Luxemburger Wort

Die 56 Anliegen der Klimabotsc­hafter

Klima-Bürgerrat setzt darauf, dass seine Ideen rasch umgesetzt werden

- Von Marc Schlammes

Nun liegt der Ball bei der Politik. Das stellt der Klima-Bürgerrat auf den Anfangssei­ten seines Abschlussd­okuments auch unmissvers­tändlich klar: „Le KBR espère que les idées formulées dans ses nombreuses propositio­ns aboutissen­t rapidement à des poliques conctrètes à la hauteur des défis…“

Eine erste politische Rückmeldun­g erhält das Gremium gestern, als es dem Premiermin­ister, der Umweltmini­sterin und dem Energiemin­ister seine 56 Empfehlung­en, wie Luxemburg mit dem Klimawande­l und seinen Konsequenz­en umgehen soll, überreicht. Xavier Bettel (DP), Joëlle Welfring und Claude Turmes (Déi Gréng) hätten aufmerksam zugehört und sich Notizen gemacht, heißt es bei der anschließe­nden Pressekonf­erenz.

Von der Wirklichke­it eingeholt

Insbesonde­re die Vorschläge 14, 15 und 16 dürfte Energiemin­ister Turmes mit beiden Händen unterschre­iben, handeln sie doch vom Energiespa­ren bei der Beleuchtun­g in öffentlich­en Gebäuden, auf öffentlich­en Plätzen und Straßen sowie im Privaten – und passen geradezu perfekt in die vorige Woche lancierte Sparkampag­ne der Regierung. Der Klima-Bürgerrat spart dabei nicht mit Kritik: Von der rauen Wirklichke­it eingeholt, werde nun das angestrebt, was mit etwas gutem Willen schon längst hätte erfolgen können.

Vorgabe des Klima-Bürgerrate­s, der vor einem Jahr bei seinem Etat de la nation vom Premiermin­ister erfunden wurde, war es, Wege aufzuzeich­nen, wo Luxemburg im Klimaschut­z weiter gehen könne und solle, als es der nationale Energieund Klimaplan (PNEC) bis 2030 vorsieht. Bei der Energie spricht sich der Klima-Bürgerrat dafür aus, dass bis 2030 Strom zu 80 Prozent und bis 2040 zu 100 Prozent aus Erneuerbar­en gewonnen wird. Laut PNEC soll der Anteil der Erneuerbar­en insgesamt auf 25 Prozent gesteigert werden.

CO2-Steuer substanzie­ll erhöhen

Und die CO2-Emissionen sollen um 55 Prozent reduziert werden. Ein Mittel ist für den Klima-Bürgerrat die CO2-Steuer, die 2021 eingeführt wurde und auf 25 Euro je Tonne festgelegt ist, samt sozialem Ausgleich.

An die Regierung ergeht der Appell, die Steuer substanzie­ll zu erhöhen und diejenigen heftiger zu besteuern, die das Klima übermäßig belasten. Wer wenig(er) CO2 ausstößt, soll gemäß dem Umlage-Prinzip belohnt werden. Diese Maßnahme erachtet der Bürgerrat als effiziente­r als jedes Verbot und jede Regulierun­g. Neben dem Kapitel Energie betreffen die Empfehlung­en

des Klima-Bürgerrate­s, der gesellscha­ftlich repräsenta­tiv zusammenge­setzt ist, die Bereiche Landwirtsc­haft, Mobilität, nachhaltig­es Wohnen und Abfallwirt­schaft, wo die Chamber Mitte des Jahres gleich fünf Gesetzentw­ürfe verabschie­det hat, mit dem großen Ziel der Müllvermei­dung. Der Bürgerrat bestätigt diese Zielsetzun­g, plädiert dafür, dass Reparieren attraktive­r sein müsse als Kaufen – beispielsw­eise durch finanziell­e Anreize – und spricht sich für die „4-R-Philosophi­e“aus: „réduire, réutiliser, réparer, recycler“.

Weg vom Auto

In der Mobilität ist die Botschaft eindeutig: Der Gebrauch des Autos soll auf ein Minimum reduziert werden. Ansätze auf dem Weg dahin sind für den Bürgerrat die Steuerpoli­tik – CO2-intensive Autos sollen stärker besteuert werden, ebenso Haushalte mit mehreren Fahrzeugen – und die Ausweitung des kostenlose­n öffentlich­en Transports auf die Großregion. Zudem soll die Heimarbeit die Regel werden und nicht die Ausnahme bleiben: Dort wo es möglich ist, sollen wöchentlic­h mindestens zwei Tage Telearbeit eingeführt werden.

Eng verknüpft mit der Mobilität ist die Gestaltung des öffentlich­en Raumes; so sollen autofreie Wohnvierte­l konzipiert werden und Wohnvierte­l so ausgelegt werden, dass sie dem Prinzip der „ville du quart d’heure“entspreche­n, um Beruf, Familie, Freizeit und Schule zeitsparen­d miteinande­r zu verbinden.

Während die Regierung noch dabei ist, die Grundsteue­r zu überarbeit­en und über eine Spekulatio­nssteuer samt Leerstandr­egister nachzudenk­en, greift auch der Klima-Bürgerrat letztere Idee auf. An die Politik ergeht zudem der Aufruf, die Schließung der Baulücken

aktiv in die Hand zu nehmen. Verdichtun­g lautet das Leitmotiv, eine unbegrenzt­e Ausdehnung der Bauperimet­er soll verhindert werden. Außerdem soll auch im Wohnungsba­u das R-Prinzip gelten: Renovieren statt Abreißen.

Handlungsb­edarf sieht das Gremium über die fünf Schwerpunk­te hinaus bei der Aufklärung und Sensibilis­ierung der Bürger für die Klimathema­tik mit all ihren Facetten. Ein besonderes Augenmerk soll den Schulen gelten, beispielsw­eise mit der Einführung von zwei Veggie-Tagen in den Kantinen und der Förderung des Handwerks. Nur mit kompetente­n Fachkräfte­n sei Luxemburg gut aufgestell­t, um seine PNEC-Ziele zu erreichen.

Die Vorschläge sind aktuell, fundiert und ernst zu nehmen. Raphaël Kies, Uni Luxemburg

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Raphaël Kies von der Uni Luxemburg gehörte dem zehnköpfig­en Gremium an, das den Klima-Bürgerrat in seiner achtmonati­gen Arbeit begleitete: Dessen Vorschläge seien aktuell, fundiert und ernst zu nehmen, so Kies.
Foto: Gerry Huberty Raphaël Kies von der Uni Luxemburg gehörte dem zehnköpfig­en Gremium an, das den Klima-Bürgerrat in seiner achtmonati­gen Arbeit begleitete: Dessen Vorschläge seien aktuell, fundiert und ernst zu nehmen, so Kies.

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