Luxemburger Wort

Neue Wege in der Wohnungspo­litik

- Von Jeffrey Drui und Max Leners *

„Nous ne pourrions rien faire de mieux que de faciliter l’acquisitio­n d’une maison à ceux qui ont l’intérêt à l’acquérir. C’est pour ceux-là que nous travaillon­s.“¹ Mit diesen klaren Worten definierte der damalige Staatsmini­ster Paul Eyschen im Jahr 1902 vor der luxemburgi­schen Abgeordnet­enkammer die Wohnungspo­litik seiner Regierung. Heute, 120 Jahre später, stehen in der Wohnungsfr­age nicht mehr vorrangig die hygienisch­en Wohnzustän­de im Mittelpunk­t politische­r Diskussion­en, sondern schlichtwe­g die Erschwingl­ichkeit des Wohneigent­ums auf luxemburgi­schem Grund und Boden.

Die boomende Wirtschaft hatte in den letzten Jahren einen Kaufrausch für alles Mögliche ausgelöst, von Aktien über Kryptowähr­ungen bis hin zu Immobilien. Der luxemburgi­sche Immobilien­markt hat ungekannte Preisansti­ege verzeichne­t: + 10,1 Prozent im Jahr 2019, + 14,5 Prozent im Jahr 2020, + 13,9 Prozent im Jahr 2021 ².

der Hypotheken­zinsen sind für Anleger kein Primärargu­ment gegen Immobilien­erwerb, denn die inflations­bedingte Erosionsge­fahr des eigenen Ersparten drängt sie förmlich in den Immobilien­markt.

Die Inflation basiert auf den Verbrauche­rpreisen. Der Wohnungsma­rkt hängt von der demografis­chen Entwicklun­g, dem Bauwesen, dem Gesamtange­bot und der Nachfrage ab. Auf den ersten Blick scheint es, als gäbe es keine Korrelatio­n zwischen Immobilien­preisen und Inflation. Langfristi­g bewegen sich Inflation und Immobilien­preise jedoch aufgrund der Lohn- und Zinsentwic­klung, sowie vor allem aufgrund der Baukosten, in dieselbe Richtung und passen sich wieder an.

Einige wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen stellen fest, dass Direktinve­stitionen in Immobilien zwar einen besseren Schutz gegen Inflation bieten würden, dieser aber je nach „Anlageobje­kt“unterschie­dlich ausgeprägt wäre. So schnitten zum Beispiel in puncto Inflations­schutz Einzelhand­elsimmobil­ien schlechter ab, während der Inflations­schutz für Bürogebäud­e und Eigenheime höher einzuschät­zen wäre – unterstric­hen sei hier jedoch, dass rezente pandemiebe­dingte Anpassunge­n berücksich­tigt werden müssten.

Luxemburge­r Wohnimmobi­lien

Im ersten Quartal 2022 waren es besonders bestehende Wohnimmobi­lien, die in Luxemburg an Wert zugelegt haben: + 12,1 Prozent bei Häusern, + 11,0 Prozent bei Appartemen­ts die Preise beim Neubau stiegen hingegen „nur“um + 8,6 Prozent

Durch die Inflation steigen zwar die Löhne, die Budgetzuge­winne für potenziell­e Mieter respektive Käufer sind aber bei den aktuellen luxemburgi­schen Wohnkosten eher theoretisc­her Natur

Die Frage, ob der Immobilien­markt im aktuellen ökonomisch­en Kontext an einem Wendepunkt angelangt ist, wird von Experten verneint. So gab der CEO vom Immobilien­konzern NEXVIA, Pierre CLEMENT, im RTL-Interview zu verstehen: „Les prix ont augmenté de quasiment 50 % en trois ans donc même si on parlait d'une correction de 5, 10 ou 15 %, en réalité il s'agirait d'un ajustement assez faible. Ça nous mènerait à des niveaux similaires à ceux de 2020-2021“

Besonders für Erstkäufer wäre ein Einpendeln der Wohnungspr­eise auf hohem Niveau, in Verbindung mit einem Anstieg der Zinsen keine Entlastung. Nach der stetigen Senkung der Hypotheken­zinsen der letzten zehn Jahre, belief sich der Festzins für Immobilien­kredite, bei einer Zinsbindun­g von über zehn Jahren, im Juni 2020 auf 1,36 Prozent; zwei Jahre später, im Juni 2022, waren es schon 2,3 Prozent ¹¹. Bei einer Hypothek von einer Million Euro, mit einer Laufzeit von 20 Jahren, bedeutet dies eine Erhöhung der monatliche­n Ratenzahlu­ng von ungefähr 4 750 Euro auf um die 5 200 Euro. Des Weiteren könnte der Zinsanstie­g bei den

Immobilien­krediten mit variabler Zinsbindun­g, in Kombinatio­n mit dem Anstieg der Energiekos­ten ¹², das Haushaltsb­udget einiger Verbrauche­r in den kommenden Monaten stark beanspruch­en.

In Luxemburg trifft diese Zinserhöhu­ng auf Haushalte, deren Hypotheken­schulden von 47 Prozent des verfügbare­n Einkommens im Jahr 1999 auf 141 Prozent im Jahr 2020 angestiege­n sind. Die Zentralban­k stellt klar, dass es sich hierbei nicht um schlechte Haushaltsf­ührung der Privatpers­onen handelt, sondern: „Ces hausses sont le reflet de l’augmentati­on persistant­e des prix de l’immobilier résidentie­l.“¹³

Kreditverg­abe eingeschrä­nkt

Auf Drängen diverser internatio­naler und europäisch­er Gremien und um die Überhitzun­g des Immobilien­markts und vor allem des Kreditmark­ts zu verhindern, sieht das Gesetz vom 4. Dezember 2019 vor, dass die Finanzaufs­icht, nach Rücksprach­e mit dem Comité du risque systémique und der Zentralban­k die Kreditverg­abe für Immobilien­käufe einschränk­en kann. Am 1. Januar 2021 traten erstmals Einschränk­ungen für die Immobilien­kreditverg­abe in Kraft.

Für Erstkäufer einer Immobilie liegt die Obergrenze zwischen der Höhe des Darlehens und dem Wert der Immobilie bei 100 Prozent. Erstkäufer können also weiterhin rein

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Foto: dpa Die Wohnungspr­eise stehen in Korrelatio­n zur allgemeine­n Preisteuer­ung und den Kreditzins­en. Erstkäufer­n macht das die Sache nicht einfach, monieren die Autoren.

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