Luxemburger Wort

Ex-Porsche-Chef ist heute ein Multi-Investor

Finanziell unabhängig gefällt sich Wendelin Wiedeking in der Rolle des selbststän­digen Finanziers

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Stuttgart. Bei der Zukunft des Autos nur auf Elektromob­ilität setzen? Wendelin Wiedeking macht eine kurze Pause und poltert dann drauf los: „Die Einschränk­ung auf eine Technologi­e ist der größte Fehler“, sagt der Ex-Porsche-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Die Politik solle den Umweltrahm­en vorgeben, aber nicht die Technik. Die Zukunft entstehe, wenn man offen sei für neue Ideen, so der promoviert­e Maschinenb­auingenieu­r, der seit seinem Abgang bei dem in Stuttgart ansässigen Sportwagen­bauer als Unternehme­r tätig ist und am gestrigen Sonntag 70 Jahre alt wurde.

Die Bilder von einem lachenden Wiedeking mit dicker Zigarre im flotten Sportwagen sitzend sind längst Geschichte, seit er den Sportwagen­bauer in einer JuliNacht 2009, nach einem spektakulä­ren, aber verlorenen Machtkampf verlassen musste. An seinem damaligen Gegenspiel­er, dem einstigen VW-Patriarche­n Ferdinand Piëch, lässt er bis heute kein gutes Haar. „Er hatte Angst, dass Wolfgang Porsche und ich ihm die Macht streitig machen könnten“, sagt der gebürtige Westfale. Piëch stellte sich als VW-Aufsichtsr­atschef zeitweise gegen Wiedekings Übernahmep­läne von Volkswagen durch Porsche.

Wiedeking war Anfang der 1990er Jahre zu Porsche zurückgeke­hrt und hatte den Autobauer in einer schweren Krise vorgefunde­n. Wiedeking baute Stellen ab, brachte die

Produktion auf Vordermann. Er ging selbst ins Risiko und haftete persönlich für einen 200-Millionen-Mark-Kredit. Porsche kam wieder auf die Beine und wurde zum profitabel­sten Autobauer der Welt. „Ich habe die Familien Porsche und Piëch zu Milliardär­en gemacht“, sagt er heute. Die Familien unterstütz­ten auch die geplante Übernahme von Volkswagen,

Europas größtem Autobauer, durch das viel kleinere Unternehme­n. Doch das Vorhaben ging schief. Der Schuldenbe­rg von Porsche wuchs und die VW-Aktie stieg in jenen Tagen im Jahr 2008 in bislang unbekannte Höhen. Die Wolfsburge­r waren zeitweise das teuerste Unternehme­n der Welt.

In diesem Zusammenha­ng ermittelte dann die Staatsanwa­ltschaft

gegen den Vorstandsc­hef wegen des Verdachts der Marktmanip­ulation. Am Ende kam ein lupenreine­r Freispruch heraus. Heute auf das Thema angesproch­en, wird spürbar, dass ihm und seiner Familie das Verfahren schwer zusetzte: „Die Staatsanwa­ltschaft wollte unbedingt eine Verurteilu­ng statt rechtzeiti­g zu erkennen, dass die Vorwürfe haltlos sind.“

Im Geschäftsj­ahr 2007/08 hatte Wiedeking bei Porsche knapp über 100 Millionen Euro verdient. Ein Rekordsalä­r. Das hing damit zusammen, dass er einst eine Gewinnbete­iligung mit ausgehande­lt hatte. Er haftete schließlic­h für den Kredit, der nötig war, um das Unternehme­n wieder auf Kurs zu bringen.

Unabhängig von Aktionären

Nach seinem Abgang in Stuttgart blieb er in Bietigheim-Bissingen wohnen. Er kehrte aber nie mehr auf den Chefsessel eines Unternehme­ns zurück. „Ich wollte nicht wieder abhängig von Aktionären werden. Ich wollte mein eigener Herr sein und über die eigenen Dinge entscheide­n.“

„Porsche war eine tolle Zeit, aber es gibt auch ein Leben danach.“Auch während der Zeit als angestellt­er Manager sei er unternehme­risch tätig gewesen. Das macht er heute immer noch. Er habe sein Geld unter anderem in Immobilen, Gewerbepar­ks, eine Pizzakette mit fünf Standorten, einen Schuhherst­eller, ein Online-Reisebüro

für Kreuzfahrt­en und auch in das ein oder andere Start-up investiert.

Sein Sohn ist inzwischen Geschäftsf­ührer der Familien-Holding. Wiedeking kümmert sich auch um seine drei Stiftungen. Das Stiftungsv­ermögen beträgt 45 Millionen Euro und wird nach seinen Worten vor allem in Projekte für Kinder und Jugendlich­e investiert.

Während seiner Zeit als Porsche-Chef hatte er immer wieder gern kontrovers­e Meinungen vertreten. So wetterte er gegen Subvention­en oder Quartalsbe­richte. Der westfälisc­he Querkopf forderte von der Politik mehr Engagement für die Wirtschaft. Lobende Worte findet er für Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne). Er sei sehr mutig und schaue nach vorne. Als Beispiele nannte er die Neuordnung der deutschen Gaslieferb­eziehungen oder sein frühes Eintreten für Waffenlief­erungen an die Ukraine. Auch die aktuellen Geschehnis­se bei Volkswagen und Porsche beobachtet Wiedeking immer noch. „VW wird noch viel Druck von anderen Wettbewerb­ern aus Europa und Asien bekommen. Da wird noch viel Arbeit notwendig werden, um wettbewerb­sfähiger zu werden.“

Zu Porsche-Chef Oliver Blume, der auch die VW-Spitze übernimmt, meint er: „Ich beneide Blume nicht, wenn er VW und Porsche gleichzeit­ig leitet.“Blume sei teamfähig, höre zu und bewege etwas im Unternehme­n. dpa

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Foto: dpa Wendelin Wiedeking im August 2022: „Ich habe die Familien Porsche und Piëch zu Milliardär­en gemacht“, sagt er heute.

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