„Index ist Teil der Lösung“
Vor der anstehenden Tripartite erklärt Premier Bettel die Ausgangslage
Bei den bilateralen Gesprächen mit Patronat und Gewerkschaften gestern zur Vorbereitung der Tripartite, die nun definitiv am Sonntag beginnen wird, wurden vor allem Zahlen und Daten diskutiert, die die staatlichen Dienste zusammengetragen haben. „Wir wollten die bestmöglichen Einblicke in die Herausforderungen haben“, erklärte Premierminister Xavier Bettel (DP) im Anschluss. Und die sind den neuesten Berechnungen des Statec nach groß. Drei Szenarien für die Entwicklung der Inflation legte die Behörde vor. „In jedem Szenario bleibt die Inflation hoch.“
Drei bis fünf Indextranchen
Im mittleren sind es 6,6 Prozent 2022 und 6,6 Prozent 2023, wobei im November dieses Jahres, im März und im September nächsten Jahres jeweils eine Indextranche anfallen würde – plus die ausgesetzte Tranche vom Juli. Im pessimistischen Szenario mit 6,8 Prozent und 8,5 Prozent Inflation für 2022 und 2023 würden fünf Tranchen anfallen – Ende des Jahres sowie im Februar, April und im dritten Trimester nächsten Jahres, plus die ausgesetzte. Laut optimistischem Szenario (6,4 und 4,4 Prozent Inflation) sind es zwei Tranchen im Januar und Juni 2023, plus die nach hinten verlegte.
„Wir sind in einem anderen Szenario als im März angenommen, als die nächste Tranche Anfang 2024, also übernächstes Jahr fällig werden sollte“, betonte Bettel, der vier Schlussfolgerungen zog. Zunächst: „Die durch die Energiekosten getriebene Inflation ist eine starke Belastung für Betriebe und Bürger, auf die wir ab Sonntag bei der
Tripartite Lösungen finden müssen.“Dann: „Die Prognosen sind anders als im März – die nächsten Tranchen werden nicht versetzt, sondern es wird nach Lösungen gesucht. So wie das im März für den Fall festgehalten wurde, dass die Situation sich ändert.“
Drittens bräuchten Bürger und Betriebe angesichts der sinkenden Temperaturen jetzt schnelle Hilfen, also eine schnelle Einigung, die bis Ende September/Anfang Oktober vorliegen soll. „Die Sozialpartner sollen die Verhandlungen offen angehen“, appellierte der Premier. „Meinem persönlichen Gefühl nach wäre es angesichts der Teuerung und steigender Kreditzinsen nicht verantwortlich, eine Tranche wegzulassen. Wenn der Bürger den Eindruck hat, er würde nicht gehört, wäre das ein Fehler.“
Und viertens hielt Bettel fest, dass sich die geopolitischen Entwicklungen permanent ändern können. „Es kann sein, dass es nicht die letzte Tripartite ist.“Zu den möglichen Hilfen zählte Bettel auch die Möglichkeit, auf die Energiepreise einzuwirken. „Die Energiepreise zu blockieren und als Staat einzuspringen, wäre auch eine direkte Hilfe der Regierung – man darf nichts ausschließen.“
Heute wird sich der Regierungsrat unter anderem mit dem finanziellen Spielraum der Regierung befassen, den Finanzministerin Yuriko Backes vortragen wird. An der im Koalitionsprogramm festgehaltenen Grenze von 30 Prozent des BIP für die Staatsverschuldung wird festgehalten. „Unser Finanzplatz erlaubt uns finanziell sehr viel. Es wäre gefährlich, das aufs Spiel zu setzen. Wir müssen ihn und unser AAA-Rating schützen.“
Ansonsten müsse man über alles reden können. „Für mich persönlich gibt es keine Tabus. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden. Das Ziel ist, niemanden auf der Strecke zu lassen. Dem Land, den Betrieben und den Bürgern soll es gut gehen.“
UEL: „Weg von der Indexdiskussion“„Die wirtschaftliche Ausgangssituation für nächstes Jahr ist sehr düster“, sagte UEL-Präsident Michel Reckinger dem „Luxemburger Wort“nach den Gesprächen. „Wir haben klar gesagt, dass die Indexdebatte die falsche Diskussion ist. Zu meinen, dass 2,5 Prozent einem Mindestlohnempfänger reichen, um das zu kompensieren, was auf ihn zukommt, ist einfach falsch. Wir befinden uns in einem Krieg, in einem Energiekrieg. Das ist eine Situation, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr hatten“, so Reckinger. „Wir müssen über andere Möglichkeiten als den Index diskutieren, damit wir am Ende dieser Krise in zwölf oder 18 Monaten nicht auf verbrannter Erde stehen, was die Wirtschaft anbelangt. Wir müssen dafür sorgen, dass die Betriebe dann noch da sind und niemand auf der Strecke bleibt.“Ständig über den Kaufkrafterhalt zu reden, sei ein falsches Signal: „Es gilt die Arbeitsplätze und unser Sozialmodell zu erhalten. Und wir müssen Wege finden, ganz konsequent den Vulnerabelsten zu helfen, bis in die Mittelschicht hinein.“
Stellvertretend für die Gewerkschaften CGFP, OGBL und LCGB sagte LCGB-Präsident Patrick Dury, man wolle erst einmal die Zahlen des Statec, zum Staatsbudget und die Bilanz der bisherigen Maßnahmen analysieren „und eine Bestandsaufnahme machen, mit der wir am Sonntag in die Tripartite starten“. Mögliche Lösungen seien noch nicht diskutiert worden. Für den OGBL steht aber fest, dass die nächste Indextranche ausgezahlt werden muss. „Das Katastrophenszenario, das uns jetzt vorgestellt wurde, haben wir vorhergesehen. Wir müssen jetzt zusammen nach Lösungen suchen“, so Präsidentin Nora Back. wel/siM/mig