Zwischen Kontinuität und frischem Wind
Christine Keipes, die neue Leiterin des Marnacher Kulturzentrums, verfolgt für die kommende Spielzeit eine klare Linie
Während 15 Jahren war Odile Simon Intendantin des Marnacher Cube 521. Seit Juni dieses Jahres hat Christine Keipes die Leitung übernommen und steuert nun auf ihre erste eigenständige Saison zu. Dabei basiert ihr Programm auf Kontinuität. Sie verfolgt also weiterhin den Weg einer vielfältigen und breit gefächerten Spielzeit, versucht dennoch eigene und neue Akzente zu setzen.
„Da das Cube 521 ein regionales Kulturhaus ist, sollten wir versuchen, mit unserem Programm möglichst viele Menschen anzusprechen. Eigentlich ist das für uns unumgänglich“, so Christine Keipes, die für die Saison 2022/23 sowohl Theater- und Tanzaufführungen als auch Konzerte eingeplant hat. Nicht zu vergessen: das Kinderund Jugendprogramm. „Mir war besonders wichtig, dass im Cube 521 jeder etwas findet, dass ihn interessiert und für jede Alterskategorie etwas dabei ist.“
Nicht umsonst gibt es dieses Jahr eine luxemburgische Produktion, die bereits Kinder ab acht Monaten empfängt. „Knuet“heißt die begehbare, musikalische Installation, die ganz neu auf dem Programm steht.
Frauen im Fokus
Im Bereich Musik gibt es im kommenden Jahr wieder so einiges zu entdecken. Insbesondere das JazzGenre und die Sparte „World Music“sind im Cube 521 gut vertreten. Mit Isfar Sarabski kommt im November beispielsweise ein aserbaidschanischer Pianist nach Marnach, der in seiner Musik sowohl orientalische als auch okzidentalische Klänge und Traditionen vereint. Die Kora-Virtuosin Sona Jobarteh
wird das Kulturhaus im Norden des Landes zu Beginn nächsten Jahres hingegen mit den westafrikanischen Rhythmen ihrer Stegharfe erfüllen.
„Mir ist es ebenfalls sehr wichtig, dass auf der Bühne unseres Hauses Frauen vertreten sind“, erklärt die künstlerische Leiterin. „Vor allem, weil Frauen in der JazzSzene immer noch etwas unterrepräsentiert sind.“
Dabei will Christine Keipes nicht nur nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform bieten, sondern auch regionalen Kulturschaffenden ermöglichen, im Cube 521 aufzutreten. Zudem werden während der Saison 2022/23 in der Loretto-Kapelle in Clerf – eine kleine Kapelle, die unter Denkmalschutz steht – eine Reihe an (Vokal-)Konzerten organisiert.
Das Cube 521 deckt in der kommenden Spielzeit erneut mehrere Musikgenres ab, sodass auch ACappella und klassische Konzerte stattfinden werden. „Ein persönliches Highlight ist für mich auf jeden Fall das Konzert des Kaiser Quartetts. Was zunächst nach einem klassischen Streichquartett klingt, entpuppt sich als ein kleines Ensemble, das unterschiedliche Musikstile vermischt und unter anderem Pop-Elemente in ihre Lieder einbaut. Das Kaiser Quartett ist schlichtweg mein ,Coup de Coeur‘.“
Bevor es aber soweit ist, leitet erst einmal das musikalische Komödien-Trio Bidla Buh die kommende Spielzeit ein, die am 1. Oktober ihren Auftakt im Cube 521 feiert. „Ich wollte die Saison bewusst mit exzellenter Musik und einer humorvollen Veranstaltung eröffnen. Wir durchleben alle gerade eine schwierige und krisenlastige Zeit, da braucht es etwas, was die Menschen ablenkt. Dafür ist Kultur da. Überhaupt soll Kultur Glücksmomente erzeugen, und gleichzeitig ,Brainfood‘ sein.“
Künstlerresidenz in Clerf
„Dieses Jahr haben wir mit ,Carmen‘ nicht nur das erste Mal klassischen Tanz auf dem Programm, sondern wir können nun auch Künstlerresidenzen anbieten“, erzählt Christine Keipes besonders stolz. „In der Nähe der Loretto-Kapelle können wir bis zu vier Künstlerinnen und Künstler beherbergen. Dort ist auch die Tanzproduktion ,Carmen‘ entstanden, bei der unter anderem Tänzerinnen und Tänzer der Ukrainischen Nationaloper Kyiv beteiligt sind.“
Während der kommenden Spielzeit wird die luxemburgische Künstlerin Chantal Maquet im Haus residieren. Damit liegt der
Christine Keipes, Intendantin im Cube 521.
Fokus für das Jahr 2023 eher auf Bildender Kunst. „Chantal Maquet wird von April bis September in unserer Residenz in Clerf arbeiten und ihr partizipatives Projekt, für das sie auch Bewohnerinnen und Bewohner aus der Gemeinde einbeziehen wird, in Form einer Ausstellung im Cube 521 präsentieren. Dennoch wollen wir versuchen, jedes Jahr eine andere Kunstform in unserer Residenz zu begrüßen.“
Neben der Künstlerresidenz, den Musik- und Tanzveranstaltungen stehen in Marnach selbstverständlich auch Theateraufführungen und Lesungen auf dem Programm. Hier bewegt sich das regionale Kulturhaus in alle Richtungen: Sowohl bewegende Stücke wie „Josef und Maria“– ein Weihnachtsmärchen für Erwachsene – als auch Komödien wie „Und wer nimmt den Hund?“und „Drei Männer und ein Baby“, die auf einem Kinofilm von Coline Serreau basiert, sind in den kommenden Monaten im Cube 521 zu sehen.
Lesungen aus Günter Grass’ „Blechtrommel“und Juli Zehs Roman „Über Menschen“weisen zudem auf aktuelle Probleme in der Gesellschaft hin. „In diesen Produktionen und Werken findet man immer wieder Themen, die sich in heutigen Ereignissen und gesellschaftlichen Phänomenen widerspiegeln“, so Christine Keipes.
Mit dem luxemburgischen Kabarett „Dee Leschte mécht d’Luucht aus“vom Kabaret Sténkdéier will das Cube 521 nur bedingt ein Statement für Luxemburger Produktionen setzen. Vielmehr besteht zwischen der Kabarett-Gruppe und dem Haus eine langjährige, traditionelle Verbindung. „Das Team des Kabaret Sténkdéier tritt bereits seit fünf oder sechs Jahren bei uns auf. Und mir war es wichtig, diese Tradition weiterzuführen.“
Kleines Team, hohes Angebot
„Um der Nachfrage des Publikums gerecht zu werden, habe ich als Pendant dazu ,Alte Mädchen‘ – ein deutschsprachiges Popkabarett – programmiert“, erzählt Christine Keipes.
Koproduktionen sind im Cube 521, den die Intendantin als Ort der Begegnung und des Austauschs beschreibt, noch immer von hoher Bedeutung gewesen. Zu sehen gibt es demnach auch das Jugendtheaterstück „King Tel Mo Rei“, das zusammen mit dem Merscher Kulturhaus entstanden ist. „Wir sind
Kultur soll Glücksmomente erzeugen. Christine Keipes
ein kleines Team, das versucht, mit vergleichsweise wenig Mitteln, viel anzubieten.“Immerhin erwarten alle Kulturinteressierte rund 80 Aufführungen in der kommenden Spielzeit des Marnacher Kulturhauses.
Ein wichtiger Bestandteil des Cube 521 ist, wie Christine Keipes immer wieder betont, das Kinderund Jugendprogramm. Im Rahmen dieses werden in der kommenden Saison erstmals Theaterworkshops für Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren angeboten.
Damit präsentiert sich die Spielzeit in Marnach als genauso facettenreich wie die Jahre zuvor.
Das vollständige Programm unter: www.cube521.lu