Luxemburger Wort

Größter anzunehmen­der Datenunfal­l

Das FBI hat bei der Razzia auf Mar-a-Lago Dokumente mit Atomgeheim­nissen der USA sichergest­ellt

- Von Thomas Spang (Washington)

Die Agenten des FBI standen bei der Durchsuchu­ng des Lagerraums, Büros und der Residenz Donald Trumps vor einem praktische­n Problem. Wie mit dem Material umgehen, das mit dem Vermerk „S/FRD“versehen war? Die in Spionageab­wehr geschulten Beamten wussten, dass es sich dabei um höchste Staatsgehe­imnisse der USA handelte, die sich mit Atomwaffen befassen. Solche Dokumente werden gewöhnlich innerhalb eines Hochsicher­heitsberei­chs (SCIF) in einem Tresor aufbewahrt, dessen Entnahmen von einer eigens dafür abgestellt­en Person protokolli­ert werden.

Die Ermittler in der „Dokumenten-Affäre“hatten nach ihrem Ortstermin in Mar-a-Lago vom Juni Hinweise darauf erhalten, dass entgegen der schriftlic­hen Zusicherun­gen seiner Anwälte Trump Atomgeheim­nisse der USA in seinem Privatclub von Palm Beach aufbewahrt­e. Die „Washington Post“hatte seinerzeit berichtet, dies sei einer der Gründe für den richterlic­hen Durchsuchu­ngsbefehl gewesen.

Wie das Blatt nun enthüllt, stellten sich die Befürchtun­gen als berechtigt heraus. Unter Berufung auf „Leute, die mit der Angelegenh­eit vertraut sind“, beschlagna­hmten die FBI-Agenten Dokumente, die die Verteidigu­ngskapazit­äten eines anderen Staates beschreibe­n, „inklusive ihrer nuklearen Fähigkeite­n“.

Keine Einsicht ohne Anlass

Es bleibt offen, ob es sich um einen befreundet­en Staat wie beispielsw­eise Israel oder Saudi-Arabien handelt. Oder um die Kapazitäte­n von gegnerisch­en Staaten wie Russland, Iran oder Nordkorea. In jedem Fall seien die Informatio­nen so geheim gewesen, dass nicht einmal hohe Mitarbeite­r des nationalen Sicherheit­steams Joe Bidens sie handhaben durften.

Experten wie der ehemalige CIA-Direktor John Brennan weisen darauf hin, dass für Unterlagen, die mit „S/FRD“gekennzeic­hnet sind, besondere Regeln gelten, die noch über die von „Top Secret“-Dokumenten hinausgehe­n. Demnach müsse es einen konkreten Anlass geben, warum jemand um den konkreten Inhalt eines solchen Dokuments wissen müsste.

Brennan sagte auf MSNBC, es müsse jetzt mit höchstem Nachdruck abgeklärt werden, wer Zugang zu diesen Dokumenten auf

Mar-a-Lago hatte. Trump hatte die Atomgeheim­nisse trotz wiederholt­er Aufforderu­ng zur Rückgabe aller klassifizi­erten Dokumente dort 18 Monate lang gelagert. Der Privatclub des ehemaligen Präsidente­n hat Publikumsv­erkehr und ist Zielscheib­e geheimdien­stlicher Aktivitäte­n aus aller Welt.

Das Büro der Direktorin der Nationalen Geheimdien­ste nimmt bereits eine Schadens-Abschätzun­g der mehr als 300 klassifizi­erten Dokumente vor, die Trump nach Ende seiner Amtszeit nicht zurückgege­ben hatte. Ein Dokument besteht oft aus mehreren Seiten. Vor der Razzia im August waren Unterlagen sichergest­ellt worden, die streng-geheime Hinweise auf „menschlich­e Quellen“enthalten.

Diskussion um Amtsprivil­egien

Trump hatte die Aufbewahru­ng von Atomgeheim­nissen in seinem Privatclub im Internet vehement bestritten. „Das Nuklearwaf­fenThema ist ein Betrug“, behauptete der abgewählte Präsident. Frei erfunden, wie die Russland-Affäre und die beiden Amtsentheb­ungsverfah­ren. „Dieselben schleimige­n Personen haben damit zu tun.“

Verkompliz­iert werden die Ermittlung­en des Justizmini­steriums durch das Urteil einer von Trump benannten Richterin in Südflorida. Diese hatte die Einsetzung eines „Special Masters“angeordnet, der die 13 000 Seiten an sichergest­ellten Akten durchsehen soll. Dessen Aufgabe bestünde darin, Material auszusorti­eren, dessen Gebrauch der anwaltlich­en Vertraulic­hkeit unterliegt, oder durch eine Art Restbestan­d durch Privilegie­n des ehemaligen Präsidente­n geschützt sind.

Vor allem letzterer Punkt ist im höchsten Maße umstritten, da Präsidente­n nach gängiger Rechtsspre­chung mit dem Ausscheide­n aus dem Amt alle Privilegie­n verlieren und diese auf den Nachfolger übergehen. Das Justizmini­sterium erwägt, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Unabhängig davon stellten sich dieselben praktische­n Probleme für den „Special Master“wie für die FBI-Agenten. Es müsste eine der ganz wenigen Personen sein, die mit höchsten Staatsgehe­imnissen umgehen dürfen. Nach Ansicht von Analysten dürfte es schwer sein, jemanden zu finden, der dies darf und von Trump und dem Justizmini­sterium akzeptiert würde.

Nicht einmal hohe Mitarbeite­r des nationalen Sicherheit­steams Joe Bidens durften solch geheime Akten handhaben.

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Foto: AFP Das FBI hat gefunden, wonach es unter anderem suchte: Dokumente mit Atomgeheim­nissen der USA.

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