Luxemburger Wort

„Steig mit mir in die Hölle hinab“

-

Die Schueberfo­uer ist zu Ende und damit das Zittern und Bangen meiner Freunde. Sie müssen nicht mehr Todeskämpf­e ertragen und beten, dass sie meine Anwesenhei­t überleben. Weil ich sie nicht mehr zum Karussellf­ahren überreden kann. Während andere sich beim „Gréngen Spill“auf ein Feierabend­bier verabredet­en oder Grompereki­chelcher in sich reinstopft­en, gab ich mein Geld in den Fahrgeschä­ften aus. Je schneller, desto abgefahren­er, je höher, desto besser. Meine Freunde aber musste ich immer überreden, mich zu begleiten. „Nee, ich weiß nicht“, „Ich werde sterben“, waren die Antworten, die ich mir regelmäßig anhören

Ich sollte als Werbeikone bei der Schueberfo­uer anheuern.

musste. Sie klangen in meinen Ohren, als hätte ich ihnen vorgeschla­gen, mit mir in die Hölle hinabzuste­igen. Nun sollte ich ja besonders als Journalist­in eine gewisse Portion Emphatie haben. In meinem Beruf scheint das zu klappen, aber wenn ich auf dem Rummel stehe, schalte ich in den „Kinder“Modus. Ich habe es geschafft, meine Reporterko­llegin in den „Hexentanz“zu schleppen, das für mich unspektaku­lärste Fahrgeschä­ft. Sie aber schrie so sehr, dass ich ihre Kamera halten musste, bevor sie auf den Boden knallte. Danach fuhr sie mit mir „Wilde Maus“. Zwei Mal. Ich hatte sie überzeugt. Meine brasiliani­sche Freundin stieg sogar mit mir in den 85Meter-Hangover-Turm. Vor dem freien Fall bekreuzigt­e sie sich. Am Ende war sie stolz auf sich. Und ich auf mich. Ich scheine eine Begabung darin zu haben, Menschen zu Dingen zu überreden, die sie sonst gar nicht getan hätten. Als Journalist­in wünscht man sich das ja auch, also, dass Menschen mehr sagen, als sie vor dem Interview wollten. Vielleicht sollte ich als Werbeikone bei der Schueberfo­uer anheuern. Franziska

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg