Versicherer erleiden kaum Hitzeschäden
Der Rekordsommer hat nur einen geringen Einfluss auf die Bilanzen der Branche – Hurrikansaison steht bevor
München. Der ungewöhnlich warme und trockene Sommer in Europa wird für die Versicherungsbranche insgesamt nur mit wenigen Schäden verbunden sein. Das hat Torsten Jeworrek, Vorstand der Munich Re, im Interview mit Bloomberg News erklärt. „Schäden aus Dürre und Waldbränden in Europa diesen Sommer werden für Munich Re und die Versicherungsbranche insgesamt keine große Belastung darstellen. Anders als in den USA sind brennende Wälder oder Ernteausfälle in Europa kaum versichert”, sagte Jeworrek.
Auf der anderen Seite des Atlantiks seien Ernteausfälle vor allem wegen eines staatlich gestützten Systems oft abgedeckt. Und bei Waldbränden würden in den USA häufig Haftpflichtversicherungen greifen, weil es dort oft um die Frage der Verursachung gehe – etwa ein Stromanbieter und seine Überlandleitung.
In Europa hatten schon im Frühsommer Hitze und Trockenheit insbesondere in Italien, Spanien sowie Portugal zu Wassermangel und Waldbränden geführt. In Deutschland gab es den sonnigsten Sommer seit Messbeginn. Jeworrek: „Wir müssen uns in Europa
auf trockenere und wärmere Sommer einstellen.” Bereits im Juli hatte Munich Re in einem separaten Bericht darauf hingewiesen, dass die Macht des Klimawandels immer offensichtlicher werde.
In diesem Umfeld geben sich viele Unternehmen ambitionierte Ziele zum Klimaschutz. Hier setzt Munich Re mit ihrer jungen Tochter TreeTrust an. Sie vermittelt Aufforstungsprojekte an Firmen, damit diese ihren eigenen CO2Ausstoß kompensieren können. Nach einer ersten Fläche in Costa Rica soll das Geschäft nun ausgeweitet werden.
Sprung bei Cyberprämien
Im klassischen Versicherungsgeschäft verzeichnet Munich Re derweil unter anderem Wachstum mit Cyberversicherungen. Kam der Konzern hier in 2021 noch auf Prämieneinnahmen von 1,5 Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro), dürfte er sich in diesem Jahr laut Jeworrek auf die Marke von zwei Milliarden Dollar zubewegen. Das Wachstum komme aus einer steigenden Anzahl von Kunden und höheren Preisen. Der Markt habe sich weiter verhärtet.
„Einige andere Versicherer haben ihre Kapazitäten zurückgefahren, zum Teil wegen teurer Schadensfälle”, erklärte Jeworrek. Erst vor ein paar Tagen hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärt, Cyberversicherer seien 2021 erstmals in die Verlustzone gerutscht. Jeworrek: „Wir haben bislang in keinem Jahr Geld in der Cyberversicherung verloren.” Auch bei der Abdeckung von Hurrikanschäden
sieht Jeworrek nach dem Rückzug einiger Wettbewerber Chancen. „Wir sind bereit, die Kapazität auf dem aktuellen Niveau zu halten oder auszuweiten”, erklärte er. Allerdings müssten die Preise stimmen und die Inflation genau im Blick behalten werden, da die Schadenszahlungen mitunter erst Jahre später erfolgen würden und dann die Reparaturkosten deutlich höher seien als heute. Die aktivsten Monate der aktuellen Hurrikansaison stehen mit September und Oktober erst noch bevor. Warme Oberflächen im Atlantik von zuletzt über 28 Grade Celsius und der La-NiñaWettereffekt begünstigen laut Munich Re derzeit die Bildung von Hurrikanen.
Wenig Visibilität zu möglichen Schäden gebe es im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Bislang hat die Munich Re rund 200 Millionen Euro zurückgelegt, obwohl es kaum Schadensmeldungen gab. „Die Diskussionen mit betroffenen Unternehmen wie Flugzeug-Leasingfirmen haben erst begonnen”, erklärte Jeworrek. „Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis die genauen Versicherungsschäden bekannt sind.“Bloomberg