Keine geostrategische Rücksichtnahme
In der Außenpolitik geht es vor allem um Eigeninteressen der Staaten
Anhand dieses Artikels möchte ich mich zu den von Herrn Nico Wirth in seinem Leserbrief vom 31. August 2022 erwähnten unzähligen Hobby-Geostrategen einreihen.
Niemand kann der Ukraine als souveränem Staat vorschreiben, wie sie ihre Außenpolitik gestaltet. Jeder souveräne Staat entwickelt eine außenpolitische Strategie, für die er unweigerlich verantwortlich ist.
Bei großen Staaten wie den USA, Russland oder China ist diese natürlich weltumspannender als in Luxemburg. Inwieweit dabei die Taktik der „Maskirovka“, wenn es denn so etwas gibt, zur Anwendung kommt sei dahin gestellt. Sicher ist, in der Politik gilt das Wort Freundschaft bestenfalls als Wortwahl. Darüber hinaus gelten nur Interessen und kalter Egoismus. Ein französisches Sprichwort untermalt dies trefflich: „Les promesses n’engagent que ceux qui les reçoivent“. Rücksichtnahme gilt nur, soweit sie den eigenen Interessen dient.
Die Ukraine ist seit 1991 ein unabhängiger Staat. Um das Jahr 2005 begann eine von den USA und dem sogenannten Westen unterstützte westliche Ausrichtung der Außenpolitik, die unweigerlich zum Konflikt mit der sogenannten Brudernation Russland führte. Seither sind 17 Jahre vergangen. Die Frage muss erlaubt sein, ob während all dieser Zeit kein Ausgleich zwischen beiden Ländern, ich schreibe absichtlich nicht Nationen, möglich gewesen wäre.
Des Weiteren stellt sich die Frage, wie dieser Konflikt ohne die robuste Einmischung der USA und des Westens verlaufen wäre. Wäre
die Krim möglicherweise noch ukrainisch? Hätte die Rebellion im Donbass und schließlich der russische Einmarsch unter anderen Umständen vielleicht nicht stattgefunden?
Für derlei Überlegungen ist es jetzt allerdings zu spät. Für die USA und ihre Verbündeten bleibt mittlerweile nur noch entweder eine weitere massive Waffenunterstützung bis zum „bitteren Sieg“oder, um weiteres Unheil zu verhindern, eine Einwirkung auf beide Kriegsparteien, um einen Waffenstillstand zu erwirken, der dann zu einer politischen Konfliktlösung führen möge. Verantwortung für die verfehlte Politik der Vergangenheit, das bisherige und eventuell noch kommendes Grauen, tragen alle Parteien.
Kriegsrhetorik, von welcher Seite sie kommen mag, war und ist nicht angebracht. Es geht um das gemeine Volk, unabhängig welcher Nation.
Jean Fischbach, Steinbrücken
Dies ist eine Reaktion zum Leserbrief „Wir Hobby-Geostrategen“vom 31. August 2022.