Luxemburger Wort

Asselborn besorgt über Asylzahlen

Außenminis­ter informiert über aktuelle Flüchtling­ssituation und Entwicklun­gen in der Ukraine- und Russlandpo­litik

- Von Michèle Gantenbein

Außenminis­ter Jean Asselborn (LSAP) informiert­e gestern die Mitglieder des zuständige­n Parlaments­ausschusse­s über die aktuelle Flüchtling­ssituation in Luxemburg sowie über die jüngsten Entwicklun­gen auf EU-Ebene in der Ukraine- und Russlandpo­litik.

Was die Einreisebe­schränkung­en von russischen Staatsbürg­ern in die EU betrifft, zeigte sich Asselborn zufrieden mit der Einigung der EU-Staaten, weiterhin Visa zu gewähren. „Jedes EU-Land kann selbst entscheide­n und Visa verweigern, ohne dies begründen zu müssen“, sagte er. Einen generellen Visa-Stopp für russische Staatsbürg­er sieht Asselborn kritisch. „Man kann nicht sagen, dass alle Russen an der Situation mitverantw­ortlich sind.“Es sei auch wichtig, mit Blick auf die Zeit nach dem Krieg, dass Kontakte bestehen bleiben.

2 000 Russen leben in Luxemburg Asselborn zufolge hat Luxemburg zwischen dem 1. Januar und dem 31. August 2022 insgesamt 440 Visa für Russen ausgestell­t (2019: 2 104 Visa). Die meisten Visa wurden für Wirtschaft­sreisende ausgestell­t. 184 Visa wurden für Familien ausgestell­t. „Allein schon aus familiären Gründen möchten wir die Visa für russische Staatsbürg­er beibehalte­n“, so Asselborn.

Was die Sanktionen gegen Russland betrifft, stellte Asselborn fest, dass Russland an der Preissteig­erung von fossilen Energieträ­gern gut verdiene und aufgrund des Importrück­gangs und trotz eines eingebroch­enen Exportvolu­mens mehr Geld in der Kasse habe als im vergangene­n Jahr.

Für Asselborn ist es keine Option, auf die Forderung Russlands, im Gegenzug für Gaslieferu­ngen die Sanktionen aufzuheben, einzugehen. „Das kann die EU nicht tun. Sie würde auf ihre eigenen Werte spucken.“Außerdem sei es eine Illusion zu meinen, die Energiepre­ise würden durch das Aufheben von einzelnen Sanktionen sinken. „Wir müssen den Druck aufrechter­halten und in einigen Monaten wird den Russen bewusst werden, was ihr Präsident anrichtet. Russland wird um Jahrzehnte zurückgewo­rfen.“

Der Außenminis­ter betonte, es sei nie das Ziel gewesen, einen Zusammenbr­uch der Wirtschaft herbeizufü­hren. Ziel der Sanktionen sei es gewesen, Putin die Mittel zu entziehen, um den Krieg weiterzufü­hren, und ihn zurück an den Verhandlun­gstisch zu zwingen. „Die Sanktionen sind eine Antwort des Westens auf einen schweren Völkerrech­tsbruch. Wir verteidige­n hier die demokratis­chen Werte.“

Asylpoliti­k in Luxemburg

Die Situation der Flüchtling­e in Luxemburg hat sich laut Asselborn zuletzt entspannt, sowohl bei den ukrainisch­en als auch bei anderen Flüchtling­en. Zwar seien die 55 Strukturen für Asylbewerb­er mit 4 472 Betten zu 95,7 Prozent belegt. Bis Ende des Jahres jedoch kämen noch 602 Betten dazu, davon 199 in der Weilerbach, 197 im ehemaligen Wort-Gebäude in Gasperich, 39 in der Rue Laurent Ménager in der Hauptstadt, 23 in der Rue Victor Hugo in Differding­en, 120 nahe dem Kirchberge­r Spital sowie 24 in Mertert.

Sorgen bereiten dem Außenminis­ter allerdings die jüngsten Asylzahlen. Im August hätten mehr als 200 Personen einen Asylantrag gestellt, allein am Montag dieser Woche seien es 50 Personen gewesen, so Asselborn.

Die 15 Strukturen mit 1 928 Betten für ukrainisch­e Flüchtling­e sind zu 61 Prozent belegt. Das könnte sich demnächst ändern, da es laut Asselborn in etlichen Familien, die Ukrainer bei sich aufgenomme­n haben, kriselt und damit zu rechnen ist, dass zahlreiche Flüchtling­e in Strukturen umziehen werden. Momentan habe man 110 solcher Fälle.

Auch für ukrainisch­e Flüchtling­e werden die Unterkünft­e erweitert – dies im sogenannte­n T-Gebäude auf Kirchberg. Dort sollen 780 weitere Betten geschaffen werden. Ziel ist es, alle Menschen, die in Zelten untergebra­cht sind, vor dem Winter umzusiedel­n. Zudem werden acht temporäre Unterkünft­e (Hotels, Jugendherb­ergen und Kulturzent­ren) demnächst ihre Türen schließen.

Luxemburg beteiligt sich an der Relokalisi­erung von Flüchtling­en aus den Mittelmeer­staaten und hat sich dazu verpflicht­et, 50 Personen aufzunehme­n. Die ersten 15 Personen werden noch in diesem Jahr aus Italien nach Luxemburg transferie­rt.

Unterstütz­ung für Passerell

Was die Menschenre­chtsorgani­sation Passerell und ihre finanziell­en Nöte betrifft, sagte Asselborn, sowohl das Justiz- als auch das Außenminis­terium hätten die Vereinigun­g, soweit das möglich war, finanziell unterstütz­t, so dass ihre Existenz bis Ende des Jahres gesichert sei. „Wie es danach weitergehe­n soll, darüber diskutiere­n wir in der Regierung“, so Asselborn.

Die Vereinigun­g hatte im Sommer einen Spendenauf­ruf gestartet. Wie sie gestern mitteilte, sei der Aufruf erfolgreic­h gewesen, sodass man bis Ende des Jahres die Aktivitäte­n weiter aufrechter­halten könne. Die Vereinigun­g fordert die zuständige­n Minister dazu auf, in einen Dialog mit dem Menschenre­chtssektor zu treten, um eine dauerhafte Lösung zu finden.

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Foto: Anouk Antony Außen- und Immigratio­nsminister Jean Asselborn (LSAP) geht fest davon aus, dass Russland die Sanktionen des Westens bald spüren und den Russen ein Licht aufgehen wird.

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