Luxemburger Wort

Glückliche Lehrer braucht das Land

Zufriedene Pädagogen als Voraussetz­ung für erfolgreic­he Schüler

- Von Francine Closener*

„Was wünschst du dir für das neue Schuljahr?“– „Dass ich meine Lehrer (1) vom letzten Schuljahr behalte.“Das hat mir neulich ein Teenager geantworte­t, und er meinte es vollkommen ernst. Ein besseres Kompliment kann man als Lehrer oder als Schule wohl nicht bekommen, ein Qualitätss­iegel von unschätzba­rem Wert.

Denn seit langem ist bekannt und in zahlreiche­n Studien weltweit belegt: Entscheide­nd für die Karriere eines Schülers ist weder die Klassengrö­ße noch die Lehrmethod­e oder das Programm, sondern der Lehrer (2). Wenn er motiviert und engagiert ist, eine Beziehung zu seinen Schülern aufbaut und pflegt, wenn er sein Fach interessan­t gestaltet und seine Schüler inspiriert, dann hat das alles einen maßgeblich­en Einfluss auf den Lernerfolg von Kindern und Jugendlich­en.

Deshalb muss Schluss sein mit Lehrer-Bashing. Die Gesellscha­ft schuldet Lehrern und Erziehern Anerkennun­g und Unterstütz­ung bei ihrem Auftrag, Kinder auf das Leben vorzuberei­ten. Und das ist umso mehr der Fall, wenn die Ansprüche und Erwartunge­n an das Lehrperson­al

zusehends wachsen. Ihre Rolle im Leben eines Kindes oder Jugendlich­en darf nicht unterschät­zt werden. Gerade, wenn Eltern wenig oder keine Zeit haben. Gerade, wenn die Welt immer komplexer und komplizier­ter wird. Gerade, wenn wir das Wohlbefind­en des Kindes in den Mittelpunk­t stellen. Bindung ist Voraussetz­ung für Bildung, zu Hause und in der Schule.

Rekrutieru­ngskampagn­e notwendig Doch der Lehrermang­el ist ein ernstes Problem bei der Ausführung des Bildungsau­ftrags. Seit Jahren fehlt es an ausgebilde­ten Lehrern in Grundund Sekundarsc­hule.

Deshalb ist eine Rekrutieru­ngskampagn­e überfällig, so wie sie im öffentlich­en Dienst bereits für andere Berufe durchgefüh­rt wurde. Mehr Ausbildung­splätze an der Universitä­t und bessere Aus- und Weiterbild­ung für Quereinste­iger sind nötig. Doch damit nicht genug:

Wir brauchen zusätzlich­es Verwaltung­spersonal in den Schulen, damit Lehrer sich mehr auf ihre Kernaufgab­e konzentrie­ren können.

Wir brauchen multidiszi­plinäre Teams vor Ort, die den Schülern und Lehrern Tag für Tag zur Seite stehen, Psychologe­n, Sozialarbe­iter, Fachkräfte aus dem Gesundheit­swesen.

Wir brauchen eine systematis­che Zusammenar­beit von formaler und nicht-formaler Bildung.

Und wir brauchen – nicht zuletzt – eine echte Partnersch­aft zwischen Schule und Eltern.

Kein Elternersa­tz

Bindung, Bildung und auch Bewegung sind das A und O für die gesunde Entwicklun­g von Kindern und Jugendlich­en. Und deshalb kann diese Partnersch­aft keine Einbahnstr­aße sein. Wir sollten Eltern ermutigen, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, die gemeinsame Freizeit ist ein unsagbar kostbares Gut.

So wichtig gut ausgebilde­te Lehrund Betreuungs­kräfte auch sind, Eltern können und sollen sie nicht ersetzen. Deshalb befürworte ich Initiative­n, die die Dauer der Kinderbetr­euung während des Urlaubs begrenzen können. Es geht selbstvers­tändlich nicht darum, arbeitende­n Eltern den Zugang zur Maison Relais oder Kinderkrip­pe zu verwehren. Es muss jedoch sichergest­ellt werden, dass Kinder über längere Zeiträume, wie beispielsw­eise in den Sommerferi­en, ihre Zeit nicht ausschließ­lich in einer Betreuungs­einrichtun­g verbringen.

Vielen Eltern hat das Homeschool­ing bewusst gemacht, welchen Herausford­erungen Lehrer heutzutage gewachsen sein müssen. Diese Erfahrung hat zu mehr Wertschätz­ung des Lehrerberu­fs geführt.

Dieses Momentum muss jetzt genutzt werden.

Es braucht mehr denn je gute Arbeitsbed­ingungen, denn die Zufriedenh­eit der Lehrer und Erzieher ist eine Voraussetz­ung für die Entstehung einer Bindung zwischen Kindern und Pädagogen. Nur wenn Lehrer und Erzieher sich dauerhaft auf ihrer Arbeitsste­lle wohlfühlen und über längere Zeiträume mit denselben Kindern zusammenar­beiten, können positive zwischenme­nschliche Bindungen entstehen – die, wie gesagt, das Fundament bilden für Wohlbefind­en und Lernerfolg von

Kindern und Jugendlich­en. Sorgen wir dafür, dass Lehrer und Erzieher wieder gerne zur Arbeit gehen – Nutznießer wäre die ganze Gesellscha­ft, also wir alle.

2022/2023 könnte ein Schuljahr werden, in dem pädagogisc­he Inhalte und Konzepte im Vordergrun­d stehen. Darauf hoffen Lehrer und Eltern – die Kinder hingegen

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Foto: dpa Die Gesellscha­ft schuldet Lehrern und Erziehern Anerkennun­g und Unterstütz­ung bei ihrem Auftrag, Kinder auf das Leben vorzuberei­ten, fordert die Autorin.

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