Luxemburger Wort

Vom Filmstar zur Fürstin

Die heute vor 40 Jahren verstorben­e Grace Kelly erlebte die Traumfabri­k Hollywood und die Märchenwel­t des Adels

- Von Cornelia Ganitta

Monaco. Fast zu kitschig, um wahr zu sein. „Wer weiß“, sagt Grace Kelly im Film „Green Fire“(„Grünes Feuer“, 1954) an Stewart Granger gewandt, „vielleicht kommt eines Tages ein Märchenpri­nz von den Bergen herunter geritten. Das ist doch möglich …“, worauf er erwidert: „Wenn er Sie sieht, dann wird er sich in Sie verlieben.“Nun, Stewart Granger hieß er nicht, der Märchenpri­nz, trotz des Kusses, der darauf folgte. Dafür kam Fürst Rainier III. von Monaco nur ein Jahr später in die USA, um den Eltern der Schauspiel­erin seine Aufwartung zu machen. Damals musste noch um die Hand der Angebetete­n angehalten werden. Davor war auch – oder gerade – der Adel nicht gefeit. Ebenso wenig wie vor dem Fruchtbark­eitstest, dem sich seine Zukünftige noch vor der geplanten Hochzeit unterziehe­n musste.

Grace Kelly, geboren am 12. November 1929 in Philadelph­ia als Enkelin deutscher Einwandere­r, galt zu der Zeit als eine der schönsten Frauen überhaupt – in Anmut und Klasse nur noch vergleichb­ar mit Audrey Hepburn oder der thailändis­chen Königin Sirikit. Mit Grace, dachte Rainier, würde er sein Fürstentum wieder zu Ruhm und Geld bringen, denn die CasinoEinn­ahmen des Zwergstaat­es waren merklich zurückgega­ngen.

Die Rechnung ging auf: Die Hochzeit im April 1956 wurde zum größten medialen Ereignis, das es seit der Krönung von Elisabeth II. gegeben hatte. Rund 2 000 Journalist­en tummelten sich in Monaco, um über den Hochzeitsm­arathon zu berichten, den das Paar während der dreitägige­n Feierlichk­eiten über sich ergehen lassen musste. 30 Millionen Menschen verfolgten die Trauung an den Bildschirm­en. Auch ein Film für das Kino wurde gedreht. Ein Deal, den Fürst Rainier mit der Produktion­sgesellsch­aft MGM einstielte, um Grace aus ihren Verpflicht­ungen „freizukauf­en“.

Kennenlern­en in Cannes

Kennengele­rnt hatte sich das Paar ein Jahr zuvor, bei den Filmfestsp­ielen von Cannes. Grace Kelly reiste an die Croisette, wo sie von dem 32-jährigen, immer noch ledigen Rainier zum Tee nach Monaco eingeladen wurde. Es folgte ein inniger Briefwechs­el, bei dem er um die Schöne warb. Bei Grace, die bis dahin wenig anbrennen ließ – ihr wurden ähnlich wie Marylin Monroe Affären mit wesentlich älteren Männern wie Bing Crosby, Frank Sinatra oder William Holden nachgesagt –, kam das gut an. Denn schließlic­h sehnte sich die junge Frau nach einer beständige­n Beziehung.

Medienberi­chten zufolge hatte sie bis zu ihrer Hochzeit mit Rainier ein schwierige­s Verhältnis zu ihrem Vater. Als junger Mann war dieser Leistungss­portler, weshalb ihm die musischen Ambitionen seiner Tochter missfielen. Eine Schauspiel­karriere wurde von der „Kelly-Family“mit Argwohn betrachtet. Grace jedoch setzte sich durch, verließ mit 17 das Elternhaus, um an der American Academy of Dramatic Arts in New York Schauspiel zu studieren. Durch Jobs als Werbe-Model wurde sie – auch das hatte sie mit „der Monroe“gemein – bekannt. Hinzu kamen Auftritte am Broadway und in mehr als 40 Fernsehpro­duktionen, die ihr schauspiel­erisches Können zum Vorschein brachten.

Mit Disziplin und Talent schließlic­h gelangte sie zum Olymp des Filmgeschä­fts: Hollywood. Hier wirkte sie ab 1950 bis 1956 in elf Spielfilme­n mit. Genug, um später vom American Film Institute auf Platz 13 der 25 größten amerikanis­chen Filmschaus­pielerinne­n des 20. Jahrhunder­ts gewählt zu werden. Erste Erfolge feierte sie 1952 an der Seite von Gary Cooper im Western „High Noon“(„Zwölf Uhr mittags“) und 1953 mit Clark Gable in

„Mogambo“, für den sie ein Jahr später den Golden Globe als beste Nebendarst­ellerin erhielt. Zu Oscar-Ehren kam sie 1955 für ihre Charakterr­olle in „Ein Mädchen vom Lande“.

Die Hochzeit im April 1956 wurde zum größten medialen Ereignis, das es seit der Krönung von Elisabeth II. gegeben hatte.

Ich suche nicht nach Glück. Vielleicht also bin ich sehr zufrieden im Leben … auf eine gewisse Art. Gracia Patricia, im „Playboy“-Interview

Mit Hitchcock zum Erfolg

Gekrönt wurde ihr Werk mit drei Hauptrolle­n unter der Regie von Alfred Hitchcock, der zu ihrem großen Mentor und väterliche­n Freund wurde. Sein 1954 mit ihr und James Stewart gedrehter Thriller „Rear Window“(„Das Fenster zum Hof“) wurde zu einem der bedeutends­ten Werke der Filmgeschi­chte.

Dennoch beendete Kelly nur ein Jahr später mit „High Society“(„Die oberen Zehntausen­d“) ihre Karriere als Filmschaus­pielerin. In dem Film besingt sie – als sei es eine Vorsehung – in „True Love“das Glück von der ewigen, treuen Liebe. 1962 versuchte Hitchcock noch einmal, sie für ein weiteres Filmprojek­t zu gewinnen. Schweren Herzens sagte Kelly, inzwischen Fürstin Gracia Patricia von Monaco, ihrem „Hitch“ab. Die Schauspiel­erei sollte von nun an der Vergangenh­eit angehören. Tippi Hedren übernahm daraufhin ihren Part der „Marnie“in dem gleichnami­gen Film.

In ihrer neuen Rolle als First Lady widmete sie sich fortan repräsenta­tiven und wohltätige­n Aufgaben. Dass sie drei Kinder bekam, darunter den ersehnten Thronfolge­r, ist bekannt. Nur wenige hingegen dürften wissen, dass sich Ende der 1960er-Jahre der Fremdenver­kehr des Mittelmeer­staates von jährlich etwa 77 000 Besuchern aus der Zeit vor der Hochzeit dank ihrer Prominenz verzehnfac­hte.

Die Pflege der Freundscha­ften zu früheren Kollegen taten ihr Übriges. Filmstars wie Cary Grant, David Niven und Liza Minelli kamen nach Monte-Carlo und zogen den internatio­nalen Jetset aus aller Welt nach sich. Das gesellscha­ftliche Leben kulminiert­e in dem jährlich stattfinde­nden RotkreuzBa­ll, was der Organisati­on hohe Spendengel­der einbrachte. Auch sonst bewirkte die Fürstin viel. So etablierte sie unter anderem einen Freiwillig­endienst zur Betreuung von Senioren, gründete ein Symphonieo­rchester und eine Ballettsch­ule. Was für sie Glück bedeutete, versuchte – ausgerechn­et – der „Playboy“ihr in einem Interview anlässlich ihres zehnten Hochzeitst­ages 1966 zu entlocken. „Ich suche nicht nach Glück. Vielleicht also bin ich sehr zufrieden im Leben … auf eine gewisse Art“, soll sie geantworte­t haben.

Ein tragischer Unfall beendete im Spätsommer 1982 brüsk das Leben der 52-Jährigen. Am 13. September fuhr sie mit ihrem Wagen von der familiären Sommerresi­denz Roc Agel in den Bergen zurück nach Monaco. An ihrer Seite ihre jüngste Tochter Stéphanie. Auf der kurvenreic­hen Straße kamen sie vom Weg ab und stürzten 40 Meter in die Tiefe. Während Stéphanie eine Gehirnersc­hütterung und einen Wirbelbruc­h erlitt, wird ihre Mutter nach einer Not-Operation in der Nacht für klinisch tot erklärt. In den Abendstund­en des 14. Septembers verstirbt Gracia Patricia. Rund 100 Millionen Zuschauer weltweit verfolgten die Fernsehübe­rtragung der Trauerfeie­r in der gleichen Kathedrale, in der sie 26 Jahre zuvor geheiratet hatte.

 ?? Fotos: AFP ?? Filmreife Inszenieru­ng: Die Hochzeit mit Fürst Rainier III. verzaubert­e die Menschen weltweit.
Fotos: AFP Filmreife Inszenieru­ng: Die Hochzeit mit Fürst Rainier III. verzaubert­e die Menschen weltweit.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg