Freund, rücke weiter hinauf!
Und er stößt dort auf die bekannte Haltung: ein ganz offensichtliches Gerangel um die Ehrenplätze. Die Pharisäer trugen das wenigstens noch offen und ehrlich und nicht so versteckt aus wie wir. Und so nimmt Jesus das zum Anlass und will ihnen eine Lehre erteilen. Er mischt sich ein und packt sie genau an der für sie empfindlichen Stelle, bei ihrem Ansehen. Wer hat nicht die Peinlichkeit einer Degradierung vor aller Augen schon einmal miterlebt oder gar selbst schmerzlich erfahren?
Jesu häufig wiederkehrendes Wort bewahrheitet sich da offensichtlich: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt“(Lk 14,11). Und Jesus gibt zugleich einen provozierenden Rat: „Wenn du ein Fest ausrichtest, so lade nicht nur deinesgleichen oder gar die Prominenz ein, sondern umgib dich lieber mit Armen, Krüppeln, Blinden und Lahmen“(vgl. Lk 14,12f.).
Die alte, oft vergessene Tugend der Demut
Durchbrich die endlose Kette von Einladung und Gegeneinladung. Stell dich lieber auf eine Stufe mit den Armen und Kleinen, denn so klein bist du wirklich vor dem großen Gott. Das ist die alte, in unserer Zeit so oft vergessene Tugend der Demut, die in den
Augen Gottes gerecht und unter den Menschen geschwisterlich macht.
Ich denke, das kann, darf und muss auch Auswirkungen auf uns, in der Gemeinschaft der Christen haben: Gott sei Dank haben wir in unseren Kirchen nicht mehr die Prominentenbänke mit blank polierten Reservierungsschildern. Vor Gott sind wir alle gleich arm und reich, gleich armselig und vornehm.
Wir alle sind Jesus als Gäste willkommen. Für alle hält er einen Ehrenplatz bereit.
Zu jedem spricht er: „Freund, Freundin, rück weiter hinauf“
(vgl. Lk 14,10).