Die Überraschungsmannschaft
Zwölf Juniorinnen vertreten Luxemburg bei der TeamGym-EM im eigenen Land und haben ehrgeizige Ziele
Sie haben die gesamten Ferien geopfert, an verschiedenen Orten trainiert und sogar das Design ihrer Turnanzüge selbst entworfen. Keine Frage: Die jungen Sportlerinnen, die Luxemburg bei der Europameisterschaft im TeamGym im eigenen Land vertreten, sind enorm fleißig. Die Mannschaft hat Monate harter Arbeit hinter sich. Und sie hat große Ziele.
„Wir erwarten es von uns selbst“, sagt Lena Thuy, eine der zwölf Juniorinnen der Nationalmannschaft, über die Ambitionen. Sie möchten in der Coque ins Finale der besten Acht kommen, heute Abend ist Qualifikation. Das wäre eine echte Überraschung. Niemand im Verband FLGym verlangt das von ihnen. Doch die Turnerinnen setzen sich selbst unter Druck.
Mit Überraschungen kennen sie sich aus. Obwohl die Sportart in Luxemburg erst seit 2019 trainiert wird, haben die Juniorinnen bereits EM-Erfahrung. Sie nahmen im vergangenen Dezember kurz entschlossen an den Titelkämpfen im portugiesischen Guimaraes teil und schafften es sensationell ins Finale. „Das war eine unbeschreibliche Situation. Wir hatten gehofft, dass wir nicht Letzte werden. Es war so ein schöner Moment, den wir nie vergessen werden“, erzählt Thuy.
Sportlerinnen aus drei Vereinen
Die Juniorinnen, von denen elf in Guimaraes am Start waren, sind die einzige Luxemburger Mannschaft bei der EM. Im Erwachsenenbereich
oder bei den männlichen Turnern gibt es hierzulande noch keine kompletten Teams. So eines besteht aus zwölf Mitgliedern, zwei davon sind Reservistinnen. Bis zum Alter von 17 können die Mädchen als Juniorinnen antreten.
Im Luxemburger Team kämpfen Sportlerinnen der Jahrgänge 2008 bis 2005 gemeinsam. Sie gehören drei verschiedenen Vereinen an: Frida Bistrup, Kiara Brenner, Aimée di Millo, Shanice Freitas, Paloma Marochi, Sara Neves und Thuy sind bei Le Réveil Bettemburg
lizenziert. Maura Njoya, Emma Read und Allison Riel gehören Athletico Steinfort an, Leticia Pinto und Ella Scheer dem Nordstad Turnverein.
Sie kommen aus dem Kunstturnen. Der Wechsel zum TeamGym bedeutete auch eine mentale Umstellung.
„Neu für sie war dieser Teamgedanke. Im klassischen Turnen ist es doch eher so, dass die oder der Beste gesucht wird und im Mittelpunkt steht. Hier wissen die Turnerinnen ganz genau, dass es nichts bringt, wenn sie nur eine Gute haben“, erklärt Trainer Silvio Sagramola. In den Disziplinen Tumbling und Trampette müssen beispielsweise mindestens sechs Mitglieder erfolgreiche Durchgänge absolvieren. Bei der Bodenübung müssen zehn Turnerinnen gleichzeitig ein harmonisches Gesamtbild zeigen. „Wir brauchen das ganze Team, wenn wir erfolgreich sein wollen“, so Sagramola.
Kleine Konflikte
Das ist eine Herausforderung, aber auch genau das, was die Turnerinnen an der neuen Sportart so lieben. „Das Schöne am TeamGym ist, dass man eine Mannschaft hat, die einen immer unterstützt. Das ist eine große Motivation, dadurch gelingt vieles besser. Wir sind wie eine Familie“, erklärt Ella Scheer. Ganz ohne Konflikte geht es nicht, aber die sind schnell ausgeräumt, berichtet Lena Thuy: „Es sind nur Kleinigkeiten. Wir versöhnen uns immer wieder und halten zusammen.“
Sie haben das schon in der anstrengenden Vorbereitung bewiesen, in der sie zum Teil jeden Tag gemeinsam trainierten. Die Bedingungen sind sehr schwierig, die Wege weit, denn Luxemburg hat keine Halle für TeamGym. Die Mädchen trainieren abwechselnd in Hosingen, wo sie während der Schulzeiten nur sonntags zu Gast sein können, und in Fameck in Frankreich. Anfang August waren sie im Trainingslager in Anadia in Portugal. Sie arbeiten auch mit dem portugiesischen Experten Vasco Santos.
Mangels geeigneter Halle müssen die Turnerinnen ihre Geräte, wie die lange Tumbling-Bahn, jedes Mal auf- und abbauen. Trotzdem tun sie alles, um stetig besser zu werden. Die einzelnen Elemente der Übungen sitzen, am Ende kommt es aber auf die Ausführung an. Da spielt der Stress eine Rolle. „Wir müssen uns auf die Landungen konzentrieren. Wenn man nervös ist, ist man unsicherer“, sagt Thuy. Und bei der Bodenübung komme es zudem auf die Ausstrahlung an, erklärt Scheer: „Die Freude, die wir in uns haben, müssen wir auch zeigen.“
Wir sind wie eine Familie. Ella Scheer
Das Schöne am TeamGym ist, dass man eine Mannschaft hat, die einen immer unterstützt. Lena Thuy