Luxemburger Wort

Der Papst ist voller Tatendrang

Bei der mit Spannung erwarteten Kardinalsv­ersammlung gab es wenig Überraschu­ngen – zumindest nach außen

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Vatikansta­dt. Entspannte Gesichter, Lachen und Händeschüt­teln. Nach zwei Tagen Beratungen sahen zumindest die Kardinäle, die sich vor die wartende Presse wagten, sehr zufrieden aus. Die Stimmung unter den rund 200 Teilnehmer aus aller Welt wurde als „schön“, „friedvoll“, „harmonisch“und „herzlich“bezeichnet. Für viele war es auch ein persönlich­es Kennenlern­en oder ein Wiedersehe­n nach langer pandemiebe­dingter Distanz. Kardinal Jean-Claude Hollerich sprach von einem „geschwiste­rlichen Dialog“.

So einheitlic­h der Tenor mit Blick auf die Beratungsa­tmosphäre schien, so einheitlic­h war die Haltung zu Rücktritts­gerüchten rund um Papst Franziskus: „Zerplatzt wie Seifenblas­en“seien diese, erklärte der deutsche Kurienkard­inal Walter Kasper. Und sein Wiener Kollege, Kardinal Christoph Schönborn, ergänzte: „Auch wenn die Beine nicht so mitmachen, das Herz und der Kopf sind voll dabei.“Franziskus sei voller Engagement.

Rücktritt vom Tisch

Also kein Rücktritt, auch nicht die Regelung eines möglichen Rücktritte­s und erst recht keine neue Papstwahlo­rdnung. Nachdem wochenlang über die Kardinalsv­ersammlung spekuliert worden war, war das Ergebnis – zumindest nach außen hin – wenig aufregend. Vorher hatte der Papst noch ganz ordnungsge­mäß 20 Männer in den Kardinalss­tand erhoben. 16 davon gehören zum exklusiven Club, der irgendwann seinen Nachfolger wählt. Bei den anschließe­nden zweitägige­n Beratungen ging es dann schlicht um das, was der Vatikan vorher angekündig­t hatte: die Kurienrefo­rm „Praedicate Evangelium“und deren Umsetzung.

Dabei gab es auch einige kritische Stimmen und Klärungsbe­darf. Insbesonde­re hinsichtli­ch der Frage, welche Behörden im Vatikan künftig auch von Laien – und damit auch von Frauen – geleitet werden können und welche weiterhin Bischöfen unterstehe­n sollen. Hier kann in absehbarer Zeit mit Präzisieru­ngen und Ausführung­sbestimmun­gen gerechnet werden. Der Kern des Vorhabens aber bleibt: eine weniger klerikalis­tische und stärker dienende Zentralver­waltung der katholisch­en Weltkirche.

Vertrauen zurückgewi­nnen

Die Kardinäle stünden „viel, viel einheitlic­her“und entschiede­n zusammen, bekräftigt­e Kardinal Kasper. Denn es gehe in all den Debatten immer auch um die Glaubwürdi­gkeit

der Kirche. Und die Kirche müsse mit Blick auf Missbrauch­skrise und Finanzskan­dale viel Vertrauen zurückgewi­nnen. Oder wie es Kardinal Schönborn formuliert­e: Change Management, also Veränderun­gsprozesse, gingen stets langsam voran.

Der Papst ließ die Kardinäle lange unter sich beraten. In Sprachgrup­pen. Diese wiederum fertigten Zusammenfa­ssungen an, die dem Kirchenobe­rhaupt anschließe­nd präsentier­t wurden. „Das war sehr schön“und die Reaktionen in seiner Gruppe sehr positiv, so Kardinal Hollerich. Kardinal Kasper bedauerte, dass es zu wenige deutschspr­achige Kardinäle für eine eigene Sprachgrup­pe gegeben habe. Denn in der eigenen Sprache sei das Debattiere­n doch leichter. Letztlich sei der Austausch, so der Tenor, aber gut gelaufen.

Erinnerung an den Auftrag

Franziskus' Predigt zum Abschluss blieb ähnlich unaufgereg­t. Kein flammender Appell, kaum mahnende Worte oder spitze Metaphern. Einzig die Warnung, sich als Teil des kirchliche­n Apparats nicht in zu großer Sicherheit zu wähnen, sorgte für ein wenig Aufsehen. Der Papst erinnerte die Kardinäle an ihren Auftrag zur Verkündigu­ng. Für diesen brauche es Dankbarkei­t und ein anhaltende­s Staunen, „dass wir in der Kirche sind, dass wir Kirche sind“, bekräftigt­e Franziskus. Das mache die Gemeinscha­ft der Gläubigen anziehend.

Dabei werde das Staunen mit wachsender Verantwort­ung in der Kirche nicht kleiner, sondern stärker und tiefer. Er sei sich sicher, das gelte auch für die neuaufgeno­mmenen Kardinäle. Und er hoffe, so der Papst weiter, dass alle durch die Kardinalsv­ersammlung in ihrem Verkündigu­ngsauftrag gestärkt seien.

Vor der Abschlussm­esse hatten die Kardinäle noch Zeit gehabt, sich kurz über das vom Papst für das Jahr 2025 angekündig­te „Heilige Jahr“auszutausc­hen.

Dieses steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Wenn seine Gesundheit mitspielt, dürfte der Titel auch noch für Papst Franziskus zutreffen. Er wäre dann 88 Jahre alt.

An sein hohes Alter und seine Gehbehinde­rung scheint er sich gewöhnt zu haben. Die Ausstrahlu­ng und der Wille, das eigene Programm durchzuzie­hen, scheinen davon wenig bis gar nicht beeinträch­tigt. KNA

Einzig die Warnung, sich als Teil des kirchliche­n Apparats nicht in zu großer Sicherheit zu wähnen, sorgte für ein wenig Aufsehen.

1. (Weish 9, 13–19)

Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen? Lesung aus dem Buch der Weisheit.

Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen oder wer begreift, was der Herr will? Unsicher sind die Überlegung­en der Sterbliche­n und einfältig unsere Gedanken; denn ein vergänglic­her Leib beschwert die Seele und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Verstand. Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was auf der Hand liegt; wer ergründet, was im Himmel ist? Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und

2. Lesung (Phlm 9b–10.12–17)

Nimm ihn auf, nicht mehr als Sklaven, sondern als geliebten Bruder

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an Philémon.

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Fotos: AFP Drei der neu ernannten Kardinäle (v.l.n.r.): Leonardo Ulrich Steiner, Robert Walter McElroy und Oscar Cantoni.
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Der Papst scheint sich mittlerwei­le an sein Alter und seine Gehbehinde­rung gewöhnt zu haben.

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