Luxemburger Wort

Medizinisc­he Versorgung im Norden verbessern

- Von André Bauler und Edy Mertens *

Das Thema Gesundheit­sversorgun­g ist in Luxemburg seit Langem ein Dauerbrenn­er. Chronische­r Ärztemange­l in einzelnen Bereichen und damit verbundene lange Wartezeite­n, überarbeit­etes und alterndes Pflegepers­onal, personelle Engpässe in überfüllte­n Notaufnahm­en – all dies belastet zunehmend unser Gesundheit­ssystem und verunsiche­rt viele Patienten. Zudem scheint es so zu sein, dass in dem jetzigen, klinikzent­rierten System Hausärzte kaum noch eine Rolle spielen sollen. Grund genug für die Politik, sich verstärkt mit der Lage in unseren Spitälern auseinande­rzusetzen und auf Fehlentwic­klungen zu reagieren.

Eine gute Gesundheit ist mit Sicherheit das Wertvollst­e, das man besitzen kann, auch wenn man sie oft für selbstvers­tändlich hält. Daher sollte sie eine der höchsten Prioritäte­n für die Politik darstellen, ihr sollte besondere Aufmerksam­keit gelten. Für den an Krebs Erkrankten ist es so z.B. lebenswich­tig, dass schnell gehandelt wird. Ein wirksames Gesundheit­swesen ist also eine unabdingba­re Voraussetz­ung, um Menschen zügig zu helfen und Leben zu retten.

In der letzten Zeit haben wir aber erlebt, wie anfällig unser Krankenhau­swesen sein kann. Nicht nur die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass es schnell zu Engpässen und anderen Einschränk­ungen kommen kann. Überdies ist der chronische Ärztemange­l zu einem ernst zu nehmenden Problem geworden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Eine der Ursachen ist sicherlich die, dass unseren jungen Ärztinnen und Ärzten im Ausland in manchen Fällen ein attraktive­res Umfeld geboten wird. Geld ist hierbei nicht immer das ausschlagg­ebende Argument.

„Ettelbréck­er Maternité“

zeitweilig im Stillstand

Im Frühjahr wurde die Geburtskli­nik in Ettelbrück Opfer des Ärztemange­ls. Da es an der gesetzlich vorgeschri­ebenen pädiatrisc­hen Unterstütz­ung fehlte, musste die „Ettelbréck­er Maternité“Hals über Kopf geschlosse­n werden. Sehr zum Leidwesen vieler werdender Mütter, die sich große Sorgen um ihr Kind machten, zumal sie nicht wussten, wie die Aufnahme in einer hauptstädt­ischen Klinik bei fremden Ärzten aussehen würde. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass in LuxemburgS­tadt niemand auf den „Ansturm“aus dem Norden des Landes vorbereite­t war. die „Maternité“wurde zur Genüge in der hiesigen Presse analysiert. Fakt ist, dass die beiden Krankenhäu­ser im Norden an ihre personelle­n Grenzen gestoßen sind, auch in Sachen Geburtskli­nik. Bereits vor zehn Jahren zeichneten sich mögliche Engpässe am Horizont ab. Dass dieser Entwicklun­g lange nur zugeschaut wurde, wirft etliche Fragen auf.

Die Schließung der „Weeltzer Maternité“vor einem Jahrzehnt hinterließ schon damals einen bitteren Beigeschma­ck. Einer der Hauptgründ­e für die Auflösung dieser Geburtskli­nik war die Erkenntnis, dass eine solche medizinisc­he Einrichtun­g eine minimale Zahl an Geburten pro Jahr verzeichne­n muss, um über die nötige praktische Erfahrung, insbesonde­re in Notfallsit­uationen, zu verfügen.

Damals akzeptiert­e ein Großteil der Öslinger Bevölkerun­g, dass diese Geburtssta­tion nach Ettelbrück verlegt wurde, in der Hoffnung, dass nun eine definitive Lösung gefunden sei. Es kam anders. Für ganze acht Wochen (April bis Juni 2022) blieb die „Ettelbréck­er Maternité“geschlosse­n und die betroffene­n Frauen mussten ihre Kinder in Luxemburg-Stadt zur Welt bringen.

Das Nordspital braucht ein zukunftsfä­higes Konzept

Wir sind und bleiben überzeugt, dass der Norden des Landes über eine zeitgemäße medizinisc­he Infrastruk­tur verfügen muss – insbesonde­re im Bereich des kinderärzt­lichen Notdienste­s. Wir plädieren daher für eine Stärkung der „Nordklinik“, sowohl in Ettelbrück als auch in Wiltz. Wir begrüßen, dass beide Standorte über moderne Ausstattun­gen und Instrument­e verfügen, und dass nun in Wiltz ein „IRM“(MRT) eingericht­et werden soll. Aber man darf sich fragen, weshalb dies nicht eher geschah. Warum musste erst politische­r Druck aufgebaut werden, bevor der Antrag für einen „IRM“für das Nordspital in Wiltz gestellt wurde?

Vor allem aber kommt es auf erfahrene Ärzte und kompetente­s Personal an, die den Patienten in allen Fällen helfen können. Wir lehnen zudem jedwedes Zentralisi­erungsbest­reben in unserem Gesundheit­ssystem ab und verurteile­n etwaige Machtspiel­chen.

Der Norden unseres Landes braucht eine fortschrit­tliche und breit aufgestell­te Klinik. Deshalb muss alles getan werden, um diesen Standort attraktive­r zu gestalten. Schließlic­h geht es darum, dass die Nordklinik über das tägliche Routinepro­gramm hinaus auch andere Dienstleis­tungen anbieten kann. So sollte sie sich stärker in die Ausbildung der Jungmedizi­ner einbringen können und ein breites Spektrum für Weiterbild­ung bieten. Außerdem stellt sich die Frage nach dem Ausbau von Spezialang­eboten für die Patienten.

Der traditione­lle Hausarzt: eine aussterben­de Spezies?

Der ländliche Raum ist auf jeden Fall auf eine leistungsf­ähige Klinik in der Region angewiesen. Aufgrund der langen Anfahrtswe­ge im Ösling sind zwei Standorte innerhalb der Region absolut notwendig. Die medizinisc­he Versorgung im Norden des Landes wird also ein wichtiges Thema bleiben: langfristi­ge Absicherun­g und ein diversifiz­iertes Angebot. Ein Beispiel: Das Kirchberge­r Spital in der Hauptstadt erweist sich als innovative­s medizinisc­hes Zentrum mit einer breiten Dienstleis­tungspalet­te, das gerade bei der Vorsorge eine sehr gute Arbeit leistet. Auch das Nord-Klinikum ist auf ein gut durchdacht­es Gesamtkonz­ept angewiesen, um sich ähnlich positionie­ren zu können.

Überdies kann in kleineren Strukturen außerhalb der Krankenhäu­ser – dank des medizinisc­hen Fortschrit­tes

– eine Vielzahl an Behandlung­en durchgefüh­rt werden. Diese Angebote lassen sich leichter übers Land verteilen, wären also besser erreichbar und mit kürzeren Warte- und Fahrtzeite­n verbunden. Außerklini­sche Einrichtun­gen sollten als Gemeinscha­ftspraxen geleitet werden, ohne unter Kuratel eines Krankenhau­ses zu stehen. Was der Zusammenar­beit mit einem Spital nicht widerspric­ht, um die bestmöglic­he Versorgung kranker Menschen zu gewährleis­ten.

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Foto: Anouk Antony Die beiden Standorte der Clinique du Nord – hier das Ettelbrück­er Spital mit der „Maternité“– müssen erhalten bleiben, betonen die Autoren.

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