Luxemburger Wort

Wir Hobby-Geostrateg­en

Ukraine ist ein souveräner Staat und darf seine Außenpolit­ik nach eigenen Überzeugun­gen führen

-

Unzählig sind die Experten, die glauben, besser über die Ausrichtun­g der Außenpolit­ik der Ukraine urteilen zu können als die große Mehrheit der Ukrainer selbst. Dabei wird sehr oft (so auch von Muller) die russische Rhetorik übernommen, die von der Ukraine als möglichen „Pufferstaa­t“spricht, angeblich legitime „russische Sicherheit­sinteresse­n“verteidigt oder den so brutalen „Bürgerkrie­g“im Donbass bedauert. Wenn dann auch noch Lawrow als Musterbeis­piel des guten, vertrauens­würdigen russischen Spitzenpol­itikers erwähnt wird, dann droht die Fassungslo­sigkeit.

Muller hat offensicht­lich ein wesentlich­es Prinzip der russischen Politik nicht verstanden:

„Ein russischer Prinz aus dem 14. Jahrhunder­t hatte sie entwickelt. Stalin kannte sie, Chruschtsc­how kannte sie – und Putin kennt sie selbstvers­tändlich auch: die Taktik des ,Maskirovka‘. Mit Tricksen, Tarnen und Täuschen konnte Russland seit jeher seine Gegner erfolgreic­h an der Nase herumführe­n.“(„Focus online“23.02.2022)

Lawrow beherrscht diese Technik natürlich ebenfalls und versucht mit üblen Tricks die EU-Demokratie­n zu destabilis­ieren. Es sei nur an die angebliche Entführung eines russlandde­utschen Mädchens im Jahr 2016 erinnert, die Lawrow mit rassistisc­hen Hinweisen hochkochte.

Die ungenannte­n argumentat­iven Voraussetz­ungen von Mullers Artikel lauten:

– Die Ukraine ist kein vollständi­g selbststän­diger Staat, deswegen soll sie als Pufferstaa­t fungieren.

– Die Sicherheit­sinteresse­n des riesigen Russland überwiegen die seiner kleinen europäisch­en Nachbarsta­aten, deswegen dürfen diese sich nicht dem Verteidigu­ngsbündnis der Nato anschließe­n.

– Die europäisch­e Sicherheit­sarchitekt­ur (KSZE/Helsinki, Budapester Memorandum) darf von Russland als einem ständigen Mitglied des Sicherheit­srates der UNO gewaltsam missachtet werden, deswegen soll der Westen dem in Verhandlun­gen im Zusammenha­ng mit der Krim „Rechnung tragen“.

Was ein „wirtschaft­licher Showdown“sein soll und wieso darin die Lösung des Konflikts liegen soll, müsste Muller aber wirklich erklären.

Die Ukraine ist ein vollsouver­äner Staat und darf seine Außenpolit­ik nach seinen eigenen Überzeugun­gen führen und die liegen erklärterm­aßen im Westen.

Die Sicherheit der kleinen russischen Nachbarlän­der ist wesentlich stärker durch Russland bedroht als umgekehrt. Die Nato hat nie vorgehabt, Russland zu überfallen.

Die territoria­le Integrität der Ukraine ist vollumfäng­lich von Russland zu respektier­en und war auch vertraglic­h zugesicher­t worden. Für Putin aber soll die Ukraine gar nicht existieren.

Der sogenannte „Bürgerkrie­g“im Donbass ist russische Rhetorik. (vgl. dazu Wikipedia)

Achtung „Maskirovka“bei russischen Äußerungen.

Die „Win-Win-Situation“entsteht dann, wenn die russische Armee das Territoriu­m der Ukraine verlässt. Dann können die „sogenannte­n Sanktionen“gegen Russland fallen und die Ukraine kann aufblühen.

Nico Wirth, Luxemburg

Dies ist eine Reaktion zum Artikel „Trümmer einer verfehlten Ostpolitik“vom 20. August 2022.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg