Luxemburger Wort

Sparen, sparen, sparen

Blau-Rot-Grün will Bürger und Betriebe von freiwillig­en Energiespa­rmaßnahmen überzeugen

- Von Marc Schlammes

Ohne Erzählung geht es heute nicht mehr. Das Narrativ, mit dem Blau-Rot-Grün seine Bürger und Betriebe vom Energiespa­ren überzeugen will, lautet „Zesumme spueren – Zesummenha­len“. „Solidaritä­t muss uns leiten“, stellt Claude Turmes (Déi Gréng) gleich zu Beginn der Pressekonf­erenz klar und bricht eine Lanze für das Luxemburge­r Modell und die daraus resultiere­nde „breite Dynamik“.

Mit ernsten Mienen treten der Energiemin­ister, Innenminis­terin Taina Bofferding (LSAP) und Mittelstan­dsminister Lex Delles (DP) vor die Presse. Mit Aussagen wie „Wir müssen sparen“, „Es sind schwierige Zeiten“und „Es gibt keine Entwarnung“wird Claude Turmes den Ernst der Lage im Laufe der Pressekonf­erenz untermauer­n.

Geschlosse­nheit

Mit ihrem Auftritt demonstrie­ren die drei Minister auch blau-rotgrüne Geschlosse­nheit. Wobei das Bild der Geschlosse­nheit parteipoli­tisch vervollstä­ndigt wird mit Syvicol-Vizepräsid­ent Serge Hoffmann (CSV); zudem sitzen Handelskam­mer – Vize-Präsident Fernand Ernster – und Handwerksk­ammer – Vizepräsid­ent Alexander Kieffer – mit am Tisch.

Die Chambre des métiers hat das Sparpotenz­ial bei Strom, Wasser und Wärme zusammenge­fasst, auf zwei Seiten, in Deutsch und Französisc­h. „Einfache Tipps von ihren Handwerker­n“unterstrei­chen, dass beispielsw­eise 80 Prozent Strom durch LED-Lampen eingespart werden können, 60 Prozent durch das Ausschalte­n des Standby-Modus und 50 Prozent durch den Erwerb von Elektroger­äten der höchsten Energiekla­sse. Ist die Heizung optimal eingestell­t, lassen sich 20 Prozent Wärme einsparen, werben die Handwerker für einen profession­ellen Heizungsch­eck, erinnern daran, dass drei- bis fünfmal Stoßlüften täglich effiziente­r ist als die Kippstellu­ng der Fenster (15 Prozent) und plädieren für die Senkung der Raumtemper­atur: Ein Grad Celsius weniger geht mit sechs Prozent weniger Energie einher.

Richtwert

20 Grad Celsius – das ist der Richtwert, mit dem Luxemburg durch den Winter 2022/23 kommen soll. Ob Bürger, Betriebe oder Behörden: Mit dieser maximalen Raumtemper­atur soll Luxemburg einen wesentlich­en Schritt schaffen, um die EU-Vorgabe zu erreichen, zwischen August 2022 und März 2023 15 Prozent weniger Gas zu verbrauche­n.

Ressortmin­ister Claude Turmes weiß um die Aufgabenst­ellung – „Luxemburg ist bis dato nicht unbedingt Spar-Champion gewesen“– und spricht von einer „großen Herausford­erung für die Gesellscha­ft“. Zuversicht­lich stimmt den

Minister, dass im vorigen Winter sechs Prozent weniger Gas verbraucht wurde.

In einer ersten Etappe setzt die Regierung folglich auf das freiwillig­e Engagement ihrer Bürger und Betriebe. Er wolle keine nationale Sparpolize­i einsetzen, hofft Turmes, dass es nicht zur zweiten Phase kommt: Ein großherzog­liches Reglement mit verbindlic­hen Vorgaben liegt spruchreif in einer Schublade; es sieht unter anderem eine obligatori­sche Senkung der Temperatur vor. In einer dritten Phase, dem Notfallsze­nario, kann der Gashahn für verschiede­ne Branchen zugedreht werden.

Sensibilis­ierungskam­pagne

Erst einmal sollen alle Akteure mit einer breit angelegten Sensibilis­ierungskam­pagne überzeugt werden. Mit Rundschrei­ben werden Gemeinden, Verwaltung­en und Unternehme­n auf Sparmöglic­hkeiten hingewiese­n, Handels- und Handwerksk­ammer wollen ihren Betrieben jeweils mit einer Helpline mit Rat und Tat zur Seite stehen und die Regierung selbst wirbt via Internetse­ite (zesumme-spueren.lu) und Hotline (86902) für ihren nationalen Sparplan und verweist auf die wichtige beratende Rolle der jüngst reorganisi­erten KlimaAgenc­e.

Solidaritä­t ist indes nicht nur in Luxemburg gefordert. Auch auf EU-Ebene, wo sich die Energiemin­ister am Freitag beraten. Bis dato habe dies gut geklappt, erinnert der luxemburgi­sche Energiemin­ister daran, dass die Gasspeiche­r nahezu in Rekordzeit gefüllt wurden und sich genauso rasch um die Sicherung von Alternativ­en – Flüssiggas – bemüht wurde. Mittlerwei­le

müsse jedem bewusst sein, dass die Ressource Energie die Europäisch­e Union gegenüber Autokraten und Diktaturen schwäche, wenn man sich deren Abhängigke­it ausliefere.

Besonderhe­it

Wenn er sich nun heute mit seinen Ministerko­llegen trifft, ist für

Turmes zum einen wichtig, dass die Versorgung­ssicherhei­t gewährleis­tet bleibe und die Grenzen offenbleib­en. Zum anderen ist für ihn mit Blick auf die Preisentwi­cklung und etwaige Interventi­onsmechani­smen von Bedeutung, dass die Besonderhe­it des luxemburgi­schen Marktes berücksich­tigt werde: „Wir haben nur

Luxemburg ist bis dato nicht unbedingt SparChampi­on gewesen. Claude Turmes, Energiemin­ister

sehr wenige Produzente­n und importiere­n den Großteil unseres Stromes.“Man sei folglich nicht gegen den deutschen Vorschlag einer Gewinnabsc­höpfung, so Turmes. Luxemburg benötige jedoch eine nationale Lösung, um Haushalte und Unternehme­n zu entlasten; dies soll in der Tripartite erörtert werden.

Energiemin­ister Claude Turmes (Déi Gréng) mit dem Narrativ der Sparkampag­ne: „Zesumme spueren – Zesummenha­len“.

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