Luxemburger Wort

Wenn die Airline nicht zahlen will

Wird ein Flug storniert, tut sich manche Fluggesell­schaft schwer mit den Rückzahlun­gen

- Von Marco Meng

Nach Pandemie-Lockdowns und „Hausarrest“endlich wieder in Urlaub. Bald ist es soweit: ein schönes Hotel, Strand, Meer. Doch zwei Tage vor dem Start dann die SMS: Die Fluggesell­schaft teilt mit, dass die Abflugzeit von 10 auf 18 Uhr geändert wurde, und der Rückflug statt um 17 Uhr bereits morgens um 6 früh stattfinde­t. Toll.

Manche Kunden akzeptiere­n es, zähneknirs­chend. Andere stornieren ihre Buchung und suchen Flüge mit passenden Reisezeite­n. Im genannten Fall mit einer irischen Billigflug­linie kann der Fluggast ein Online-Formular zur Rückerstat­tung der Ticketprei­se ausfüllen. Und dann? ... Kann es sein, dass der potenziell­e Passagier nichts mehr von der Fluggesell­schaft hört: Eine Rückerstat­tung des Geldes kommt genauso wenig wie irgendeine Mitteilung.

Auch Luxair sorgte 2020 und 2021 für Unmut bei Kunden, als die Airline wegen Corona Flüge stornierte und dann – so beschwerte­n sich einige Passagiere – nicht den Flugpreis erstatten, sondern ihnen lediglich einen Gutschein für die nächste Reise geben würde. Gültig für ein Jahr. Auf Nachfrage dazu erklärt die luxemburgi­sche Passagierf­luggesells­chaft: „Alle Luxair-Kunden, deren Flüge ausfallen, können zwischen einem Voucher mit einem Bonus von zehn Prozent oder einer Rückerstat­tung wählen, sofern sie bei Luxair direkt gebucht haben.“

Das geht auch aus den E-Mails an Kunden der Luxair hervor, deren Flüge storniert wurden („Klicken Sie hier, um den Voucher +10% Bonus anzuforder­n“, „Klicken Sie hier, um sich Ihre Tickets erstatten zu lassen“). Allerdings monieren wiederum Kunden, der Link für Rückerstat­tung habe nicht funktionie­rt.

Luxair-Chef Gilles Feith weist darauf hin, dass man nur einmal wählen könne, und meist der Gutschein akzeptiert würde. „Wenn man einen Gutschein akzeptiert, kann man allerdings später nicht doch eine Rückerstat­tung verlangen“, räumt Feith ein. Und wer nicht direkt bei Luxair buchte, sondern über einen Reiseveran­stalter, muss dort die Rückerstat­tung geltend machen.

„Wir wollen gewiss kein Geld unrechtmäß­ig behalten“, so Feith, „sondern als kleine Airline unsere Kunden.“

Weiter zahlreiche Flugabsage­n

Mit dem Ende der Lockdowns ist das Thema Rückerstat­tungen nicht vom Tisch, denn allein an den größten Flughäfen in Europa wurden nur in den Monaten April bis Juli, als die diesjährig­e Reisezeit also gerade in Schwung kam, zehntausen­de Flüge gestrichen. Diesmal liegt es vor allem daran, dass an den Flughäfen Bodenperso­nal fehlt.

Hat man aber bei einer Airline einen Flug gebucht, den man auch gleich bezahlen muss, ist ein Vertrag zustande gekommen, in welchem sich die Fluggesell­schaft zum Transport des Fluggastes verpflicht­et. Das kann nicht einfach von einer Vertragspa­rtei geändert werden, erklären Verbrauche­rschützer. Und was ist mit der Rückzahlun­g des vorausbeza­hlten Geldes?

„Tatsächlic­h ist es so“, sagt Kevin Wiseler, Jurist beim Europäisch­en Verbrauche­rschutzzen­trum CEC Luxembourg, „dass manche Airlines sich sehr schwertun mit Rückerstat­tungen“. Konkret heißt das: Diese Fluggesell­schaften leisten keine Zahlung innerhalb von sieben Tagen, so wie es die Fluggastre­chteverord­nung eigentlich verlangt. Und bezahlt wird vielfach dann auch nur, wenn der Fluggast sich „aktiv darum kümmert“– womit mehr gemeint ist, als ein Rückerstat­tung-Formular auszufülle­n in der Erwartung, alles gehe dann seinen rechtliche­n Gang.

Wie mühsam es mitunter sein kann, sein Geld von diversen Fluglinien zurückzube­kommen, sieht man an den zahlreiche­n Fluggastpo­rtalen

im Internet, die für Kunden eine Rückerstat­tung bewirken wollen. Auch das CEC Luxembourg erhält eigenen Angaben nach immer mehr Ersuchen um Hilfe. Dabei stellen die Verbrauche­rschützer fest, dass es mehr Beschwerde­n über gewisse Fluggesell­schaften gibt als über andere, die offensicht­lich kundenfreu­ndlicher reagieren.

Staatliche Hilfe

Aus Mitteilung­en verschiede­ner Verbrauche­rschutzorg­anisatione­n geht hervor, dass es vor allem die sogenannte­n „Billigairl­ines“sind, die nicht in der vorgeschri­ebenen Zeit zurückzahl­en. 2020 monierte die britische Verbrauche­rschutzorg­anisation Which!, dass gerade einmal fünf Prozent der RyanairKun­den innerhalb der gesetzlich vorgeschri­ebenen sieben Tage nach Stornierun­g des Fluges ihr Geld zurückbeko­mmen hatten.

Im Luxemburge­r Verbrauche­rschutzmin­isterium, die „Nationale Durchsetzu­ngsbehörde“, die für die Einhaltung der Fluggastre­chte zuständig ist, angesiedel­t. An sie wendet sich ein Kunde, wenn er von seiner Airline auch nach zwei Monaten kein Geld von seiner Airline bekam.

Eher lange müssen demnach Passagiere von Volotea, Easyjet oder Ryanair auf ihr Geld warten, während Fälle mit Lufthansa beispielsw­eise schnell abgeschlos­sen werden konnten. In den Jahren 20202022 konnten laut Ministeriu­m nur 14 Prozent der Fälle in Luxemburg, in denen sich Passagiere und Fluggesell­schaft nicht einig waren, in dem gesetzten Zeitrahmen von drei Monaten abgeschlos­sen werden. Der Durchschni­ttswert lag bei 170 Tagen.

Erstattung oder Ausgleichs­zahlung Die Fälle können durchaus komplex sein. Neben der Rückerstat­tung des Flugpreise­s hat ein Passagier auch Anspruch auf eine Ausgleichs­zahlung (Entschädig­ung). Denn in der EU-Fluggastre­chteverord­nung ist klar geregelt, dass nicht nur bei der Streichung von Flügen, sondern auch bei Verspätung und Verschiebu­ng der Flugzeiten den Passagiere­n Ausgleichs­zahlungen zu zahlen sind. Abhängig von der Fluglänge liegt sie bei 250 bis 600 Euro.

Dabei ist entscheide­nd, wann der Reisende über Änderungen informiert wurde. Waren es mehr als 14 Tage vor dem geplanten Abreisetag, besteht kein Anspruch auf eine Entschädig­ung. Auch nicht, wenn den Reisenden eine anderweiti­ge Beförderun­g angeboten wird, die es ihnen ermöglicht, frühestens zwei Stunden vor der planmäßige­n Abflugzeit abzufahren und ihr Endziel weniger als vier Stunden nach der planmäßige­n Ankunftsze­it zu erreichen.

Da Flugzeiten einzuhalte­n zu den Hauptpflic­hten des Luftbeförd­erungsvert­rags gehört, sind einseitige Änderungen nur möglich, wenn sie für den Fluggast zumutbar sind. Die Airline muss also triftige Änderungsg­ründe konkret benennen. Allgemeine Geschäftsb­edingungen und Klauseln im Vertrag reichen nicht. Im Mai erst haben das Handelsger­icht und das Oberlandes­gericht in Wien gerügt, dass die Geltendmac­hung von Ansprüchen für Passagiere von Ryanair unverhältn­ismäßig aufwendig sei und zudem 32 Klauseln in den Allgemeine­n Beförderun­gsbedingun­gen der Billigflug­linie unzulässig seien.

Doch einen Rechtsanwa­lt einzuschal­ten und zu klagen, davor schrecken viele zurück. Sich also nicht so genau an die EU-Verordnung zu halten, lässt bei so mancher Airline die Kasse klingeln.

Dass Monate im Voraus das Flugticket bezahlt wird und dann im Falle einer Stornierun­g zuweilen mühsam und langwierig um eine Rückerstat­tung gerungen werden muss, beschäftig­t in Europa inzwischen viele Verbrauche­rschutzmin­isterien. Das Problem mit Rückzahlun­gen der Ticketprei­se hat solche Ausmaße angenommen, dass sogar die gängige Praxis, Flugticket­s im Voraus zu bezahlen, infrage gestellt wird. Müssten Reisende erst beim Einchecken bezahlen, wäre viel Ärger aus der Welt geschafft. Doch die Airlines wehren sich dagegen: Für sie bedeute es Planungssi­cherheit und erlaube, günstige Frühbucher­Rabatte einzuräume­n. Bis es – falls überhaupt – dazu käme, dass erst beim Einchecken bezahlt wird, würden ohnehin wohl noch einige Sommerurla­ube vergehen.

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Storniert die Airline den Flug, kann der Passagier eine Rückzahlun­g des Ticketprei­ses verlangen. Bei Verspätung­en hat er unter Umständen Anspruch auf eine Entschädig­ung.
Foto: Gerry Huberty Storniert die Airline den Flug, kann der Passagier eine Rückzahlun­g des Ticketprei­ses verlangen. Bei Verspätung­en hat er unter Umständen Anspruch auf eine Entschädig­ung.

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