Sparen, sparen, sparen
Blau-Rot-Grün will Bürger und Betriebe von freiwilligen Energiesparmaßnahmen überzeugen
Ohne Erzählung geht es heute nicht mehr. Das Narrativ, mit dem Blau-Rot-Grün seine Bürger und Betriebe vom Energiesparen überzeugen will, lautet „Zesumme spueren – Zesummenhalen“. „Solidarität muss uns leiten“, stellt Claude Turmes (Déi Gréng) gleich zu Beginn der Pressekonferenz klar und bricht eine Lanze für das Luxemburger Modell und die daraus resultierende „breite Dynamik“.
Mit ernsten Mienen treten der Energieminister, Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) und Mittelstandsminister Lex Delles (DP) vor die Presse. Mit Aussagen wie „Wir müssen sparen“, „Es sind schwierige Zeiten“und „Es gibt keine Entwarnung“wird Claude Turmes den Ernst der Lage im Laufe der Pressekonferenz untermauern.
Geschlossenheit
Mit ihrem Auftritt demonstrieren die drei Minister auch blau-rotgrüne Geschlossenheit. Wobei das Bild der Geschlossenheit parteipolitisch vervollständigt wird mit Syvicol-Vizepräsident Serge Hoffmann (CSV); zudem sitzen Handelskammer – Vize-Präsident Fernand Ernster – und Handwerkskammer – Vizepräsident Alexander Kieffer – mit am Tisch.
Die Chambre des métiers hat das Sparpotenzial bei Strom, Wasser und Wärme zusammengefasst, auf zwei Seiten, in Deutsch und Französisch. „Einfache Tipps von ihren Handwerkern“unterstreichen, dass beispielsweise 80 Prozent Strom durch LED-Lampen eingespart werden können, 60 Prozent durch das Ausschalten des Standby-Modus und 50 Prozent durch den Erwerb von Elektrogeräten der höchsten Energieklasse. Ist die Heizung optimal eingestellt, lassen sich 20 Prozent Wärme einsparen, werben die Handwerker für einen professionellen Heizungscheck, erinnern daran, dass drei- bis fünfmal Stoßlüften täglich effizienter ist als die Kippstellung der Fenster (15 Prozent) und plädieren für die Senkung der Raumtemperatur: Ein Grad Celsius weniger geht mit sechs Prozent weniger Energie einher.
Richtwert
20 Grad Celsius – das ist der Richtwert, mit dem Luxemburg durch den Winter 2022/23 kommen soll. Ob Bürger, Betriebe oder Behörden: Mit dieser maximalen Raumtemperatur soll Luxemburg einen wesentlichen Schritt schaffen, um die EU-Vorgabe zu erreichen, zwischen August 2022 und März 2023 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen.
Ressortminister Claude Turmes weiß um die Aufgabenstellung – „Luxemburg ist bis dato nicht unbedingt Spar-Champion gewesen“– und spricht von einer „großen Herausforderung für die Gesellschaft“. Zuversichtlich stimmt den
Minister, dass im vorigen Winter sechs Prozent weniger Gas verbraucht wurde.
In einer ersten Etappe setzt die Regierung folglich auf das freiwillige Engagement ihrer Bürger und Betriebe. Er wolle keine nationale Sparpolizei einsetzen, hofft Turmes, dass es nicht zur zweiten Phase kommt: Ein großherzogliches Reglement mit verbindlichen Vorgaben liegt spruchreif in einer Schublade; es sieht unter anderem eine obligatorische Senkung der Temperatur vor. In einer dritten Phase, dem Notfallszenario, kann der Gashahn für verschiedene Branchen zugedreht werden.
Sensibilisierungskampagne
Erst einmal sollen alle Akteure mit einer breit angelegten Sensibilisierungskampagne überzeugt werden. Mit Rundschreiben werden Gemeinden, Verwaltungen und Unternehmen auf Sparmöglichkeiten hingewiesen, Handels- und Handwerkskammer wollen ihren Betrieben jeweils mit einer Helpline mit Rat und Tat zur Seite stehen und die Regierung selbst wirbt via Internetseite (zesumme-spueren.lu) und Hotline (86902) für ihren nationalen Sparplan und verweist auf die wichtige beratende Rolle der jüngst reorganisierten KlimaAgence.
Solidarität ist indes nicht nur in Luxemburg gefordert. Auch auf EU-Ebene, wo sich die Energieminister am Freitag beraten. Bis dato habe dies gut geklappt, erinnert der luxemburgische Energieminister daran, dass die Gasspeicher nahezu in Rekordzeit gefüllt wurden und sich genauso rasch um die Sicherung von Alternativen – Flüssiggas – bemüht wurde. Mittlerweile
müsse jedem bewusst sein, dass die Ressource Energie die Europäische Union gegenüber Autokraten und Diktaturen schwäche, wenn man sich deren Abhängigkeit ausliefere.
Besonderheit
Wenn er sich nun heute mit seinen Ministerkollegen trifft, ist für
Turmes zum einen wichtig, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibe und die Grenzen offenbleiben. Zum anderen ist für ihn mit Blick auf die Preisentwicklung und etwaige Interventionsmechanismen von Bedeutung, dass die Besonderheit des luxemburgischen Marktes berücksichtigt werde: „Wir haben nur
Luxemburg ist bis dato nicht unbedingt SparChampion gewesen. Claude Turmes, Energieminister
sehr wenige Produzenten und importieren den Großteil unseres Stromes.“Man sei folglich nicht gegen den deutschen Vorschlag einer Gewinnabschöpfung, so Turmes. Luxemburg benötige jedoch eine nationale Lösung, um Haushalte und Unternehmen zu entlasten; dies soll in der Tripartite erörtert werden.
Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) mit dem Narrativ der Sparkampagne: „Zesumme spueren – Zesummenhalen“.