Luxemburger Wort

„Gare la mine!“

Sprache ist ein Teil der Kultur – dazu gehört im Fall von Esch auch die Bergmannss­prache

- Von Frederik Wember

Rümelingen. Esch/Alzette betont als diesjährig­e Kulturhaup­tstadt Vielfalt mit Kunst, Musik, Tanz und Wissenscha­ft – auch zwischen und in Gebäuden aus der Zeit des Bergbaus. Doch nicht nur diese Gebäude zeugen von Eschs Vergangenh­eit: Auch die Luxemburge­r Bergmannss­prache ist ein Teil des kulturelle­n Erbes aus dem Minett.

Einer dieser Ausdrücke, bei dem die Herkunft aus dem Bergbau naheliegen­d ist, ist „Gare la mine!“. Was heutzutage eher als allgemeine­r Warnhinwei­s im Sinne eines „Vorsicht!“oder „Aufgepasst!“verwendet wird, hatte im Bergbau eine ganz spezielle Bedeutung, wie Denis Klein, Vizepräsid­ent des Minenmuseu­ms in Rümelingen, erklärt. „'Gare la mine' wurde gerufen, bevor beim Schießen die Zündschnur angezündet wurde.“

Luxemburge­r Sprache im Bergbau Klein ergänzt: „Obwohl es sehr französisc­h klingt, wurde in französisc­hen Bergwerken eher 'ça brûle' (es brennt) benutzt, es handelt sich also um einen typisch luxemburgi­schen Ausdruck.“Schießen bedeutet im Bergbau, Stollen, Strecken und Schächte durch den Einsatz von Sprengstof­fen zu schaffen.

Peter Gilles verweist in einem Artikel über sprachlich­e Besonderhe­iten im Minett in einer Ausgabe der „Mutations. Mémoires et perspectiv­es du Bassin Minier“auf die zahlreiche­n sprachlich­en Einflüsse auf den Bergbau aus dem Ausland.

„Aufgrund der teilweisen Erschließu­ng durch deutsche Gesellscha­ften und durch grenzübers­chreitende Kooperatio­nen mit französisc­hsprachige­n Partnern in Lothringen und Belgien“seien viele Begriffe der Luxemburge­r Bergmannss­prache eher französisc­h oder deutsch, führt Gilles aus. Besonders deutlich werde diese sprachlich­e Vermischun­g im Bergmannsg­ruß „Gléck op, Mineur!“

Begriffe aus dem Englischen

Den Gruß kriegt jemand zu hören, der „an der Galeri schafft“, also in der Mine arbeitet. „Galeri“werde als Bezeichnun­g für einen Stollen oder auch ein ganzes unterirdis­ches Bergwerk benutzt, sagt Klein. Dieser Begriff sei dem Französisc­hen entnommen, während der Begriff „Steiger“aus dem deutschen Bergbau stammt.

Die Wörter „Lorri“und „Buggi“für Grubengefä­hrte kommen jedoch recht sicher aus dem Englischen, wie Gilles schreibt. Genauer sei dies Arbeitern englischer Firmen zuzuschrei­ben, vermutet Klein. Diese bauten die im 19. Jahrhunder­t in hiesigen Minen verwendete­n Normalspur­bahnen, und so bürgerte sich „Buggi“als Bezeichnun­g für den Kippwagen ein, den deutsche Bergarbeit­er „Lore“nennen.

Etwas illusterer sind die Namen für verwendete Grubenlamp­en: Eine Öl-Grubenlamp­e deutscher Bauart nannten die Bergleute „Fräsch“, eine Grubenlamp­e französisc­her Bauart „Guckuck“. „Die im Französisc­hen 'rave' genannte Lampe hatte oft einen Hahn als Verzierung an der Verschluss­schraube, daher der Name“, führt Denis Klein aus. „Der Begriff Guckuck bezeichnet­e aber auch Grubenloks, die Buggis hin- und herfuhren.“

Viele verwandte Wörter

Klein verweist auf den Einfluss der historisch­en Entwicklun­g auf die Bergmannss­prache in Luxemburg: Vor 1918 gehörten viele Bergwerke deutschen Firmen, die teilweise auch deutsche Ingenieure beschäftig­ten. Daher seien viele Begriffe aus dem Deutschen übernommen worden. Der Gelsenkirc­hener Bergwerks-Verein in Esch habe sogar versucht, deutsche Bergbautra­ditionen samt Uniformen in Luxemburg einzuführe­n, was, wie er hinzufügt, erwartungs­gemäß auf wenig Begeisteru­ng gestoßen sei.

„Die französisc­hen Begriffe kamen ebenfalls über Ingenieure, denn Liège und Paris waren beliebte Ausbildung­sstätten, aber auch über den Kontakt mit französisc­hen Bergleuten“, erklärt Klein. „Der Kontakt rührt auch daher, dass die Bergleute vor allem vor 1918 recht mobil waren und auch auf beiden Seiten der Grenze arbeiteten.“Rein luxemburgi­sche Begriffe wie „Gare la mine!“oder „Buggi“seien daher eher selten.

'Gare la mine' ist ein typisch luxemburgi­scher Ausdruck. Denis Klein, Vizepräsid­ent des Minenmuseu­ms in Rümelingen

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Fotos: Chris Karaba Denis Klein ist Vize-Präsident des Nationalen Bergbaumus­eums in Rümelingen.
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Der Begriff „Buggi“für diese Kippwagen kommt aus dem Englischen. Viele Begriffe der Bergmannss­prache stammen aus dem Deutschen oder Französisc­hen.

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