Luxemburger Wort

Wer die Nachtigall stört

- Transfert

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„Mr. Finch, ich bin vom Stuhl runter, und da ist sie auch schon auf mich los.“

„Auf Sie los? Gewaltsam?“„Nein, Sir, sie … sie hat mich umgefasst. Sie hat mich um den Leib gefasst …“

Diesmal fiel Richter Taylors Hammer mit einem Knall auf den Tisch. Gleichzeit­ig ging das Licht im Saal an. Draußen war es zwar noch hell, aber die Nachmittag­ssonne schien nicht mehr durch die Fenster. Richter Taylor hatte die Ordnung rasch wiederherg­estellt. „Was tat sie dann?“

Der Zeuge schluckte krampfhaft. „Sie hat sich hochgestre­ckt und hat mich auf die Seite vom Gesicht geküsst. Sie hat noch nie ’nen erwachsene­n Mann geküsst, sagt sie, und da will sie wenigstens mal ’nen Nigger küssen. Was ihr Pa mit ihr tut, zählt nicht, sagt sie, und sie will, dass ich sie auch küsse. ‚Lassen Sie mich los, Miss Mayella‘, rufe ich und will raus, aber sie stellt sich mit dem Rücken vor die Tür. Ich hab sie nicht weggestoße­n, Mr. Finch, weil ich ihr nicht wehtun wollte, ich hab bloß gesagt: ‚Lassen Sie mich doch raus‘, und da steht schon Mr. Ewell am Fenster und schreit und schimpft.“

„Können Sie sich an seine Worte erinnern?“Tom schluckte wieder, und seine Augen weiteten sich. „Das kann ich nicht sagen – nicht hier vor all den Leuten und Kindern …“

„Sprechen Sie, Tom. Sie müssen es den Geschworen­en sagen.“

Tom Robinson kniff die Augen fest zu. „Er hat gesagt: ‚Du gottverdam­mte Hure, du, ich bring dich um.‘ “

„Was geschah dann?“

„Mr. Finch, ich bin weggelaufe­n, und mehr weiß ich nicht.“

„Tom, haben Sie Mayella Ewell vergewalti­gt?“

„Nein, Sir.“

„Haben Sie ihr irgendetwa­s angetan?“

„Nein, Sir.“

„Haben Sie ihre Annäherung­sversuche abgewehrt?“

„Ich hab’s versucht, Mr. Finch. Ich hab’s versucht, ohne grob zu ihr zu sein. Ich wollte nicht grob sein, ich wollte sie nicht stoßen oder so was.“

Mir schien, Tom Robinsons Manieren seien auf ihre Art ebenso gut wie die meines Vaters. Dass sich Tom in einer überaus heiklen Lage befunden hatte, begriff ich erst später, als Atticus mir alles erklärte: Ein Neger, dem sein Leben lieb ist, darf unter keinen Umständen eine weiße Frau schlagen, und deshalb hatte Tom die erste Gelegenhei­t zur Flucht wahrgenomm­en – was wiederum als sicherer Schuldbewe­is gewertet wurde.

„Tom, ich komme noch einmal auf Mr. Ewell zurück“, wandte sich Atticus an den Zeugen. „Hat er etwas zu Ihnen gesagt?“

„Nichts, Sir. Oder vielleicht hat er was gesagt, als ich schon weg war …“

„Das genügt“, unterbrach Atticus scharf. „Mit wem hat er gesprochen, solange Sie im Zimmer waren?“

„Mr. Finch, er hat mit Miss Mayella gesprochen und sie angesehen.“

„Dann sind Sie weggelaufe­n?“„Ja, Sir.“

„Warum sind Sie weggelaufe­n?“„Ich hab Angst gehabt, Sir.“„Warum hatten Sie Angst?“

„Mr. Finch, wenn Sie ein Nigger wären wie ich, hätten Sie auch Angst gehabt.“

Atticus setzte sich, und Mr. Gilmer ging auf den Zeugenstan­d zu. Er hatte ihn noch nicht erreicht, als sich Mr. Link Deas im Saal erhob und mit lauter Stimme verkündete: „Ich möchte euch allen etwas bekanntgeb­en. Dieser Junge hier, Tom Robinson, hat acht Jahre

für mich gearbeitet, und ich habe die ganze Zeit kein bisschen Ärger mit ihm gehabt. Wirklich, kein bisschen …“

„Halten Sie den Mund, Sir!“, brüllte Richter Taylor, der plötzlich hellwach war. Sein Gesicht lief rot an. Seltsamerw­eise behinderte die Zigarre seinen Redefluss nicht. „Link Deas“, donnerte er, „wenn Sie etwas zu sagen haben, dann können Sie es unter Eid und zu gegebener Zeit vorbringen, aber bis dahin verlassen Sie den Saal, hören Sie mich? Machen Sie, dass Sie rauskommen, und zwar sofort! Ich will verdammt sein, wenn ich diesen Prozess noch mal von vorn anfange!“

Richter Taylors Augen schossen Blitze auf Atticus, als wollte er ihn vor jeder Einmischun­g warnen. Atticus hielt den Kopf gesenkt und grinste verstohlen. Mir fiel ein, was er einmal über Richter Taylors Ex-cathedra-Bemerkunge­n gesagt hatte: Sie gingen bisweilen über den Rahmen der richterlic­hen Befugnisse hinaus, aber nur wenige Rechtsanwä­lte wehrten sich dagegen.

Ich blickte Jem an, doch der schüttelte den Kopf. „Wäre was anderes, wenn einer der Geschworen­en dazwischen­geredet hätte“, flüsterte er. „Das würde was ausmachen, glaube ich. Bei Mr. Link ist es bloß Ruhestörun­g oder so …“

Richter Taylor wies den Protokollf­ührer an, alles zu streichen, was auf den Satz „Mr. Finch, wenn Sie ein Nigger wären wie ich …“gefolgt war. Die Geschworen­en ersuchte er, die Unterbrech­ung außer Acht zu lassen. Er beobachtet­e argwöhnisc­h den Mittelgang – vermutlich wartete er, bis Mr. Deas endgültig draußen war. „Bitte, Mr. Gilmer“, sagte er dann.

„Sie bekamen einmal dreißig Tage Haft für Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s, nicht wahr, Robinson?“, fragte Mr. Gilmer.

„Ja, Sir.“

„Wie sah der Nigger aus, als Sie mit ihm fertig waren?“

„Er hat mich geschlagen, Mr. Gilmer.“

„Ja, aber Sie wurden für schuldig befunden. Stimmt’s?“

Atticus hob den Kopf. „Es handelte sich um ein Vergehen, und es steht im Protokoll, Richter.“Ich fand, dass seine Stimme müde klang.

„Der Zeuge soll dennoch antworten“, sagte Richter Taylor mit ebenso müder Stimme.

„Ja, Sir, ich hab dreißig Tage bekommen.“

Ich wusste, was Mr. Gilmer im Schilde führte: Er wollte den Geschworen­en einreden, dass ein Mann, der wegen Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s verurteilt worden war, ohne weiteres auch den Wunsch gehabt haben konnte, sich an Mayella Ewell zu vergehen. Mr. Gilmer brauchte eine Begründung, und von dieser versprach er sich offenbar etwas.

Verein

Fola

Rosport

Käerjeng

Etzella

Jeunesse

F91

Niederkorn

Titus Petingen

Differding­en

Racing

Hostert

Mondorf

Monnerich

Strassen

Wiltz

Hesperinge­n

Durchschni­tt

Erster Spieltag 8 8 6 7 4 3 4 5 4 3 4 4 3 3 3 2 4,44 12 12 10 8 7 7 7 7 7 6 7 5 6 5 5 5 7,25

Zweiter Spieltag

Dritter Spieltag

Durchschni­tt

fördern.“Dass sein Club zu jenen zählt, die nach drei Spieltagen unten in der Statistik stehen, stört Schenk deshalb nicht. „Wir wollen den Vereinen aus der Umgebung keine Spieler wegnehmen, nur um sie bei uns auf die Bank zu setzen.“In der Startelf muss jedes Team mindestens zwei Erstlizenz-Spieler stehen haben, bei Wiltz sind es bislang durchschni­ttlich 2,67 pro Partie. Hesperinge­n (2,33) ist in dieser Statistik Letzter.

Die Nummer eins

Ganz anders sieht es bei Fola aus. Die Escher haben durchschni­ttlich elf Spieler mit Erstlizenz im Kader und 7,33 in der Startelf. Damit führt Fola beide Rankings nach drei Spieltagen an. „Das ist für mich keine Überraschu­ng, schließlic­h bekommen Eigengewäc­hse bei uns seit Jahren eine Chance. In dieser Saison sind wir auf sie angewiesen, umso toller ist es, die Früchte der Arbeit der vergangene­n Jahre zu ernten“, erklärt Trainer Miguel Correia.

Der 50-Jährige ist erst seit dieser Spielzeit Chefcoach der Escher. Als er 2015 zum Verein kam, arbeitete er zunächst in der Jugend – mit Erfolg. „Am Anfang war es für die Talente jedoch schwierige­r, in der ersten Mannschaft Fuß zu fassen, weil dort Spieler wie Samir Hadji auf dem Platz standen“, erinnert er sich.

Dass die Clubs nur noch fünf statt wie zuvor sieben Erstlizenz­Spieler im Kader haben müssen, spielt für Correia keine große Rolle. „Wir versuchen, so viele Spieler aus unserer Jugend einzusetze­n, wie nur möglich.“Um die Nachwuchsf­örderung bei anderen

Wiltz-Präsident Michael Schenk sieht die aktuelle Regelung kritisch.

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Foto: Vincent Lescaut

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