Rotes Kreuz läutet die Alarmglocken
Im Sommer fragen Krankenhäuser in der Regel weniger Blut nach – in diesem Jahr ist das allerdings anders
Jean-Philippe Schmit
Luxemburg. „Im August läuteten bei uns die Alarmglocken“, erklärt Dr. Andrée Heinricy, Ärztin im Blutspendezentrum der Croix Rouge. Das Rote Kreuz verschickte daraufhin ein Appell an die Presse, um neue Blutspender zu gewinnen. Wenn der Nachschub an frischen Blutprodukten ausbleiben würde, würden die Blutkonserven nur noch für sechs Tage reichen, hieß es.
„Im Sommer fahren viele Leute in den Urlaub und fallen während dieser Zeit als Spender aus“, erklärt die Ärztin den Grund. In diesem Jahr sei dies besonders häufig der Fall gewesen. Denn viele Menschen hätten die Gelegenheit genutzt und seien erstmals seit Corona wieder verreist.
„Zudem ist im Moment die Nachfrage der Krankenhäuser nach Blutprodukten ungewöhnlich hoch“, betont die Ärztin. Eigentlich sei die warme Jahreszeit bekannt dafür, dass weniger Blut gebraucht wird. Doch in diesem Sommer ist auch dies anders. Sie erklärt sich die gestiegene Nachfrage mit Operationen, die wegen Corona aufgeschoben wurden und jetzt erst nachgeholt werden.
„Soweit ich mich erinnern kann, waren wir in Luxemburg noch nie in einer Situation, in der die Blutbank ganz leer war“, beruhigt sie. „Wir sorgen dafür, dass unsere Reserven nie ganz aufgebraucht werden.“Die Croix Rouge kann dazu auf eine Spenderdatenbank zurückgreifen, die 13 000 bis 14 000 registrierte Blutspender umfasst.
100 bis 120 Blutspenden pro Tag
100 bis 120 Spenden werden pro Tag gebraucht, um die Ausgänge aus der Blutbank auszugleichen. Wenn die Spender ausbleiben und die Eingänge in die Blutbank die Ausgänge nicht ersetzen können, beginnen die Verantwortlichen des Blutspendezentrums nervös zu werden. Die registrierten Blutspender
werden dann angeschrieben. In der Regel reicht dies aus. Viele registrierte Spender sind bereits zurück aus dem Urlaub. Dennoch kann die Ärztin keine Entwarnung geben. Denn wenn sie wieder im Land sind, müssen sie oftmals warten, ehe sie erneut im Blutspendezentrum vorbeikommen können. „Bei Auslandsaufenthalten gibt es Länder mit Risiken, die einen vorläufigen Ausschluss vom Blutspenden mit sich bringen“, steht auf der Homepage des Blutspendezentrums. Dazu sind keine Fernreisen notwendig, Risikogebiete gibt es auch in Europa.
Wer sich dafür entscheidet, zum ersten Mal mit seinem Blut anderen Menschen zu helfen, wird auf seine Tauglichkeit geprüft. „Wenn alles O. K. ist, wird zuerst eine kleinere Menge Blut abgenommen, die dann auf unterschiedliche Krankheitserreger untersucht wird.“Erst danach kommt es zur eigentlichen Blutspende. Neben der Vollblutspende besteht die Möglichkeit, nur einzelne Blutbestandteile, das Plasma und Blutplättchen, zu spenden.
Stefan hat sich für eine Vollblutspende entschlossen. „Es tut nicht weh“, meint er, als eine Krankenschwester ihm eine Nadel zwecks Blutentnahme in eine Armvene setzte. Mittlerweile ist es seine zehnte Spende. „Jeder sollte es tun“, meint er.
Nach knapp zehn Minuten ist der 500 Milliliter große Beutel voll Blut und bereit für die Weiterverarbeitung.
„Mit einer Spende kann man bis zu drei Empfänger helfen“, erklärt die Ärztin. „Es wäre schon interessant zu erfahren, wem ich mit meinem Blut geholfen habe“, meint Stefan. Doch er wird es nie erfahren. „Spender und Empfänger kommen nie in Kontakt“, bestätigt die Ärztin.
Vollblut-, Plasma- und Blutplättchenspende
Claude hat sich für eine Plasmaund Blutplättchenspende entschlossen. Bei ihm dauert es länger, da er an eine Maschine angeschlossen ist, die sein Blut in seine Bestandteile zerlegt. „Seit über 40 Jahren spende ich mein Blut“, sagt er. Mittlerweile gehört es für Claude einfach dazu, alle ein bis zwei Monate im Blutspendezentrum vorbeizukommen. Das ist für ihn normal. Probleme habe es in all den Jahren keine gegeben. „Im Sommer ist es schön kühl hier und man bekommt auch etwas zu trinken und etwas Süßes.“
„Wenn das Blut heute abgenommen wird, ist es bereits am Folgetag gegen Mittag bereit für den Einsatz“, erklärt die Ärztin. Für den Spender gelte es nach der Blutentnahme viel zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Immerhin hat er ein knappes Zehntel seines Blutes abgenommen bekommen. Nach der Blutentnahme solle man rasten, „keinen Marathon laufen“, betont Dr. Heinricy. Der Körper habe den Verlust aber schon bald ausgeglichen.