Medizinische Versorgung im Norden verbessern
Das Thema Gesundheitsversorgung ist in Luxemburg seit Langem ein Dauerbrenner. Chronischer Ärztemangel in einzelnen Bereichen und damit verbundene lange Wartezeiten, überarbeitetes und alterndes Pflegepersonal, personelle Engpässe in überfüllten Notaufnahmen – all dies belastet zunehmend unser Gesundheitssystem und verunsichert viele Patienten. Zudem scheint es so zu sein, dass in dem jetzigen, klinikzentrierten System Hausärzte kaum noch eine Rolle spielen sollen. Grund genug für die Politik, sich verstärkt mit der Lage in unseren Spitälern auseinanderzusetzen und auf Fehlentwicklungen zu reagieren.
Eine gute Gesundheit ist mit Sicherheit das Wertvollste, das man besitzen kann, auch wenn man sie oft für selbstverständlich hält. Daher sollte sie eine der höchsten Prioritäten für die Politik darstellen, ihr sollte besondere Aufmerksamkeit gelten. Für den an Krebs Erkrankten ist es so z.B. lebenswichtig, dass schnell gehandelt wird. Ein wirksames Gesundheitswesen ist also eine unabdingbare Voraussetzung, um Menschen zügig zu helfen und Leben zu retten.
In der letzten Zeit haben wir aber erlebt, wie anfällig unser Krankenhauswesen sein kann. Nicht nur die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass es schnell zu Engpässen und anderen Einschränkungen kommen kann. Überdies ist der chronische Ärztemangel zu einem ernst zu nehmenden Problem geworden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Eine der Ursachen ist sicherlich die, dass unseren jungen Ärztinnen und Ärzten im Ausland in manchen Fällen ein attraktiveres Umfeld geboten wird. Geld ist hierbei nicht immer das ausschlaggebende Argument.
„Ettelbrécker Maternité“
zeitweilig im Stillstand
Im Frühjahr wurde die Geburtsklinik in Ettelbrück Opfer des Ärztemangels. Da es an der gesetzlich vorgeschriebenen pädiatrischen Unterstützung fehlte, musste die „Ettelbrécker Maternité“Hals über Kopf geschlossen werden. Sehr zum Leidwesen vieler werdender Mütter, die sich große Sorgen um ihr Kind machten, zumal sie nicht wussten, wie die Aufnahme in einer hauptstädtischen Klinik bei fremden Ärzten aussehen würde. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass in LuxemburgStadt niemand auf den „Ansturm“aus dem Norden des Landes vorbereitet war. die „Maternité“wurde zur Genüge in der hiesigen Presse analysiert. Fakt ist, dass die beiden Krankenhäuser im Norden an ihre personellen Grenzen gestoßen sind, auch in Sachen Geburtsklinik. Bereits vor zehn Jahren zeichneten sich mögliche Engpässe am Horizont ab. Dass dieser Entwicklung lange nur zugeschaut wurde, wirft etliche Fragen auf.
Die Schließung der „Weeltzer Maternité“vor einem Jahrzehnt hinterließ schon damals einen bitteren Beigeschmack. Einer der Hauptgründe für die Auflösung dieser Geburtsklinik war die Erkenntnis, dass eine solche medizinische Einrichtung eine minimale Zahl an Geburten pro Jahr verzeichnen muss, um über die nötige praktische Erfahrung, insbesondere in Notfallsituationen, zu verfügen.
Damals akzeptierte ein Großteil der Öslinger Bevölkerung, dass diese Geburtsstation nach Ettelbrück verlegt wurde, in der Hoffnung, dass nun eine definitive Lösung gefunden sei. Es kam anders. Für ganze acht Wochen (April bis Juni 2022) blieb die „Ettelbrécker Maternité“geschlossen und die betroffenen Frauen mussten ihre Kinder in Luxemburg-Stadt zur Welt bringen.
Das Nordspital braucht ein zukunftsfähiges Konzept
Wir sind und bleiben überzeugt, dass der Norden des Landes über eine zeitgemäße medizinische Infrastruktur verfügen muss – insbesondere im Bereich des kinderärztlichen Notdienstes. Wir plädieren daher für eine Stärkung der „Nordklinik“, sowohl in Ettelbrück als auch in Wiltz. Wir begrüßen, dass beide Standorte über moderne Ausstattungen und Instrumente verfügen, und dass nun in Wiltz ein „IRM“(MRT) eingerichtet werden soll. Aber man darf sich fragen, weshalb dies nicht eher geschah. Warum musste erst politischer Druck aufgebaut werden, bevor der Antrag für einen „IRM“für das Nordspital in Wiltz gestellt wurde?
Vor allem aber kommt es auf erfahrene Ärzte und kompetentes Personal an, die den Patienten in allen Fällen helfen können. Wir lehnen zudem jedwedes Zentralisierungsbestreben in unserem Gesundheitssystem ab und verurteilen etwaige Machtspielchen.
Der Norden unseres Landes braucht eine fortschrittliche und breit aufgestellte Klinik. Deshalb muss alles getan werden, um diesen Standort attraktiver zu gestalten. Schließlich geht es darum, dass die Nordklinik über das tägliche Routineprogramm hinaus auch andere Dienstleistungen anbieten kann. So sollte sie sich stärker in die Ausbildung der Jungmediziner einbringen können und ein breites Spektrum für Weiterbildung bieten. Außerdem stellt sich die Frage nach dem Ausbau von Spezialangeboten für die Patienten.
Der traditionelle Hausarzt: eine aussterbende Spezies?
Der ländliche Raum ist auf jeden Fall auf eine leistungsfähige Klinik in der Region angewiesen. Aufgrund der langen Anfahrtswege im Ösling sind zwei Standorte innerhalb der Region absolut notwendig. Die medizinische Versorgung im Norden des Landes wird also ein wichtiges Thema bleiben: langfristige Absicherung und ein diversifiziertes Angebot. Ein Beispiel: Das Kirchberger Spital in der Hauptstadt erweist sich als innovatives medizinisches Zentrum mit einer breiten Dienstleistungspalette, das gerade bei der Vorsorge eine sehr gute Arbeit leistet. Auch das Nord-Klinikum ist auf ein gut durchdachtes Gesamtkonzept angewiesen, um sich ähnlich positionieren zu können.
Überdies kann in kleineren Strukturen außerhalb der Krankenhäuser – dank des medizinischen Fortschrittes
– eine Vielzahl an Behandlungen durchgeführt werden. Diese Angebote lassen sich leichter übers Land verteilen, wären also besser erreichbar und mit kürzeren Warte- und Fahrtzeiten verbunden. Außerklinische Einrichtungen sollten als Gemeinschaftspraxen geleitet werden, ohne unter Kuratel eines Krankenhauses zu stehen. Was der Zusammenarbeit mit einem Spital nicht widerspricht, um die bestmögliche Versorgung kranker Menschen zu gewährleisten.