Asselborn besorgt über Asylzahlen
Außenminister informiert über aktuelle Flüchtlingssituation und Entwicklungen in der Ukraine- und Russlandpolitik
Außenminister Jean Asselborn (LSAP) informierte gestern die Mitglieder des zuständigen Parlamentsausschusses über die aktuelle Flüchtlingssituation in Luxemburg sowie über die jüngsten Entwicklungen auf EU-Ebene in der Ukraine- und Russlandpolitik.
Was die Einreisebeschränkungen von russischen Staatsbürgern in die EU betrifft, zeigte sich Asselborn zufrieden mit der Einigung der EU-Staaten, weiterhin Visa zu gewähren. „Jedes EU-Land kann selbst entscheiden und Visa verweigern, ohne dies begründen zu müssen“, sagte er. Einen generellen Visa-Stopp für russische Staatsbürger sieht Asselborn kritisch. „Man kann nicht sagen, dass alle Russen an der Situation mitverantwortlich sind.“Es sei auch wichtig, mit Blick auf die Zeit nach dem Krieg, dass Kontakte bestehen bleiben.
2 000 Russen leben in Luxemburg Asselborn zufolge hat Luxemburg zwischen dem 1. Januar und dem 31. August 2022 insgesamt 440 Visa für Russen ausgestellt (2019: 2 104 Visa). Die meisten Visa wurden für Wirtschaftsreisende ausgestellt. 184 Visa wurden für Familien ausgestellt. „Allein schon aus familiären Gründen möchten wir die Visa für russische Staatsbürger beibehalten“, so Asselborn.
Was die Sanktionen gegen Russland betrifft, stellte Asselborn fest, dass Russland an der Preissteigerung von fossilen Energieträgern gut verdiene und aufgrund des Importrückgangs und trotz eines eingebrochenen Exportvolumens mehr Geld in der Kasse habe als im vergangenen Jahr.
Für Asselborn ist es keine Option, auf die Forderung Russlands, im Gegenzug für Gaslieferungen die Sanktionen aufzuheben, einzugehen. „Das kann die EU nicht tun. Sie würde auf ihre eigenen Werte spucken.“Außerdem sei es eine Illusion zu meinen, die Energiepreise würden durch das Aufheben von einzelnen Sanktionen sinken. „Wir müssen den Druck aufrechterhalten und in einigen Monaten wird den Russen bewusst werden, was ihr Präsident anrichtet. Russland wird um Jahrzehnte zurückgeworfen.“
Der Außenminister betonte, es sei nie das Ziel gewesen, einen Zusammenbruch der Wirtschaft herbeizuführen. Ziel der Sanktionen sei es gewesen, Putin die Mittel zu entziehen, um den Krieg weiterzuführen, und ihn zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen. „Die Sanktionen sind eine Antwort des Westens auf einen schweren Völkerrechtsbruch. Wir verteidigen hier die demokratischen Werte.“
Asylpolitik in Luxemburg
Die Situation der Flüchtlinge in Luxemburg hat sich laut Asselborn zuletzt entspannt, sowohl bei den ukrainischen als auch bei anderen Flüchtlingen. Zwar seien die 55 Strukturen für Asylbewerber mit 4 472 Betten zu 95,7 Prozent belegt. Bis Ende des Jahres jedoch kämen noch 602 Betten dazu, davon 199 in der Weilerbach, 197 im ehemaligen Wort-Gebäude in Gasperich, 39 in der Rue Laurent Ménager in der Hauptstadt, 23 in der Rue Victor Hugo in Differdingen, 120 nahe dem Kirchberger Spital sowie 24 in Mertert.
Sorgen bereiten dem Außenminister allerdings die jüngsten Asylzahlen. Im August hätten mehr als 200 Personen einen Asylantrag gestellt, allein am Montag dieser Woche seien es 50 Personen gewesen, so Asselborn.
Die 15 Strukturen mit 1 928 Betten für ukrainische Flüchtlinge sind zu 61 Prozent belegt. Das könnte sich demnächst ändern, da es laut Asselborn in etlichen Familien, die Ukrainer bei sich aufgenommen haben, kriselt und damit zu rechnen ist, dass zahlreiche Flüchtlinge in Strukturen umziehen werden. Momentan habe man 110 solcher Fälle.
Auch für ukrainische Flüchtlinge werden die Unterkünfte erweitert – dies im sogenannten T-Gebäude auf Kirchberg. Dort sollen 780 weitere Betten geschaffen werden. Ziel ist es, alle Menschen, die in Zelten untergebracht sind, vor dem Winter umzusiedeln. Zudem werden acht temporäre Unterkünfte (Hotels, Jugendherbergen und Kulturzentren) demnächst ihre Türen schließen.
Luxemburg beteiligt sich an der Relokalisierung von Flüchtlingen aus den Mittelmeerstaaten und hat sich dazu verpflichtet, 50 Personen aufzunehmen. Die ersten 15 Personen werden noch in diesem Jahr aus Italien nach Luxemburg transferiert.
Unterstützung für Passerell
Was die Menschenrechtsorganisation Passerell und ihre finanziellen Nöte betrifft, sagte Asselborn, sowohl das Justiz- als auch das Außenministerium hätten die Vereinigung, soweit das möglich war, finanziell unterstützt, so dass ihre Existenz bis Ende des Jahres gesichert sei. „Wie es danach weitergehen soll, darüber diskutieren wir in der Regierung“, so Asselborn.
Die Vereinigung hatte im Sommer einen Spendenaufruf gestartet. Wie sie gestern mitteilte, sei der Aufruf erfolgreich gewesen, sodass man bis Ende des Jahres die Aktivitäten weiter aufrechterhalten könne. Die Vereinigung fordert die zuständigen Minister dazu auf, in einen Dialog mit dem Menschenrechtssektor zu treten, um eine dauerhafte Lösung zu finden.