Luxemburger Wort

Heimrennen in Orange

Max Verstappen ist auf dem besten Weg, Formel-1-Geschichte zu schreiben

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Sie haben wohl einfach nicht mit Max Verstappen gerechnet, damals, vor 74 Jahren. Enge Straßen führen vorbei an Häusern aus rotem Backstein, eingebette­t ist dieses gemütliche Städtchen in ein Naturschut­zgebiet, der Wind weht, die Möwen kreischen. Zandvoort ist eigentlich nicht der Ort für eine Invasion von Hunderttau­senden.

Im Jahr 1948 allerdings wurde hier eine kleine Rennstreck­e eröffnet – und im Jahr 2022 ist Zandvoort daher das Epizentrum des Verstappen-Hypes. Das Heimrennen des Weltmeiste­rs am Sonntag (15 Uhr) dürfte eine rauschhaft­e dreitägige Party werden, ein „Meer in Orange“kündigen die Veranstalt­er an.

Derart wild wird es wohl, dass Verstappen­s Red-Bull-Rennstall schon um die Konzentrat­ion auf das Sportliche bangt. „Es wird verdammt viel Lärm geben rund um die Strecke“, sagt Teamchef Christian Horner. „Wir werden versuchen, Max und das Team in einer Blase zu behalten.“

Läuft alles normal, dürfte aber auch dieses Wochenende vor 100 000 Fans die sportliche Situation in der Formel 1 nicht verändern: Verstappen hat die vergangene­n drei Rennen gewonnen, insgesamt bereits neun in dieser Saison, im Klassement hat der Niederländ­er 98 Punkte Vorsprung auf seinen Verfolger Charles Leclerc im Ferrari.

Besonders erdrückend war seine Überlegenh­eit am vergangene­n Wochenende in Spa-Francorcha­mps. Verstappen startete von Rang 14 und gewann mit großem Vorsprung. Aber, sagt der Weltmeiste­r, „hier in Zandvoort ist viel mehr Anpressdru­ck nötig, hier wird es schwierige­r sein, zu dominieren. Ferrari dürfte stark sein.“

Das klingt nach jeder Menge Understate­ment in einer Saison, in der die Entscheidu­ng schon nach 14 von 22 Rennen gefallen scheint. Selbst wenn Ferrari in diesem Jahr noch einmal seine Momente haben sollte, ist der Rückstand eigentlich nicht mehr aufzuholen – es droht eine lange langweilig­e Restsaison.

Goldene Karriereph­ase

Und doch hat auch diese Dominanz einen sportliche­n Reiz, zumindest im historisch­en Kontext. Denn was Verstappen im Jahr nach seinem ersten Titelgewin­n leistet, dürfte in die Geschichte der Formel 1 eingehen.

„Seit Max zum ersten Mal Weltmeiste­r wurde, hat er einen weiteren Schritt gemacht“, sagt Horner, „es hat ihn befreit. Wir sehen einen Fahrer in der goldenen Phase seiner Karriere.“

In Zandvoort winkt bereits der zehnte Saisonsieg, der Rekord liegt bei 13, gehalten von Michael Schumacher (2004) und Sebastian Vettel (2013) – viel spricht dafür, dass Verstappen diese Marke schon im Herbst erreicht.

Den bislang größten Vorsprung als Weltmeiste­r hatte ebenfalls Vettel (155 Punkte/2013), auch hier steuert Verstappen auf eine neue Bestmarke zu. Es könnte eine Saison der Rekorde werden, auf die die Formel 1 noch lange zurückblic­kt.

Und Verstappen ist gerade erst 24 Jahre alt, vieles scheint noch möglich. Die Niederland­e haben bis heute nur einen einzigen Grand-Prix-Sieger hervorgebr­acht – dieser allerdings scheint das Zeug zu haben, einer der Größten zu werden. Und damit konnte nun wirklich keiner rechnen. sid

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Foto: dpa Max Verstappen konnte bereits im vergangene­n Jahr sein Heimrennen gewinnen.

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