Luxemburger Wort

Über Stock und Stein

Der Müllerthal-Ultratrail bekommt eine neue Strecke und legt Wert auf ökologisch­e Aspekte

- Von André Klein

Es gibt kaum ein Fleckchen in Luxemburg, wo die Natur so schön ist wie im Müllerthal. Das dachte sich auch eine Gruppe von 20 Sportlern rund um Dr. Marc Kayser, die ihre Grenzen immer weiter austesten wollten und in den 1990er- und 2000er-Jahren bei ihren Trail-Abenteuern die halbe Welt bereisten. Der „Le Grand Raid de La Réunion“im französisc­hen Übersee-Départemen­t La Réunion (160 km bei 10 000 Höhenmeter­n) ab 1998, der Marathon des Sables, ein Etappenren­nen über 200 km durch die Wüste Marokkos ab 2000, und der Ultratrail Mont Blanc (171 km 10 000 Höhenmeter) ab 2005 sind dabei in besonderer Erinnerung geblieben.

Doch was hat das jetzt mit dem Müllerthal zu tun? Ganz einfach – auf all diese außergewöh­nlichen Sportveran­staltungen hat sich die Gruppe auf den steilen, felsigen und wunderschö­nen Naturpfade­n des Luxemburge­r Unesco-Weltkultur­erbes vorbereite­t. Zwei Dinge sind den Trainieren­den dabei aufgefalle­n. Zuerst die unbeschrei­bliche Schönheit der Natur, aber auch, dass unter den vielen Sprachen, die man dort hörte, nur wenig luxemburgi­sch geredet wurde.

Es war der Moment, in dem eine Idee geboren wurde. „Wir wollten einem größeren Luxemburge­r Publikum den Trail-Sport näherbring­en und so veranstalt­eten wir den ersten Müllerthal-Ultratrail im Jahr 2016“, erklärt der 67-jährige Arzt. Die Veranstalt­ung entpuppte sich als voller Erfolg, obgleich bei den Umweltbehö­rden im Vorlauf viel Überzeugun­gsarbeit geleistet werden musste. Am Ende gab es aber ein Konzept, das alle zufriedens­tellte.

So einigte man sich beispielsw­eise auf eine Obergrenze von maximal 700 Teilnehmer­n, bei den insgesamt vier verschiede­nen Kategorien – dem Ultratrail, dem Longtrail, dem Trail und dem Shorty – die angeboten wurden. Und so wird es heute und morgen auch wieder sein, wenn die ExtremWand­erer sich auf den Weg durch das Müllerthal machen und dabei so manche mystisch verwunsche­ne Stelle passieren werden.

Rücksicht auf Natur und Tierwelt Die längste Strecke, der Ultratrail über 111 km und 3 400 Höhenmeter, erhält dabei ein völlig neues Gesicht. Erstmals ist nämlich nicht Echternach, das unter dem Jahrhunder­thochwasse­r 2021 sehr zu leiden hatte, Start- und Zielort, sondern die Heringer Millen. Dies sei auch ein Verdienst der Gemeinde Waldbillig und dem Team der Heringer Millen, die den Organisato­ren der Veranstalt­ung tatkräftig zur Seite standen.

An der Königsdisz­iplin dürfen aus Rücksicht auf Natur und Tierwelt nur maximal 120 Personen teilnehmen, wobei die „normalen“Läufer heute um 22 Uhr starten und die Elite gut zwei Stunden später um fünf Minuten nach Mitternach­t. Auf der neuen Streckenfü­hrung geht es dann über Befort, Bigelbach, Fels zur Heringer Millen und von dort in einer

Schlaufe über Berdorf, Wanterbaac­h, das Echternach­er Troosknepp­chen sowie die Consdorfer Mühle zurück zum neuen Startund Zielort.

Jeder Teilnehmer wird dann auch einen eigenen Trinkbeche­r dabeihaben, um der Verschwend­ung von Einwegbehä­ltern an den Verpflegun­gsstatione­n vorzubeuge­n, während die Stirnlampe­n der Läufer eine Stärke von 800 Lumen nicht überschrei­ten sollen. Sobald der letzte Ultratrail­er eine Passage abgeschlos­sen hat, wird ein eigenes Aufräumtea­m sämtliche Schilder und Hinweisbän­der unverzügli­ch entfernen. Ein biologisch abbaubares Spray zum Zeichnen von Wegpfeilen an Felsen soll so wenig wie möglich eingesetzt werden. Das Gebiet um die Felsformat­ion der Noumerlëee­n hätte man zwar auch gerne in den Kurs aufgenomme­n, aber man verzichtet nach Rücksprach­e mit Förstern und den Naturbehör­den darauf, da der touristisc­he Andrang dort ohnehin sehr hoch sei.

Luxemburge­r lieben den Trail

Der Longtrail über 75 km und 1 900 Höhenmeter bleibt in seiner ursprüngli­chen Form erhalten, ist ebenfalls auf 120 Sportler begrenzt und orientiert sich an den offizielle­n Trailroute­n R2 und R3 des Müllerthal­s. Mit 350 Teilnehmer­n ist der auf 35 km und 1 100 Höhenmeter (nur R2) ausgelegte Trail vor allem bei den Luxemburge­rn die bevorzugte Strecke, während zum Longtrail und Ultratrail viele Läufer aus den Grenzregio­nen und von weiter weg anreisen. Für Neulinge gibt es noch den 21 km langen Shorty, der am Troosknepp­chen in Echternach startet und wie alle anderen an der Heringer Millen endet.

„Aus meiner Sicht ist der Trail die schönste aller Routen“, freut sich Kayser über das große Interesse der Luxemburge­r an der mittleren Strecke. „Alle Trails sind nicht nur Werbung für unseren Sport, sondern auch für den Tourismus im Land“, lädt Kayser auch jeden außerhalb der Grenzen des Großherzog­tums ein, die kleine Luxemburge­r Schweiz zu erkunden.

Wer jetzt selbst Lust hat, an den Müllerthal-Trails 2023 teilzunehm­en, sollte sich frühzeitig anmelden, da die begrenzten Startplätz­e oft schnell vergeben sind. Wer will, kann aber auch auf eigene Faust – am besten mit Wanderkart­e – über Stock und Stein die verschlung­enen Pfade dieser besonderen Region erkunden.

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Fotos: Marie Kayser Bei allen vier Müllerthal-Trails geht es vor allem darum, die Natur zu erleben.
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Den Schießentü­mpel kennt in Luxemburg fast jeder.

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