Aus der Thermojacke auf den Laufsteg
Influencerin Yesmin Ben Hammouda aus Luxemburg hat die Vereinigten Arabischen Emirate zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht
Sie ist Influencerin, Model, Unternehmerin, Boxerin, Life-Coach, Schauspielerin und Aktivistin: Wer mit Yesmin Ben Hammouda spricht, merkt schon nach wenigen Augenblicken, dass sich diese Frau in keine Schublade stecken lässt. Denn auch wenn die Influencerin aus Luxemburg erst 30 Jahre alt ist, kann sie bereits auf einen langen und vor allem ungewöhnlichen Lebenslauf zurückblicken. Zwischen all ihren Terminen hat sie dennoch die Zeit gefunden, um mit dem „Luxemburger Wort“zu sprechen. „Ich will ständig neue Dinge ausprobieren, dazulernen und neue Wege entdecken“, sagt sie über sich selbst.
Vor acht Jahren kehrte Ben Hammouda – sie hat auf Instagram mehr als 550 000 Follower – dem Großherzogtum den Rücken, um ihr Glück in der Wüste von Dubai zu suchen. Nachdem sie ihr Abitur in der Tasche hatte, zog es sie an die Universität Paris-Sorbonne Abu Dhabi, wo sie nach zehn Semestern ihren Abschluss in Rechtswissenschaften machte.
Modenschau unter schlimmsten Bedingungen
Nach einem weiteren Jahr in einer Kanzlei fiel ihr aber die Decke auf den Kopf und ihr Leben nahm eine schlagartige Wendung. „Eigentlich war es immer mein Traum, Anwältin zu werden, aber ich habe schnell gemerkt, dass ein Leben mit Papierkram im Büro nichts für mich ist. Also habe ich alles hingeworfen“, sagt Ben Hammouda. Von da an konnte sie ihrer Kreativität und ihrem Tatendrang freien
Lauf lassen. Zunächst gründete sie 2019 mit der Inneneinrichtungsfirma „YesLux“ihr eigenes Unternehmen, das mittlerweile zehn Mitarbeiter zählt. Mit ihrem Konzept habe sie in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate bisher zwei Großaufträge an Land gezogen und „für die notwendige Mischung aus Eleganz und Funktionalität“in rund 800 Wohneinheiten gesorgt.
Der Punkt in Ben Hammoudas Vita, der bisher das größte Aufsehen erregt hat, ist aber sicherlich ihre Teilnahme an einer Veranstaltung im Himalaya, die mit einem Eintrag im „Guinness Buch der Rekorde“gewürdigt wurde. Zusammen mit ihren Mitstreiterinnen hat es Ben Hammouda dort nämlich geschafft, zwei Welten unter einen Hut zu bringen, die herzlich wenig miteinander zu tun haben: Mode und Bergsteigen.
Im Rahmen der Realityshow „Mount Everest Fashion Runway“, die von Endemol India produziert und Anfang 2022 ausgestrahlt wurde, nahm das Model an der höchsten Modenschau der Welt teil – auf 5 500 Metern über dem Meeresspiegel. Mit zehn weiteren Kandidatinnen,
40 Personen für den Dreh und einigen Sherpas war das Model, das bereits für die Titelseiten der Zeitschriften „Vogue UA“und „L'Officiel Cyprus“abgelichtet wurde, zweieinhalb Wochen unterwegs, um vom Fuße des höchsten Bergs der Welt bis zum Catwalk zu kommen.
Mit „White Ribbon“gegen häusliche Gewalt
„Wir hatten keine Dusche und kaum Schlaf. Einige von der Gruppe hatten mit der Höhenkrankheit zu kämpfen und mussten abbrechen. Als wir oben angekommen sind, waren wir zwar völlig am Ende, aber auch sehr stolz auf unsere Leistung. Dadurch konnten wir noch eine professionelle Modenschau abhalten“so Ben Hammouda. Auch die Fashionshow selbst sei alles andere als einfach gewesen, wie sie erzählt: „Es hat angefangen zu schneien, der Laufsteg war total vereist und die Luft richtig dünn. Direkt nach unserem Auftritt mussten wir uns an den Abstieg machen, weil das Wetter immer schlechter wurde. Außerdem waren Bären und Schneeleoparden in der Nähe. Da ist man natürlich nicht wirklich locker.“
Der beschwerliche Aufstieg hat bei Yesmin Ben Hammouda seine Spuren hinterlassen und ihre Begeisterung für das Bergsteigen entfacht, die bis zum heutigen Tage anhält. Ihre neueste (Fast-)Eroberung: der Kilimandscharo. „Leider mussten wir den Aufstieg 200 Höhenmeter vor dem Gipfel abbrechen. Das Wetter hat es letztendlich nicht zugelassen. Demnächst will ich aber die 6 000 Meter überschreiten. Das Bergsteigen gibt mir
Als wir oben angekommen sind, waren wir zwar völlig am Ende, aber auch sehr stolz auf unsere Leistung. Yesmin Ben Hammouda
Der erste Kampf endete mit einem K.o in Runde eins. eine ganz spezielle Energie und man erlebt die Natur auf eine ganz besondere Weise. Ich kann es mit keiner anderen Sportart vergleichen“, sagt Ben Hammouda.
Vom Kampf gegen die Naturgewalten hat die Allrounderin zum Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern gefunden. Sie engagiert sich bei der Initiative „White Ribbon“, die Opfern von häuslicher Gewalt eine Bleibe und schließlich auch einen Ausweg aus ihrer Situation bietet. „Für mich persönlich ist das mein bedeutsamstes Tätigkeitsfeld“, sagt Ben Hammouda und ermutigt Frauen, sich der Nichtregierungsorganisation anzuschließen: „Viele der von Gewalt betroffenen Frauen brauchen Vorbilder, um ihre Scham abzulegen und genügend Mut aufzubringen, an ihrer Situation etwas zu ändern.“Wer sich für „White Ribbon“engagieren möchte, sei herzlich willkommen.
Schon als 14-Jährige in Luxemburg hat Yesmin Ben Hammouda regelmäßig die Boxhandschuhe geschnürt – eine Leidenschaft, die zuletzt durch die Wettkampfreihe „Influencers Face off“, bei der sich die Stars der Szene im Boxring gegenüberstehen, wieder einen höheren Stellenwert in ihrem Leben eingenommen hat. Eine Trainerin aus Dagestan hatte sie unter ihre Fittiche genommen, um sie auf ihren ersten Kampf im Juni 2022 unter dem Dach des Boxverbands der Vereinigten Arabische Emirate (DJMC) vorzubereiten.
Das Ergebnis war eindeutig: Ben Hammouda schickte ihre Gegnerin aus Russland in der ersten Runde auf die Bretter und siegte durch K.o. „Meine Trainerin ist im Vorfeld auf mich zugekommen und hat mich gefragt. Da wollte ich es unbedingt versuchen. Vor dem Kampf war ich zwar aufgeregt, Angst hatte ich aber keine. Eventuell bestreite ich meinen nächsten Kampf schon im Oktober“, so die 30-Jährige.
Künftig will sie sich verstärkt der Schauspielerei widmen, um vielleicht irgendwann einmal den Sprung in die US-Metropole Los Angeles zu schaffen. Erste Gehversuche hat Ben Hammouda bereits erfolgreich im Großherzogtum hinter sich gebracht. In „The notorious guys“von Regisseur Adolf El Assal („Sawah“) spielte sie die Nebenrolle der Leyla. Das Werk war beim Lëtzebuerger Filmpräis 2012 in der Kategorie „Bester Spielfilm“nominiert und gewann 2013 auf dem Avanca International Film Festival in Portugal den Preis für den besten Trailer.
Trotz ihres äußerst prall gefüllten Terminkalenders packt die viel beschäftigte junge Frau zweimal pro Jahr das Heimweh. Dann vermisst sie nicht nur ihre Familie in Mensdorf und ihre Freunde, sondern „vor allem auch die Hauptstadt und ihre Architektur“, wie sie sagt.