„Die Queen hatte großes Geschick im Umgang mit Menschen“
Großherzog Henri blickt im Interview auf seine Begegnungen mit Königin Elizabeth II. zurück
Großbritannien trauert um seine Königin Elizabeth II. – und auch das luxemburgische Staatsoberhaupt ist tief bewegt und betrübt über das Ableben der Rekord-Herrscherin. „Die Anteilnahme der Bevölkerung ist extrem groß – nicht nur in Großbritannien, sondern auch anderswo“, sagte der 67-Jährige, der die Königin über Jahrzehnte gut gekannt hat, am Freitag im Interview mit dem „Luxemburger Wort“.
Monseigneur, zahlreiche Luxemburgerinnen und Luxemburger trauern in diesen Tagen um Königin Elizabeth II. „Wir sind dankbar für die enge Verbundenheit unserer Familien“haben Sie in Ihrer Kondolenzbotschaft an König Charles III. geschrieben. Welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit der Verstorbenen?
Ich habe die Königin schon als kleiner Junge kennengelernt, weil ich mit meinen Eltern in den 70erJahren mehrfach in England war. Sie hatte eine formidable Ausstrahlung. Sie war sehr angenehm und hatte ein großes Geschick im Umgang mit anderen Menschen. Zusammen mit der Großherzogin habe ich sie zu vielen Gelegenheiten, etwa zu Festen in England besucht; es war einfach schön, ihr zu begegnen.
Die Königin hat sich über die Jahrzehnte einen Ruf als fleißige und disziplinierte Regentin erworben, die immer 100 Prozent gegeben und sich niemals über irgendetwas beschwert hat. Das ist das öffentliche Bild – wie haben Sie sie erlebt?
Sie hat sich in der Tat nie über etwas beschwert – zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Ich denke, privat hatte sie auch ihren Charakter. Sie und Prinz Philip liebten sich sehr; das war etwas ganz Besonderes. Wir haben nie über Politik gesprochen. Wir haben hier und da einmal über die Ökonomie gesprochen.
Als Ihr Vater, Großherzog Jean, und seine Gemahlin Joséphine Charlotte 1972 Großbritannien besuchten, erinnerte die Queen daran, dass ihr Land „in den dunklen Tagen von 1940“in der Lage gewesen sei, „Ihrer Mutter, der allseits beliebten Großherzogin Charlotte Zuflucht zu bieten“. Wie sehr haben diese Jahre des Krieges die Beziehungen der beiden Familien zueinander geprägt?
Ich glaube schon, dass das der Anfang einer ganz engen Freundschaft zwischen beiden Familien war. Man darf nicht vergessen, dass Großherzogin Charlotte aus Portugal direkt nach Großbritannien
gegangen ist, mit der Regierung. Sie haben sich dort regelmäßig getroffen. Mein Vater ist dann in die englische Armee eingetreten; er musste damals einen Antrag stellen und bekam eine offizielle Erlaubnis vom englischen König, um der Armee beitreten zu können. Er wurde Oberst der Irish Guards und hat noch bei den Trooping the Colour teilgenommen. Für ihn war das etwas ganz Besonderes. Und ich glaube, auch für die Beziehungen zwischen Großbritannien und Luxemburg war das sehr gut.
Ist das etwas, das die Generationen überdauert?
Ja. Wir hatten in Großbritannien relativ oft die Gelegenheit, auch mit König Charles zusammenzutreffen, wir haben Verschiedenes zusammen unternommen. Covid hat das ein wenig gebremst.
In Ihrer Kondolenzbotschaft schreiben Sie: „Die Königin hat als dienstälteste Monarchin die Geschichte des Vereinigten Königreichs maßgeblich mitgestaltet.“Machen Sie das an konkreten Ereignissen fest?
Ich denke, wenn jemand 70 Jahre den Thron innehatte, dann ist er Teil der Geschichte. Die Queen hat einen großen Teil des 20. Jahrhunderts und einen erheblichen Abschnitt des 21. Jahrhunderts miterlebt. Das verschaffte ihr eine moralische Autorität. Sie stand über den Parteien, über der Politik, doch ihr Einfluss war trotzdem groß. Ihr wurde zugehört – speziell, wenn sie vom Premierminister
besucht wurde, aber auch von verschiedenen anderen Personen aus der Politik. Niemand weiß natürlich, was bei diesen Audienzen gesagt wurde, aber man kann dabei wichtige Denkanstöße mit auf den Weg geben, die vielleicht Durchschlagskraft haben.
Das sind Botschaften, die vielleicht irgendwann einmal an die Öffentlichkeit geraten werden ... oder auch nie?
Vielleicht auch nie... (lacht) Sie sind normalerweise zu zweit. Ich sehe das ja auch hier in Luxemburg: Wenn ich mit dem Premierminister allein bin, ist niemand da, der Notizen aufzeichnet. Ich glaube nicht, dass im Fall der Audienzen der Queen mit dem Premier Aufzeichnungen gemacht wurden.
Das knüpft daran an, was der frühere US-Präsident Obama in seinem Nachruf betont hat: dass die Queen „für beachtliche diplomatische Erfolge verantwortlich“gewesen sei. Das Amt der Königin ist ja ein überwiegend repräsentatives Amt; politische Entscheidungen werden von der Regierung getroffen. Steckt in einem solchen Amt vielleicht doch mehr Macht, als man es gemeinhin annimmt?
Wenn jemand 70 Jahre in diesem Amt war, nötigt das großen Respekt ab. Ich denke, wenn die Königin etwas sagt – auch in einer kleinen Gruppe von Menschen – dann kann das einen großen Einfluss haben. Auch diplomatisch. Im Commonwealth etwa hat sie aktiv in den Gremien mitgearbeitet. Die Gespräche wurden natürlich vom Premierminister geleitet,
„Wenn jemand 70 Jahre in diesem Amt war, ist der Respekt sehr groß“, sagt Großherzog Henri über Königin Elizabeth II. Schon als kleiner Junge habe er bei Besuchen mit seinen Eltern Queen Elizabeth II. kennengelernt, verrät Großherzog Henri im Interview mit dem „Luxemburger Wort“.
Ich denke, dass es wahrscheinlich jetzt für ihn schwieriger wird, sich so zu engagieren, wie er es vorher als Kronprinz tun konnte.
Sie und Prinz Philip liebten sich sehr; das war etwas ganz Besonderes.