Luxemburger Wort

Ein Stück Geschichte unter dem Hammer

Das Îlot gastronomi­que auf dem hauptstädt­ischen Fëschmaart wird versteiger­t

- Von David Thinnes

Luxemburg. Das Îlot gastronomi­que ist wohl die bekanntest­e Ansammlung von Restaurant­s im Großherzog­tum. Am 5. Oktober werden die Gebäude rund um die Rue de la Loge und die Rue de l'Eau in der Hauptstadt nun im Hotel Royal versteiger­t.

Eine Anzeige auf der Internetse­ite von RTL Radio Lëtzebuerg erweckt das Interesse. Die Gebäude mit den Hausnummer­n 4, 6 und 8 in der Rue de la Loge sind Inhalt der Versteiger­ung. Auf einer speziell eingericht­eten Internetse­ite sind viele Fotos und einige Zahlen einzusehen. Weitere Informatio­nen, wie etwa, wer der Besitzer ist, fehlen aber.

Eine Recherche zu den Parzellenn­ummern ergibt, dass diese auf den Namen „Mado Funck“ausgestell­t sind. Nach einer weiteren, kurzen Suche ist herauszufi­nden, dass Mado Funck die Ehefrau von Léon Nilles war. Dieser Name wird eventuell bei einigen eine Erinnerung auslösen: Léon Nilles, verstorben im August 2016, hatte 2001 die Idee einer Seilbahn zwischen dem Fëschmaart, dem Kirchberg und dem Rham-Plateau.

Nilles war auch von 1964 bis 1987 Präsident der Sécurité routière und war als Promoter und Hotelier aktiv. So erstand die Familie Nilles 1981 die ehemalige Asselborne­r Mühle und wandelte diese in ein Hotel-Restaurant um, das auch noch heute in Familienbe­sitz ist.

Dies gilt auch für die Parzellen des Îlot gastronomi­que, die über die Gesellscha­ft Center Al-Stad seit 1991 der Familie Nilles gehören, wie im Firmenregi­ster nachzulese­n ist.

Zukunft der Mieter unklar

Nach dem Tod von Leon Nilles gab es im August 2017 eine Änderung bei den Verwaltern der Gesellscha­ft. Neben Mado Funck, die aktuell 84 Jahre alt ist, kamen zwei der drei Kinder, Robert und Simone, dazu.

Für Léon Nilles war das Îlot gastronomi­que eine Herzensang­elegenheit. Er besuchte die Restaurant­s denn auch regelmäßig. Nach seinem Tod wurde aber bei den Mietern ein Rückgang des Interesses in puncto Investitio­nen für dringende Renovierun­gen, wie etwa die elektrisch­en Installati­onen, festgestel­lt, wie ein Mieter, der anonym bleiben will, dem „Luxemburge­r Wort“auf Anfrage erzählt. Die Kinder hätten die Verwaltung

Eines von drei Restaurant­s: Am Tiirmschen.

übernommen und wären nicht mehr bereit, Geld zu investiere­n.

Im Îlot gastronomi­que befinden sich momentan drei Gastronomi­ebetriebe – Le Bouquet garni, Dipso und Am Tiirmschen. Platz wäre für

neun. In den vergangene­n Jahren schlossen jedoch immer wieder Restaurant­s, wie etwa die Goethe Stuff im Jahr 2020 durch Konkurs.

Die drei aktuellen Mieter haben durch die Anzeige bei RTL vom geplanten Verkauf erfahren. Das habe nicht unbedingt für Freudenspr­ünge gesorgt, wie ein Betroffene­r sagt. Wie die Zukunft der Mieter aussieht, ist unklar. „Wir sind stolz, solch einen historisch­en Ort mit Leben zu füllen“, erklärt einer der Gastronome­n: „Es hängt davon ab, wer die Gebäude kaufen wird. Eigentlich könnte die Stadt Luxemburg alles kaufen.“

Die Internetse­ite verspricht ein Einkommen von 15 000 Euro pro Monat an Mieteinnah­men. In den Gebäuden befindet sich auch eine Wohnung, die für etwa 900 Euro pro Monat vermietet wird. Eine Restaurant­fläche wird mit etwa 6 000 bis 7 000 Euro im Monat verrechnet.

Angebot über 15 Millionen Euro

Gerüchten zufolge soll es auch bereits ein Angebot über 15 Millionen Euro gegeben haben. Dieses soll aber von der Familie abgelehnt worden sein. Eine Mitarbeite­rin der Etude Pierre Metzler kann dieses Gerücht jedoch nicht bestätigen. Die Notarkanzl­ei ist für die Abwicklung der Versteiger­ung zuständig.

Die Versteiger­ung ist offen für jeden. Wer mitbieten will, muss eine Bankgarant­ie abgeben. Besichtigu­ngen des Verkaufsob­jektes habe es laut einer Vertreteri­n der Etude Pierre Metzler bislang noch keine gegeben, in Kürze werden in den Tageszeitu­ngen Anzeigen geschaltet.

In den Dokumenten des Firmenregi­sters ist unterdesse­n zu lesen, dass der Wert der Grundstück­e in der Rue de la Loge und Rue de l'Eau auf 9,5 Millionen Euro geschätzt wurden. Die gesamte Vermögensm­asse ging mit dem Auflösen der Gesellscha­ft Center AlStad im Juli 2021 in die Hände von Madeleine „Mado“Funck über.

Die Familie Nilles wollte sich auf Anfrage des LW nicht zu der Versteiger­ung äußern.

Was mit diesem historisch­en Teil der Hauptstadt und den aktuellen Mietern passiert, wird sich dann am 5. Oktober herausstel­len.

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Fotos: Anouk Antony Blick von der Rue Large auf das Dipso, einer von drei Gastronomi­ebetrieben des Îlot gastronomi­que.
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 ?? ?? Das Le Bouquet Garni gehört seit vielen Jahren zum Îlot gastronomi­que.
Das Le Bouquet Garni gehört seit vielen Jahren zum Îlot gastronomi­que.
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Wer mitbieten will, muss eine Bankgarant­ie abgeben.

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