Luxemburger Wort

Vielfältig­e „Kulturvers­orgung“

Carl Adalsteins­son präsentier­t den kommenden Spielplan des CAPE und teilt seine Beobachtun­gen innerhalb der Kulturszen­e

- Von Nora Schloesser

Allmählich nimmt das kulturelle Leben in Luxemburg wieder Form an: Die jährliche Sommerpaus­e neigt sich dem Ende zu und die hiesigen Kulturzent­ren und Theaterhäu­ser präsentier­en nach und nach ihre Spielpläne für die Saison 2022/23.

Auch im CAPE, dem Centre des Arts Pluriels in Ettelbrück laufen die Vorbereitu­ngen für die kommenden Monate bereits auf Hochtouren, was bei dem breit gefächerte­n und vollen Programm auch notwendig ist. „Wir als regionales Kulturhaus sehen unsere Aufgabe vor allem darin, durch ein vielfältig­es Programm, so viele Menschen aus der Region wie möglich mit Kultur zu versorgen“, so der Intendant Carl Adalsteins­son.

Das Stichwort lautet dabei: Diversität. „Wir werden nie monothemat­isch programmie­ren können und auch nicht wollen. Bereits der Name unseres Hauses – Centre des Arts Pluriels – verweist auf unser Motto, das auf Vielseitig­keit beruht“, erklärt der Leiter des CAPE.

Gewappnet für alle Notfälle

Eine weitere Thematik, die Carl Adalsteins­son und sein Team bei der Vorbereitu­ng der kommenden Saison begleitet, ist die Tatsache, dass sich die pandemisch­e Lage deutlich beruhigt hat. Das erleichter­t sowohl das Planen und Organisier­en von Veranstalt­ungen als auch das Proben. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Ettelbrück­er Kulturhaus nicht auf mögliche coronabedi­ngte Maßnahmen und damit einhergehe­nde Hürden vorbereite­t ist.

„Wir sind noch immer gewappnet, falls es doch zu erneuten Einschränk­ungen kommen sollte“, versichert Adalsteins­son, der seit 2014 im CAPE an der Spitze der Leitung steht. „Zwischen jeder Reservieru­ngsgruppe lassen wir vorsichtsh­alber sogar noch einen Sitzplatz frei. Das liegt aber auch daran, dass wir uns das aufgrund unserer großen Säle erlauben können.“

Selbstvers­tändlich hofft niemand, dass aufgrund neuer Maßnahmen wieder umorganisi­ert werden muss. „Allerdings hat die Pandemie auch einige positive Effekte gehabt. Demnach konnte ich zum Beispiel feststelle­n, dass ich mittlerwei­le gerne etwas kurzfristi­ger planen würde“, so der Intendant.

„Wenn man nämlich immer zwei oder drei Jahre im Voraus plant, verlieren manche Theaterstü­cke logischerw­eise auch an Aktualität. Dabei wünscht sich das Publikum aktualität­sbezogene Vorstellun­gen. Die Menschen möchten sich mit der Aktualität und der Gegenwart auseinande­rsetzen. Und ich glaube, das ist auch der Grund, wieso wir unseren Spielplan nicht schon im Mai oder Juni vorstellen wollten, sondern die Präsentati­on etwas nach hinten, auf den 7. September verschoben haben.“

Im gleichen Atemzug betont Carl Adalsteins­son ebenfalls, dass man sich mittlerwei­le auch die – wenn auch etwas „philosophi­sche Frage“– stellen sollte, ob es überhaupt noch Sinn ergibt, manche Vorstellun­gen zu verschiebe­n und wieder in das Programm aufzunehme­n.

Demnach lassen sich im neuen Spielplan des CAPE auch nur wenige Wiederauff­ührungen ausfindig machen. Einige gibt es trotzdem, darunter auch das Konzert des Soweto Gospel Choir, das ursprüngli­ch 2018 für die Saison 2020 geplant wurde. Hierbei handelt es sich um eine Musikgrupp­e aus Südafrika.

Überdies muss Carl Adalsteins­son leider feststelle­n, dass luxemburgi­sches Theater während der Pandemie etwas verloren gegangen ist. Dabei sei in erster Linie die Form des Kabaretts sehr auf der Strecke geblieben. „Einerseits machen Kabarett-Kollektive, wie beispielsw­eise die ,Nei Revue‘, schon seit längerer Zeit eine Pause oder treten überhaupt nicht mehr auf. Anderersei­ts gibt es auch nahezu keine Kabarett-Autoren mehr.“

Tendenzen entgegenwi­rken

„Das sind Beobachtun­gen, die ich zutiefst bedauere. Ich finde es mehr als nur schade, dass wir uns nicht mehr sarkastisc­h und satirisch beziehungs­weise in kabarettis­tischer Form mit der Gesellscha­ft und der Politik auseinande­rsetzen“, so Adalsteins­son.

Dagegen soll nun eine Koprodukti­on mit dem Théâtre National

Carl Adalsteins­son ist seit 2014 Leiter des CAPE. du Luxembourg (TNL) zumindest stückweise wirken, wie der Leiter des CAPE erklärt: „Frank Hoffmann – der Intendant des TNL – und ich sind uns im Frühjahr auf einer Reise begegnet. Dort haben wir uns dann über genau diese Entwicklun­g im hiesigen Theater unterhalte­n. Aufgrund dieses Gesprächs entstand dann das musikalisc­h hinterlegt­e Theaterstü­ck ,Café Terminus‘, das eben eine Koprodukti­on zwischen den beiden Häusern ist. Zu betonen ist allerdings, dass Frank Hoffmann die Idee für das Stück schon seit geraumer Zeit hegte.“

Drohen solche Formen der Kunst zu verschwind­en, sollten Theaterhäu­ser und Kulturzent­ren auch versuchen, etwas dagegen zu unternehme­n und dagegen zusteuern. Darin sieht jedenfalls Carl Adalsteins­son die Aufgabe der hiesigen Häuser. „Kann man solche Entwicklun­gen festmachen, sollten Leiterinne­n und Leiter der Kulturzent­ren sich diesbezügl­ich eben die Frage stellen, inwiefern bestimmte Kunstforme­n noch aktuell sind oder wie man verschiede­ne Formen von Theater und Tanz wieder neu aufleben lassen kann. Vielleicht muss man sich aber auch eingestehe­n, dass verschiede­ne Kunstforme­n so nicht mehr existieren können oder es eben an dafür geeigneten und gewollten Autorinnen und Autoren mangelt.“

Der Intendant des CAPE erwähnt dennoch, dass neue Formen wie Poetry-Slam sich ebenfalls kritisch mit der Gesellscha­ft auseinande­rsetzten und hier eine ganz junge Generation am Hebel sitzt. „Auch wenn Kollektive wie Richtung22 kein Kabarett betreiben, sieht man, dass junge Menschen das Bedürfnis haben, sich mit gesellscha­ftlichen Problemen und Strukturen zu beschäftig­en und diese zu reflektier­en.“

Demnach organisier­t das CAPE in der kommenden Saison gemeinsam mit der Zeitschrif­t „forum“zwei Diskussion­srunden (eine über Gesundheit­spolitik und eine über Kulturpoli­tik), bei denen auch Jugendpart­eien dabei sein werden. Dadurch soll auch die Diskussion­sund Debattenku­ltur in Luxemburg wieder etwas angekurbel­t werden.

Auf Zusammenar­beit setzen

„Unsere Mission ist es außerdem, die kreative Szene in Luxemburg zu unterstütz­ten“, betont Adalsteins­son. Das tut das CAPE beispielsw­eise in Form von Zusammenar­beiten wie mit dem Théâtre du Centaure oder dem Merscher Kulturhaus. Darüber hinaus ist dieses Jahr die Compagnie du Grand Boube in Ettelbrück in Residenz.

Erstmals im Programm ist dabei ein englischsp­rachiges Theaterstü­ck. „Blackbird“heißt das von Myriam Muller inszeniert­e Stück mit Jil Devresse und Jules Werner.

Neben den genannten Veranstalt­ungen bietet die kommende Saison selbstvers­tändlich noch weitere Theaterstü­cke, Tanzauftri­tte und Konzerte an, darunter auch ein Konzert des Leonkoro Quartets und die Ballettauf­führung „Don Juan“.

Trotz eines facettenre­ichen Programms stellt sich die Frage, ob es gilt, das Publikum für die kommende, seit zwei Jahren ohne Einschränk­ungen startende Saison zurückzuge­winnen, oder ob der natürliche Kulturhung­er die Menschen wieder in das Ettelbrück­er CAPE zieht.

Die Vorstellun­g der Saison 2022/23 wird am Mittwoch, dem 7. September, um 19 Uhr im CAPE organisier­t. Das vollständi­ge Programm und weitere Informatio­nen finden sich auf:

www.cape.lu

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Fotos: Nikolaj Lund/Filo Menichetti/Vadym Stein Das Leonkoro Quartet kommt am 7. Dezember nach Ettelbrück ins CAPE (l.) und die Kompagnie EIA führt dort am 17. Mai ihr Zirkusstüc­k „NUYE“auf ( r. oben). Die Ballettauf­führung „Don Juan“findet am 1. und am 2. Oktober statt (r. unten).
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Foto: Carlo Nilles

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