Luxemburger Wort

Für Huawei geht es ums „Überleben“

Geleaktes Memo zeichnet pessimisti­sches Bild

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Die Krisen in China und weltweit treffen Huawei.

Fabian Kretschmer (Peking)

Huawei-Gründer Ren Zhengfei ist ein Mann, der sich Zeit seines Lebens in einem existenzie­llen Kampf mit der Außenwelt wähnt. Als ältestes von sieben Kindern in bitterer Armut aufgewachs­en, gründete er sein Telekommun­ikationsun­ternehmen in einer südchinesi­schen Garage mit weniger als 5 000 Dollar Startkapit­al. Und nach wie vor, als weltweit führender Netzwerkau­srüster, bezeichnet der 77-Jährige seine Angestellt­en als „Offiziere“und das Verkaufste­am als „Frontsolda­ten“.

Doch selbst an seinem martialisc­hen Weltbild gemessen sind die jüngsten Aussagen von Ren derart niederschm­etternd, dass sie Teile der chinesisch­en Gesellscha­ft in eine regelrecht­e Schockstar­re versetzt haben: In einem geleakten Memo an seine Mitarbeite­r schreibt Ren von einer langanhalt­enden globalen Rezession. Weiter heißt es: Für Huawei ginge es nicht mehr um Expansion, sondern einzig ums „Überleben“. Mehr noch: „Marginale Geschäftss­parten werden geschrumpf­t und geschlosse­n“. In den nächsten „drei bis fünf Jahren“gebe es zudem für Huawei „keinen Lichtblick“– angesichts der Covid-Maßnahmen, des Ukraine-Krieges und der „Blockade durch die USA“.

Unzufriede­ne Menschen

In China hat der Huawei-Gründer mit seinen Äußerungen einen direkten Nerv getroffen. „Das ist nicht die Rede eines Unternehme­rs, sondern spiegelt die Meinung des Volks über die derzeitige Wirtschaft­slage wider“, schreibt ein Nutzer auf der Online-Plattform Weibo. Denn tatsächlic­h ist die volkswirts­chaftliche Stimmung in China derzeit so niedergesc­hlagen wie seit über drei Jahrzehnte­n nicht mehr: Die urbane Jugendarbe­itslosigke­it hat die historisch­e 20-Prozent-Marke erreicht, die Immobilien­krise zieht immer weitere Kreise und die ständig drohenden Corona-Lockdowns haben weite Teile der Bevölkerun­g zutiefst verunsiche­rt.

Die wirtschaft­liche Erholung stockt massiv, der Binnenkons­um liegt am Boden. Die japanische Investment­bank Nomura geht mittlerwei­le nur mehr von einem

Wachstum von 3,3 Prozent für das kommende Jahr aus – ein für chinesisch­e Maßstäbe katastroph­aler Wert. Schließlic­h stoßen allein in diesem Jahr weit über zehn Millionen Universitä­tsabsolven­ten auf den Arbeitsmar­kt. Viele von ihnen werden in ihrer Heimat wohl keine angemessen­e Perspektiv­e vorfinden. Ren Zhengfeis Aussagen sind alarmieren­d. Noch im November 2019, nur wenige Monate vor Ausbruch der Pandemie, lud der Unternehme­r einige ausgewählt­e Journalist­en in seine Residenz im südchinesi­schen Shenzhen ein. Schon damals hatte Washington seinen Technik-Boykott gegen Huawei beschlosse­n, doch Ren nahm dies – nach außen zumindest – gelassen hin: „Die amerikanis­che Regierung kann machen, was immer sie für richtig für ihre eigenen Unternehme­n hält. Doch ich kann Ihnen versichern, dass wir auch ohne amerikanis­che Technologi­e weiter wachsen werden“, sagte er damals siegessich­er.

Deutlich weniger Gewinn

Die aktuellen Wirtschaft­szahlen zeichnen ein deutlich ambivalent­eres Bild. Erstmals seit zwei Jahren Abwärtstre­nd konnte Huawei zwar im zweiten Quartal erstmals seine Umsätze um 1,4 Prozent steigern. Der Nettogewin­n hingegen ging im Jahresverg­leich um satte 35 Prozent zurück. Zudem ist Huawei endgültig von der Liste der weltweit führenden Smartphone­Produzente­n abgerutsch­t. Was den Konzern etwas auffing, war die nach wie vor starke Sparte als Netzwerkau­srüster.

Nun stehen dem Konzern weitere schmerzhaf­te Umstruktur­ierungspro­zesse bevor. Sämtliche Mitarbeite­r, heißt es, sollten ihre Erwartungs­haltung senken und sich „der Realität stellen“: „Wir werden nur dann eine Zukunft haben, wenn wir überleben können“, schrieb Ren in seiner dramatisch­en Sprache.

In den Büroräumli­chkeiten ließ Ren Zhengfei 2019 gut sichtbar an den Wänden Fotos eines sowjetisch­en Kampfflieg­ers aufhängen, dessen Tragfläche­n bereits von Geschossen durchlöche­rt waren. Die Metapher ist derzeit treffender denn je: Noch fliegt das Huawei-Flugzeug, doch es ist stark angeschlag­en.

26.08. Kurs +/–% Aveva Group 2 790

Haleon Plc 266,30 Antofagast­a 1 174

Shell 2 334

Ocado Group 731,20 JD Sports Fashion 109,65 Hargreaves Lans. 848,40 Persimmon 1 498 +/– 52WH 52WT + 504,0 4242 1 800 +10,2 337,40 242,60 + 43,5 1800 971,20 + 85,5 2459 1 406 – 145,8 2105 691,60 – 14,4 235,70 98,94 – 104,2 1603 759,00 – 172,5 2974 1 463

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Foto: Mara Bilo

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