Der nächste große Sprung für die Menschheit
Das Artemis-Programm kämpft weiterhin mit technischen Problemen, dabei sind die Ambitionen groß – technisch wie philosophisch
Lange Gesichter und nur wenig Erklärungen: Nach einem erneut fehlgeschlagenen Start der unbemannten Mondmission „Artemis 1“sucht die US-Raumfahrtbehörde Nasa fieberhaft nach den Gründen. Bei einer Pressekonferenz am späten Samstagabend europäischer Zeit bemühte sich Nasa-Chef Bill Nelson mit Missionsmanager Mike Sarafin und NASA-Manager Jim Free um Optimismus. Sie alle konnten aber nur wenige sichere Details und Pläne bestätigen. Fest steht aber, dass es in dieser Woche keinen neuen Launchversuch geben wird.
Undichter Tankschlauch
Das Team untersuche derzeit, warum genau es zu den Problemen kam und welche Reparaturen nötig seien, erklärte Free. Noch könne man nicht sagen, ob ein erneuter Startversuch schon im nächsten (19. September bis 4. Oktober) oder im übernächsten möglichen Planungszeitfenster (17. bis 31. Oktober) erfolgen werde. Außerdem sehe es laut derzeitigem Stand so aus, als müsste die Rakete mit der „Orion“-Kapsel an der Spitze in den Hangar zurück – eine Freigabe für den Verbleib am Launchpad sei bisher nicht erfolgt, sagte Free. Am heutigen Montag und Dienstag will das Team weiter beraten und dann aktualisierte Details und Pläne veröffentlichen.
Der Start am Samstag war wegen eines undichten Tankschlauchs abgesagt worden. Mehrere Versuche, dieses Problem während des Betankens mit flüssigem Wasserstoff zu lösen, waren gescheitert. Rund drei Stunden vor dem Beginn eines möglichen Zeitfensters für den Start wurde dieser dann abgesagt. An diesem Punkt seien die Wasserstofftanks zu elf Prozent gefüllt gewesen, hieß es weiter.
Im Dezember werden es 50 Jahre, dass zuletzt ein Mensch den Mond betreten hat. Das ApolloProgramm der NASA stand in den 1960er und 70er Jahren einerseits ganz im Zeichen im Kalten Krieg. Andererseits war es aber auch ein Symbol dafür, was menschliche Vorstellungskraft und Erfindungsgeist erreichen können. So war die erste Mondlandung nach den Worten von Neil Armstrong „ein großer Sprung für die Menschheit“.
Nach dem Ende des Kalten Krieges war es aber deutlich ruhiger um die Weltraumagentur geworden. Die Budgets schrumpften, aus den großen Sprüngen wurden kleine Hüpfer. Mit dem neu gestarteten Artemis-Programm soll sich das nun wieder ändern. Die großen Ambitionen sind zurück.
Gleich mehrere Grenzen sollen im Rahmen von Artemis durchbrochen werden. So will man bis 2025 nicht nur wieder Menschen zurück zum Mond bringen, diesmal will man bleiben. Eine dauerhafte Mondstation soll errichtet werden. Der Erdtrabant soll dabei indes nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum Mars sein.
Schwierige Generalprobe
Der erste Schritt dazu sollte eigentlich am Samstag der Start der neu entwickelten „Space Launch System (SLS)“-Rakete sein. Aber bereits zum zweiten mal wurden Weltraumenthusiasten auf der ganzen Welt enttäuscht, die im Livestream beobachten wollten, wie der 30 Stockwerke hohe Koloss, der vom US-Hersteller Boeing gebaut wird, vom Kennedy Space Center in Florida abhebt. Der erste Startversuch vergangenen Montag war bereits wegen eines Lecks an den Wasserstofftanks abgebrochen worden.
„Der Start ist so eine Art Generalprobe“, sagte Pete Worden, der frühere Direktor des Ames Research Center, eine der wichtigsten Forschungseinrichtungen der NASA, im Interview mit dem „Luxemburger Wort“. „Bevor wir Menschen damit transportieren, wollen wir sicherstellen, dass alles funktioniert. Wir testen die Lebenserhaltungsund Kontrollsysteme.“Der bemannte Teil von Artemis wird dabei wohl frühestens 2025 beginnen. Im Unterschied zu den Apollo-Missionen der Vergangenheit soll diesmal aber eine langfristige Präsenz auf dem Mond etabliert werden. Eine Mondstation wird dauerhaft Astronauten beherbergen.
Ein zentraler Grund dafür, dass das möglich ist, besteht für Pete Worden darin, dass wichtige Ressourcen auf dem Erdtrabanten entdeckt wurden, vor allem Wasser. „Dadurch wird es deutlich attraktiver, für einen längeren Zeitraum Forschungsstationen einzurichten und dort sogar dauerhaft Menschen wohnen zu lassen“, sagt er. Man könne Wasser mithilfe von Solarenergie in Wasserstoff und Sauerstoff auftrennen, um zum einen die Besatzung zu versorgen, und zum anderen, um Treibstoff für die Raketen zu gewinnen.
Zunächst würden die vor Ort gefundenen Ressourcen unmittelbar dazu dienen, die Station zu betreiben, aber langfristig kann sich der Wissenschaftler auch den kommerziellen Bergbau auf dem Mond vorstellen. „Wir werden nicht sofort damit anfangen, Dinge zur Erde zu bringen. Aber es gibt eine Menge verschiedener Metalle dort. Über Milliarden Jahre wurde der
Mond mit Metallen aus dem Weltraum bombardiert“, sagt Pete Worden.
Geopolitik im Weltraum
Einige davon, wie Platingruppenmetalle, könnten wertvoll genug sein, dass es irgendwann wirtschaftlich wäre, sie zur Erde zu transportieren. Auf eine solche Entwicklung wettet auch die Luxemburger Regierung, die zu einem weltweiten Zentrum für Firmen werden will, die mit dem Abbau von „Space Resources“Geld verdienen. Ein Beispiel für einen Luxemburger Beitrag zum Artemis-Programm ist die Firma iSpace mit Sitz in der Hauptstadt, die von der NASA den Auftrag erhielt, einen Mondrover zu entwickeln, der Materialien am Südpols des Monds abtragen kann.
Aber warum will die Weltraumagentur nach 50 Jahren Pause dem Erdtrabanten ausgerechnet jetzt wieder einen Besuch abstatten? Sicherlich spielt die wieder zunehmende Konkurrenz im Weltraum eine Rolle. So haben in den letzten Jahren andere Länder wie China, Indien und Japan ebenfalls unbemannte Missionen zum Mond unternommen. So erklärte auch China, im kommenden Jahrzehnt gemeinsam mit Russland eine eigene Mondbasis errichten zu wollen. Dass die neue Begeisterung für die Raumfahrt und die neu aufflammende Systemkonkurrenz zu Autokratien zeitlich zusammenfallen, dürfte kein Zufall sein.
Erste Astronautin auf dem Mond
Viele der Ziele der Mission wären weitaus kostengünstiger zu erreichen gewesen, wenn man Roboter anstelle von Astronauten auf
Botschafter Thomas M. Barrett betont die verbindende Kraft der Raumfahrt.
Es wird immer Menschen geben, die erreichen möchten, was noch nie zuvor erreicht wurde. Thomas M. Barrett, US-Botschafter in Luxemburg
Pete Worden ist der frühere Direktor des Ames Research Center der NASA.
den Mond geschickt hätte. Aber wie bei den Apollo-Missionen geht es auch bei Artemis nicht nur um die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte, sondern der Aufbruch zu neuen Grenzen wird ausdrücklich auch als philosophische Anstrengung verstanden.
„In der gesamten Geschichte der Menschheit gab es Entdecker. Es gab immer Menschen, die als erste die Spitze des Berges erklimmen oder ans Ende des Kontinents gelangen wollen. Es wird immer jemanden geben, der erreichen möchte, was noch nie zuvor erreicht wurde“, sagte Thomas M. Barrett, der amerikanische Botschafter in Luxemburg, dem „Luxemburger Wort“.
Daneben ist es ein erklärtes Ziel der Mission, erstmals auch weibliche und ethnisch nicht-weiße Astronauten auf den Mond zu bringen. Der Name Artemis ist daher nicht zufällig gewählt, ist die Göttin des Mondes doch die Zwillingsschwester des Sonnengottes Apollo, nach dem die erste Mondmission benannt wurde. „Über Jahrzehnte wurden diese Dinge von weißen Männern gemacht. Es ist aber wichtig, dass unser Space Programm die gesamte Gesellschaft reflektiert“, sagte Thomas Barret.
Die Kooperation im Weltraum könne dazu beitragen, die geopolitischen und gesellschaftlichen Risse zu kitten, die sich aktuell auftun. „Je mehr Nationen hier zusammenarbeiten, desto besser für die Menschheit“, sagt Barrett. Denn Artemis ist nicht das alleinige Vorhaben der NASA, sondern wichtige Beiträge kommen von Partnern wie der europäischen ESA und der japanischen Weltraumbehörde sowie von privaten
Das Space Launch System (SLS) soll der neue „Packesel“der NASA für künftige Missionen werden.
Unternehmen wie SpaceX oder Blue Origin. Der nächste Schritt in der Erforschung des Weltalls steht dabei für die Wissenschaftler der NASA schon fest. „Der Mond ist nur der Testlauf, um zum Mars zu fliegen. Wir wollen Menschen auf dem Mars sehen. Wahrscheinlich in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts“, sagt Pete Worden. Der Mars habe mehr Ressourcen als der Mond. Es gebe mehr Wasser und eine dünne Atmosphäre, die es erleichtern würden, dauerhafte Siedlungen zu errichten. „Ich denke, in den 2030ern werden wir Hunderte, Tausende, vielleicht Zehntausende Menschen haben, die auf dem Mars leben“, sagt er.
Wann der nächste Versuch des Artemis-Starts unternommen werden soll, steht derzeit noch nicht fest. Auch die längste Reise beginnt bekanntermaßen mit dem ersten Schritt. Und der ist oft der schwerste. mit dpa
In den 2030ern werden hunderte, tausende, vielleicht zehntausende Menschen auf dem Mars leben. Pete Worden, früherer Direktor des Ames Research Center
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