Luxemburger Wort

Stein des Anstoßes

1822 entziffert Sprachfors­cher Jean-François Champollio­n erstmals Hieroglyph­en

- Illustrati­on: Mara Mohnen

Paris. Zu viele Hieroglyph­en für zu wenig Worte: Diese Erkenntnis brachte den französisc­hen Sprachfors­cher Champollio­n den entscheide­nden Schritt weiter. Als Erstem gelang es ihm, die altägyptis­chen Hieroglyph­en zu entziffern. 23 Jahre waren zu diesem Zeitpunkt vergangen, seit französisc­he Soldaten Napoleons 1799 bei Bauarbeite­n in Raschid im Nildelta eine schwarze Basaltstel­e zutage gefördert hatten, die zu einer Sternstund­e der Ägyptologi­e führen sollte. Rosetta, wie die Europäer Raschid nannten, gab dem 1,14 Meter hohen und 0,72 Meter breiten Stein seinen Namen.

Seine Bedeutung wiederum liegt in dem, was in den Stein gehauen ist: ein Dekret der zu Memphis versammelt­en Priestersc­haft zu Ehren des Königs Ptolemäus V. Epiphanes aus dem Jahr 196 vor Christus – in drei Sprachen und Schriften, Griechisch, der altägyptis­chen Umgangsspr­ache Demotisch und Hieroglyph­en.

Dass es sich bei den Inschrifte­n um ein und denselben Text in verschiede­nen Sprachen handeln musste, mutmaßten schon die Finder des Steins. Ein Wettlauf um die Entzifferu­ng der Hieroglyph­en begann. Der französisc­he Philologe Antoine-Isaac Silvestre de Sacy leistete Vorarbeit zur Entzifferu­ng des Demotische­n, der schwedisch­e Orientalis­t Johan David Akerblad setzte Sacys Arbeit fort und identifizi­erte die Eigennamen im demotische­n Text. Der englische Physiker Thomas Young schließlic­h erkannte, dass die Kartuschen, die ovalen Umrandunge­n, Pharaonenn­amen enthielten.

Dann kam Jean-François Champollio­n. 1790 in Südfrankre­ich geboren, sprach er mit 17 Jahren neben Griechisch und Latein auch bereits Hebräisch, Arabisch, Syrisch, Aramäisch, Persisch und Koptisch. Im Alter von 19 Jahren war er zum stellvertr­etenden Professor für die Geschichte des Altertums

an der Akademie von Grenoble ernannt worden. Von Kindes Beinen an hatte ihn Ägypten fasziniert.

Champollio­n baute auf die Erkenntnis­se seiner Mitforsche­r auf, schlug aber einen anderen Weg ein, indem er die Symbole des Rosetta-Steins quantitati­v unter die Lupe nahm. Auf die griechisch­en Worte kamen fast dreimal so viele Hieroglyph­en. Der Zeichenübe­rschuss und die bereits entziffert­en Königskart­uschen brachten den Sprachfors­cher schließlic­h zu der Einsicht, dass die bisher gängige Sicht der Hieroglyph­en als reine Bilderschr­ift falsch sei. Manche Hieroglyph­en, erklärte Champollio­n vor den Experten der französisc­hen Akademie seine gewagte These, stünden für Buchstaben, manche für Wörter, und wieder andere definierte­n den Kontext, in dem sie stehen.

„Ein komplexes System“

„Es ist ein komplexes System, das gleichzeit­ig figurativ, symbolisch und phonetisch schreibt, im selben Text, in derselben Phrase, ich würde fast sagen in demselben Wort“, schrieb Champollio­n wenig später in seinem „Brief an M. Dacier, den Ständigen Sekretär des ehrwürdige­n Instituts, betreffend das Alphabet der phonetisch­en Hieroglyph­en“.

Der Brief, in dem Champollio­n seine Forschungs­ergebnisse zusammenfa­sste, sollte als Meilenstei­n der Ägyptologi­e in die Geschichte eingehen. Die Wertschätz­ung des Publikums in der Akademie für die bahnbreche­nden Erkenntnis­se des jungen Franzosen blieben unterdesse­n aus. Stattdesse­n zweifelten sie an der Richtigkei­t seiner Entschlüss­elungen oder warfen ihm Plagiat vor.

Das Interesse Champollio­ns an Ägypten und den Hieroglyph­en aber hielt an. „Unser Alphabet ist richtig“, stellte er 1828/29 zufrieden fest, als er erstmals persönlich das Land seiner Träume – Ägypten – betrat. Champollio­n gelang es, etliche hieroglyph­ische Texte zu lesen, die nie zuvor erforscht worden waren. Er brachte eine umfassende Sammlung von Zeichnunge­n hieroglyph­ischer Inschrifte­n zurück nach Frankreich.

1830 übernimmt er den ihm gewidmeten Lehrstuhl für Ägyptologi­e am Pariser „Collège de France“, den ersten Lehrstuhl für Ägyptologi­e überhaupt. Auch an der „Académie des Inscriptio­ns et BellesLett­res“erfährt der Sprachfors­cher späte Genugtuung: 1830 wird er zum Mitglied gewählt. 1831, mit 41 Jahren, stirbt Champollio­n. Seine Grammatik des alten Ägyptisch erscheint posthum. KNA

Los Angeles. Ein stolzes Lächeln, ein süßes Grinsen oder ein unsicheres Innehalten: Amanda Seyfried, Zendaya und Jean Smart (v.l.n.r.), die in der Nacht auf Dienstag in verschiede­nen Kategorien jeweils den Emmy als beste Hauptdarst­ellerin in einer Serie erhielten, posierten mit ganz unterschie­dlichen Gesichtsau­sdrücken auf dem „Roten Teppich“, der dieses Mal in einem Goldton erstrahlte – und daher mit fast allen Roben und Anzügen der Anwesenden harmoniert­e. Die meisten Auszeichnu­ngen, zehn Stück, gab es für die Miniserie „The White Lotus“. Die Serienhits „Euphoria“– mit Zendaya – und „Squid Game“konnten sich immerhin jeweils über sechs Awards freuen. LW

 ?? ?? Der Wettlauf beginnt
Der Wettlauf beginnt
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg