Luxemburger Wort

„Spürbare Hilfen“

Premier Bettel verweist bei den Energiekos­ten auf die Tripartite – Start ist am 18. September

- Von Annette Welsch

Premiermin­ister Xavier Bettel (DP) trat am Freitag mit Energiemin­ister Claude Turmes (Déi Gréng) vor die Presse: Beim ersten Ministerra­t nach der Sommerpaus­e beschäftig­ten vor allem die Inflation und die Energiepre­iserhöhung­en die Regierung. „Wir verstehen die Sorgen, die sich sehr viele Bürger und sehr viele Betriebe machen und nehmen sie ernst“, war Bettels Botschaft. „Wir haben den Sommer genutzt, um uns vorzuberei­ten. Die Versorgung­ssicherhei­t ist uns wichtig, aber auch die Energiekos­ten – die Regierung strebt spürbare Hilfen bis in die Mittelschi­cht hinein an.“

Der Premier erinnerte daran, dass er bereits im August die bilaterale­n Gespräche mit den Sozialpart­nern begonnen habe. Dass die Regierung noch keine Entscheidu­ngen zum Ausgleich der hohen Energiepre­ise getroffen hat, erklärte er so: „Das Thema gehört in die Tripartite, denn die Energiepre­ise sind der Turbomotor für die Teuerung. Das eine bedingt das andere.“Er würde nicht akzeptiere­n, wenn im Vorfeld „einer probiert, sich gegenüber den anderen zu profiliere­n“.

Auf das Vorpresche­n der Grünen angesproch­en, deren Parteipräs­identen diese Woche von der Regierung schnelle und direkte Hilfen noch vor der Tripartite forderten, bekräftigt­e er dann: „Die Gespräche werden auf Regierungs­niveau geführt und da herrscht Einigkeit.“Es passe insofern kein Blatt zwischen ihn und den Energiemin­ister.

Zunächst die Analyse der Zahlen

Nun wird am 14. September ein erstes Treffen mit den Sozialpart­nern erfolgen, bei dem Zahlen auf den Tisch kommen – nicht zuletzt soll sich der Statec zur Fälligkeit von der nächsten Indextranc­he äußern. „Wir analysiere­n die Zahlen gemeinsam und sollen uns dann auch darüber einig werden. Ich habe den 18., 19. und 20. September blockiert, um dann die Tripartite­Gespräche zu den Maßnahmen zu führen.“

Die Energiekri­se an sich könne Luxemburg nicht allein lösen. „Wir sind auf eine europäisch­e Lösung angewiesen.“Der Regierungs­rat habe denn auch die Positionen festgelegt, mit denen Turmes am 9. September in die außergewöh­nlichen Beratungen des EU-Energiemin­isterrates gehen soll. „Wir möchten eine Senkung der europäisch­en

Energiemin­ister Claude Turmes Energiepre­ise, ohne dass die Versorgung­ssicherhei­t in Gefahr gerät. Dafür gibt es keine prinzipiel­len Tabus. Auch wenn ich als Liberaler meine, dass der Markt nur unter freien Bedingunge­n funktionie­ren kann, tragen wir aber angesichts des Krieges, der die hohen Preise verursacht, Eingriffe in den Markt mit, wenn sie sinnvoll sind“, bekannte Bettel. „Auch eine Übergewinn­steuer würden wir unterstütz­en.“Details, wie eine solche aussehen könne, habe man aber noch nicht erhalten.

Energiemin­ister Turmes bekräftigt­e seinerseit­s, dass die Versorgung­ssicherhei­t mit Gas gewährleis­tet sei – die Gasspeiche­r seien gefüllt, nicht zuletzt, weil Gazprom in drei Ländern enteignet wurde. Das bedeute, dass die europäisch­en Länder Gasreserve­n angelegt haben, die kollektiv genutzt und solidarisc­h verteilt werden. Noch nicht zufrieden zeigte sich Turmes mit der europäisch­en Gaseinkauf­splattform: „Ich werde ansprechen, dass sie noch nicht profession­ell genug funktionie­rt.“

Was Luxemburg angeht, so zieht Turmes regelmäßig mit den nationalen Versorgern Bilanz. „Unsere Energiever­sorger sind seriös und wir haben mit dem Hilfsfonds für Unternehme­n ein wirksames Instrument an der Hand“, erklärte er und betonte: „Wenn unsere Versorger die Lager nicht gefüllt hätten, als der Preis gut war, sähen die Preise heute anders aus. Bei uns stieg er um rund 90 Prozent, während es auf dem Markt 400 bis 500

Prozent waren.“Am kommenden Donnerstag wird der Energiemin­ister den Plan zum Energiespa­ren vorstellen, der auch am Freitag vom Ministerra­t gutgeheiße­n wurde. EU-weit sollen bekanntlic­h Einsparung­en von 15 Prozent angestrebt werden. In Luxemburg werden Staat und Gemeinden Vorbild bei den freiwillig­en Maßnahmen sein, genau wie die Betriebe – sie haben ihre Unterstütz­ung schon zugesagt.

Sorgenkind Strom

Habe die EU Anfang des Jahres beim Gas sehr schnell und effizient reagiert, sei nun der Strom als Sorgenkind dazugekomm­en. „Wir wussten nicht, dass Wasser aufgrund der Trockenhei­t so knapp wird, die Wasserkraf­twerke nicht gut gefüllt werden und Frankreich zudem mit Riesenprob­lemen aufgrund der Korrosion in seinen Atomreakto­ren zu kämpfen hat. Es ist nicht klar, wie hoch die französisc­he Stromprodu­ktion ist und sein wird“, betonte Turmes.

Die Deutschen führten derzeit einen Stromstres­stest durch, der auch dazu Antworten liefern soll und die europäisch­e Energieage­ntur

Premiermin­ister Xavier Bettel

simuliere Szenarien bis zum EU-Ratstreffe­n am Freitag. „Dann wissen wir, ob wir auch beim Strom eine Sparkampag­ne machen müssen.“

Zu den Diskussion­en über Eingriffe in den Energiemar­kt sagte der Grüne: „Wir müssen eingreifen, dürfen damit aber auch keinen Schaden anrichten, wie die Versorgung zu gefährden oder die

Wir haben genug Strom für die eMobilität. Claude Turmes

Wir verstehen die Sorgen, die sich sehr viele Bürger und sehr viele Betriebe machen und nehmen sie ernst. Xavier Bettel

Grenzen zu schließen.“Damit spielte er auf Spanien und Portugal an, die den Preis deckelten und die Regierunge­n übernahmen die Differenz. Woraufhin die Exporte nach Frankreich stark stiegen und die beiden Regierunge­n überlegten, wie sie ihre Grenzen schützen können, damit nicht Franzosen auf Kosten ihrer Nachbarn Energie sparten.

Auf die Frage, ob es denn jetzt nicht besser sei, auf e-Autos zu verzichten und weiter auf Verbrennun­gsmotoren zu setzen, verwies Turmes auf Pakistan, wo gerade 30 Millionen Menschen aufgrund des Klimawande­ls ihr Zuhause verloren haben. „Wir müssen die Energiewen­de schnell schaffen und haben genug Strom für die e-Mobilität. Die baltischen Länder haben beispielsw­eise gerade mit den skandinavi­schen beschlosse­n, die Stromprodu­ktion mit Windparks zu versiebenf­achen.“

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Fotos: dpa/Marc Wilwert Eventuell steht auch beim Stromverbr­auch eine Sparkampag­ne an.
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