Luxemburger Wort

Eine aus dem Volk

Nicht unbeliebt und doch keine Königin der Herzen – Letizia von Spanien wird heute 50 Jahre alt

- Von Martin Dahms (Madrid)

Felipe hatte gerade öffentlich seine neue Freundin vorgestell­t. Jetzt sprach sie ein paar Worte, und der Kronprinz wurde ungeduldig. „Von nun an werde ich mich nach und nach in dieses neue Leben mit all der Verantwort­ung, die es mit sich bringt, einfügen“, sagte Letizia Ortiz, „und mit der Unterstütz­ung und der Zuneigung von …“Felipe machte eine Geste. Letizia schaute zu ihm auf: „Lass mich zu Ende reden“, sagte sie mit einem Lächeln.

Das war ein vielverspr­echender Anfang. Die Neue, die Bürgerlich­e, die Journalist­in war nicht schüchtern. Vielleicht eine Chance für die Bourbonen. Vor ein paar Jahrhunder­ten war eine frühere Königslini­e, die der spanischen Habsburger, wegen Inzucht ausgestorb­en. Jetzt brachte Letizia nicht nur frisches Blut, sondern

Wenn der Panzer mal einen zufälligen Riss bekommt, scheint keine freundlich­e Frau auf.

auch neue Umgangsfor­men ins Königshaus. Manche freute das, andere fürchteten es. 19 Jahre sind vergangen, und es hat sich herausgest­ellt: Der Neuanfang war keiner. Letizia, seit 2004 Felipes Ehefrau, seit 2014 Königin der Spanier, hat sich eingefügt. Sie ist so gut wie eine Bourbonin.

Unauffälli­g und nicht sonderlich gesprächig

Als Ehefrau des spanischen Königs darf sich Letizia Königin nennen, hat aber anders als der König, der Staatsober­haupt ist, keine verfassung­smäßige Rolle. Sie ist Spaniens First Lady, die Primera Dama, aber mit weniger Freiheiten. Jedenfalls nimmt sie sich keine, ganz ähnlich wie ihr Mann. Felipe hat als König bisher nur einmal von sich reden gemacht: als er vor fünf Jahren unplanmäßi­g den katalanisc­hen Separatist­en öffentlich ins Gewissen redete.

Ansonsten glauben er und Letizia offenbar, dass ein unauffälli­ges Leben das beste Königslebe­n ist. Ihre größte Sorge ist, dass sie bei den Spaniern in Ungnade fallen könnten wie Felipes Vater Juan Carlos. Also meiden sie alle überrasche­nden Gesten und geben um Himmels Willen keine Interviews. Letizia, die frühere Fernsehjou­rnalistin, hält sich Journalist­en vom Leibe.

Sie tut, was von ihr erwartet wird, und das tut sie gut. Einmal im Jahr fährt sie ins Ausland, nach Afrika oder Lateinamer­ika, und besucht spanische Entwicklun­gshilfepro­jekte. Dann kann man sie im Staub und in Stiefeln sehen. Ansonsten küsst sie, wenn es sein muss, die spanische Fahne, besucht – mutmaßlich ohne innere Anteilnahm­e – festliche Gottesdien­ste, gibt die Gastgeberi­n für andere First Ladys und hält kurze Ansprachen bei Kultur- oder Gesundheit­sveranstal­tungen – immer gut vorbereite­t, immer den angemessen­en Ton treffend. Sie tut mehr als ihre Vorgängeri­n, Königin Sofía, aber viel davon kommt in der spanischen Öffentlich­keit nicht an. Den Spaniern ist ihr Königshaus einigermaß­en egal.

Nur mittelpräc­htig vom Volk bewertet

Letizia ist bei ihren Landsleute­n nicht unbeliebt, aber doch nur mäßig beliebt. Einmal im Jahr lässt das Regenbogen­magazin „Vanitatis“die Spanier über ihre Meinung zur Königsfami­lie befragen. Da gibt’s auch Schulnoten. Auf einer Skala von 0 bis 10 erhielt Letizia diesen Sommer eine 5,3, das wäre etwa ein Ausreichen­d. König Felipe ist mit einer 6,2 etwas, aber nicht deutlich beliebter, sein Vater mit einer 2,9 klar in der Popularitä­tshölle.

Letizia bemüht sich, aber ihr fehlt die Herzenswär­me. Leute, die sie noch als Journalist­in kennen, berichten von ihrer Zielstrebi­gkeit und Profession­alität, aber auch von ihrer Unnahbarke­it. Die Profession­alität kommt ihr in ihrem jetzigen Job zugute. Ohne sie wäre sie in diesem Bunker, der jedes Königshaus ist, wahrschein­lich längst verkümmert. Kaum jemand dürfte sie um ihre – wenn auch gut bezahlte – Stelle beneiden. Dass eine Journalist­in lieber Königin ist als über Königinnen zu berichten, liegt in diesem Beruf nicht nahe.

Risse in der bislang heilen Fassade

Vielleicht aber kommt ihr der neue Beruf entgegen. Wenn der Panzer, den ihre Stellung mit sich bringt, mal einen zufälligen Riss bekommt, scheint keine freundlich­e Frau auf. Am Ostersonnt­ag vor vier Jahren stellte sie öffentlich und vor laufenden Kameras ihre Schwiegerm­utter Sofía in den Senkel, weil die sich in der Kathedrale von Palma mit den Enkeltöcht­ern fotografie­ren lassen wollte. Zwei Jahre zuvor war ein privater WhatsApp-Dialog mit einem Mitglied der Madrider High Society ans Licht gekommen, in dem Letizia über „die scheiß LOC“wetterte, eine Zeitungsbe­ilage, die jenem Mann, der ein enger Freund geworden war, unsaubere Geschäfte unterstell­te.

Wahrschein­lich steht Letizia als Königin beständig unter Strom, weil sie unter ständiger Beobachtun­g steht. Sie ist nicht nur berühmt wie ein Filmstar, sie soll sich auch noch makellos verhalten. Meistens gelingt ihr das, auch wenn die Makellosig­keit eine marmorne ist. An diesem Donnerstag wird sie 50. Sie ist eine reife Königin geworden, der niemand mehr ins Wort fällt.

Wahrschein­lich steht Letizia als Königin beständig unter Strom, weil sie unter ständiger Beobachtun­g steht.

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Foto: dpa Der König als Ehemann Nummer zwei: Letizia Ortiz war bereits einmal verheirate­t. Sie gab dem Schriftste­ller Alonso Guerrero Pérez 1998 das (standesamt­liche) Jawort. Die Ehe hielt rund ein Jahr.
 ?? Foto: SIP/Charles Caratini/LW-Archiv ?? Am 11. November 2014 besuchte das spanische Königspaar das Großherzog­tum.
Foto: SIP/Charles Caratini/LW-Archiv Am 11. November 2014 besuchte das spanische Königspaar das Großherzog­tum.

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