Die Baustellen der Umweltpolitik
Bericht der EU-Kommission zeigt die Schwachstellen bei der Umsetzung ihrer Politik in Luxemburg auf
Wie gut setzen die einzelnen Regierungen die EU-Umweltvorschriften um und sorgen dafür, dass die Bürger gute Luft atmen, gutes Wasser trinken sowie in der gut geschützten Natur Erholung finden und die Kreislaufwirtschaft funktioniert? Und nicht zuletzt das Klima geschützt wird? Seit 2017 überprüft die EU-Kommission dies in der Environmental Implementation Review (EIR), erstellt Länderberichte, listet aber auch vorrangige Maßnahmen zur Verbesserung auf.
„Eine schlechte Umsetzung verursacht in der gesamten EU Kosten von 55 Milliarden Euro für die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Umwelt“, sagte Anne Calteux einleitend. Sie ist die Vertreterin der EU-Kommission in Luxemburg und stellte am Dienstag die nach 2017 und 2019 dritte Überprüfung vor – im Beisein von Umweltministerin Joëlle Welfring (Déi Gréng), die denn auch auf Luxemburgs Daten reagieren durfte.
„Es ist eine kritischere, weniger freundschaftliche Analyse, die mehr Anreize für Verbesserungen der problematischen Bereiche schaffen will“, betonte Calteux. Denn mittlerweile gebe es den ambitiösen Green Deal der EU-Kommission zum Klimaschutz und 2024 sind Europa-Wahlen. „Die Kommission muss bis dahin Resultate vorweisen.“
Hohe Wiederverwertungsquote
Die gibt es in Luxemburg durchaus. Gelobt werden die Fortschritte bei der Dekarbonisierung im öffentlichen Transport, der nunmehr gratis und stärker elektrifiziert ist. Luxemburg sei hier ein „guter Schüler“, man müsse aber noch die Auswirkungen abwarten, mahnte Calteux. Im Wasser sei die Belastung durch Schwermetalle zurückgegangen. Gut schneide Luxemburg als Pionier bei der Wiederverwertung von Materialien und der Produktivität von Ressourcen ab – das Land sei hier „ganz vorne dabei“. Verbessert habe sich auch der Zugang zu Umweltschutz-Informationen für die Bürger durch Portale des Ministeriums.
Sorgen bereitet die Luftverschmutzung durch das hohe Verkehrsaufkommen – nicht zuletzt wegen der Grenzgänger – und die Stahlindustrie. 230 vorzeitig Verstorbene pro Jahr ist das Resultat davon. Die Treibhausgasemissionen pro Kopf sind doppelt so hoch wie im EU-Schnitt und für den hohen Anteil an Stickstoffdioxid droht eine Strafprozedur der EU. Luxemburg soll die Hauptursachen drücken, die Normen respektieren und die Verschmutzung durch Schwermetalle herabsetzen.
Schwere Verluste weist die Biodiversität auf: Die Hälfte des Lebensraums sowie der Wälder und 45 Prozent der Arten sind in einem schlechten, bedrohten Zustand. Sie stehen unter Druck der Landwirtschaft, der Zersiedelung und der Flächenversiegelung. Calteux wies aber auch darauf hin, dass mittlerweile 27 Prozent der Landesfläche Naturschutzzonen sind – 18 Prozent sind es im EU-Schnitt. „Die Kommission fordert dazu auf, dass die Frage der Biodiversität in alle Politikbereiche integriert wird, die Fragmentierung der Lebensräume verhindert und die intensive Landwirtschaft reduziert wird“, erklärte Calteux.
Schlechte Wasserqualität
Schlecht sieht es beim Wasser aus. Nur 2,7 Prozent des Oberflächenwassers ist in gutem ökologischem Zustand, es sind zu viele Nitrate enthalten, die zu 77 Prozent aus der Landwirtschaft stammen. Dagegen müsse vorgegangen werden. Die Politik zum Naturschutz und die zur Wasserbewirtschaftung müsse besser koordiniert werden.
Hohe Werte gibt es auch beim Abfallaufkommen. Teils wird es durch die Grenzgänger verursacht, aber auch die Gemeinden liegen über dem EU-Niveau. „Es braucht mehr Aufklärung und es muss den Bürgern leichter gemacht werden zu rezyklieren“, sagte die Kommissionsvertreterin, die generell auch auf die niedrigen Umweltabgaben hinwies. „Sie sind mit 1,39 Prozent des BIP die niedrigsten in der gesamten EU, wo der Schnitt bei weit über zwei Prozent liegt. Das wird als problematisch angesehen“, sagte Calteux. So gebe es gar keine Abgabe auf Kerosin beispielsweise.
Es müsse eine Strategie zur höheren Finanzierung des Umweltschutzes entwickelt werden, das Defizit liege bei 0,27 Prozent des BIP. 99 Prozent der Ausgaben würden derzeit mit nationalen Mitteln getragen, weshalb die Fonds der EU mehr genutzt werden sollten. Die Kommission empfiehlt zudem, dass die Öffentlichkeit mehr über ihre Rechte auf Anhörung und rechtliche Schritte informiert werden sollte.
„Die Daten des Berichts stammen von 2019, seither wurden große Fortschritte gemacht“, betonte Welfring. So seien unter anderem Kläranlagen gebaut und erneuert worden. Auch die Luftqualität habe sich verbessert. „Die Stickstoffdioxide sind gesunken und liegen seit zwei Jahren unter den Grenzwerten.“Die Bevölkerung wachse stark, weshalb man bei der Urbanisierung auf das neue Landesplanungskonzept setze. Der Naturpakt mit den Gemeinden werde ausgeweitet, der nationale Klimaplan aktualisiert und mit dem Klimabonus den Leuten geholfen, die in erneuerbare Energien investieren wollen.
Die Umweltabgaben sind mit 1,39 Prozent des BIP die niedrigsten in der gesamten EU. EU-Kommission