuständig ist, angesiedelt. An sie wendet sich ein Kunde, wenn er von seiner Airline auch nach zwei Monaten kein Geld von seiner Airline bekam.
Eher lange müssen demnach Passagiere von Volotea, Easyjet oder Ryanair auf ihr Geld warten, während Fälle mit Lufthansa beispielsweise schnell abgeschlossen werden konnten. In den Jahren 20202022 konnten laut Ministerium nur 14 Prozent der Fälle in Luxemburg, in denen sich Passagiere und Fluggesellschaft nicht einig waren, in dem gesetzten Zeitrahmen von drei Monaten abgeschlossen werden. Der Durchschnittswert lag bei 170 Tagen.
Erstattung oder Ausgleichszahlung Die Fälle können durchaus komplex sein. Neben der Rückerstattung des Flugpreises hat ein Passagier auch Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (Entschädigung). Denn in der EU-Fluggastrechteverordnung ist klar geregelt, dass nicht nur bei der Streichung von Flügen, sondern auch bei Verspätung und Verschiebung der Flugzeiten den Passagieren Ausgleichszahlungen zu zahlen sind. Abhängig von der Fluglänge liegt sie bei 250 bis 600 Euro.
Dabei ist entscheidend, wann der Reisende über Änderungen informiert wurde. Waren es mehr als 14 Tage vor dem geplanten Abreisetag, besteht kein Anspruch auf eine Entschädigung. Auch nicht, wenn den Reisenden eine anderweitige Beförderung angeboten wird, die es ihnen ermöglicht, frühestens zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufahren und ihr Endziel weniger als vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Da Flugzeiten einzuhalten zu den Hauptpflichten des Luftbeförderungsvertrags gehört, sind einseitige Änderungen nur möglich, wenn sie für den Fluggast zumutbar sind. Die Airline muss also triftige Änderungsgründe konkret benennen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Klauseln im Vertrag reichen nicht. Im Mai erst haben das Handelsgericht und das Oberlandesgericht in Wien gerügt, dass die Geltendmachung von Ansprüchen für Passagiere von Ryanair unverhältnismäßig aufwendig sei und zudem 32 Klauseln in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Billigfluglinie unzulässig seien.
Doch einen Rechtsanwalt einzuschalten und zu klagen, davor schrecken viele zurück. Sich also nicht so genau an die EU-Verordnung zu halten, lässt bei so mancher Airline die Kasse klingeln.
Dass Monate im Voraus das Flugticket bezahlt wird und dann im Falle einer Stornierung zuweilen mühsam und langwierig um eine Rückerstattung gerungen werden muss, beschäftigt in Europa inzwischen viele Verbraucherschutzministerien. Das Problem mit Rückzahlungen der Ticketpreise hat solche Ausmaße angenommen, dass sogar die gängige Praxis, Flugtickets im Voraus zu bezahlen, infrage gestellt wird. Müssten Reisende erst beim Einchecken bezahlen, wäre viel Ärger aus der Welt geschafft. Doch die Airlines wehren sich dagegen: Für sie bedeute es Planungssicherheit und erlaube, günstige FrühbucherRabatte einzuräumen. Bis es – falls überhaupt – dazu käme, dass erst beim Einchecken bezahlt wird, würden ohnehin wohl noch einige Sommerurlaube vergehen.